Hypothek zu groß? Fiéls FCN-Feuer ist erloschen

Die Vorstellung des neuen Sportvorstandes des 1. FC Nürnbergs, Joti Chatzialexiou, begann mit einem Knall: Trainer Cristian Fiél verlässt den Club. Offensichtlich schien ihm die Überzeugung zu fehlen, das Ruder mit dem FCN rumreißen zu können.

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Foto: fcn.de

FCN: Neuer Sportvorstand, aber keinen Trainer mehr

Spektakulärer hätte der Amtsantritt für den neuen Sportvorstand des 1. FC Nürnbergs wohl kaum laufen können. Einer der ersten Amtshandlungen von Joti Chatzialexiou war es, bei seiner Vorstellungspressekonferenz den Abgang von Trainer Cristian Fiél zu verkünden. Was sich über die letzten Wochen bereits andeutete, ist nun Realität: der FCN muss keine 3 Wochen vor dem Trainingsauftakt auf Trainersuche gehen.

Fiél wohl zur Hertha

Zwar wäre Chatzialexiou gerne mit Fiél in die neue Saison gegangen. Jedoch teilte ihm Fiél in einem Telefonat am gestrigen Sonntag mit, dass er eine „neue Herausforderung bei einem anderen Verein“ annehmen möchte. Diese Herausforderung scheint allem Anschein nach Hertha BSC zu lauten. Zwar gibt es noch keine offizielle Meldung dazu. Jedoch dürften sich die aufkommenden Gerüchte der letzten Tage und Woche in Kürze bewahrheiten. Laut Chatzialexiou stehe der FCN in guten Gesprächen mit einem Verein.


„Wir sind in guten Gesprächen. Wir finden eine faire Lösung für uns.“

Joti Chatzialexiou
über die Gespräche mit Fiéls potenziell neuen Verein


Auch wenn sich der ein oder andere Fan des Clubs ohnehin eine Trennung von Fiél gewünscht hätte, dürfte trotzdem auch ein stückweit Enttäuschung vorherrschen. Zumal Fiél laut BILD-Infos erst kürzlich dem Aufsichtsrat versicherte, dass an den Gerüchten über einen Hertha-Wechsel nichts dran sei. Doch in Anbetracht der vielen Gerüchte in den vergangenen Wochen dürfte Fiél sich schon länger ernsthaft mit dem Thema Berlin beschäftigt haben.

Fiél schon länger mit Abschiedsgedanken?

Freilich muss man auch ein stückweit die Seite von Cristian Fiél verstehen, der sich verständlicherweise mit dem Interesse eines Aufstiegskandidaten auseinandersetzte. Dass man den eignen Verein in jeden seiner Gedankengänge diesbezüglich nicht einweihen muss – und dies auch sogar nachnachteilig wäre – ist auch verständlich. Allerdings scheint seine Entscheidung, den 1. FC Nürnberg verlassen zu wollen, schon länger festzustehen. So lassen sich jedenfalls seine getätigten Aussagen nach dem Sieg gegen Elversberg im letzten Heimspiel der Saison rückwirkend interpretieren, als er seinen Ärger über die fehlende Intensität seiner Mannschaft über die Rückrunde hinweg monierte. Möglicherweise motivierten seine Abschiedsgedanken die Klarheit und Schärfe gegen die eigene Mannschaft in seinen Aussagen – vielleicht sogar, ohne sich selbst einer bevorstehenden Trennung bewusst zu sein.

Zu schwere Hypothek für Fiél?

Zu Fiéls schwindender Zuversicht für eine gemeinsame Zukunft passt ins Bild, dass Chatzialexiou im Gespräch nicht mehr das Commitment und Feuer für die Aufgabe beim 1. FC Nürnberg rückgemeldet bekam.


„Ich habe ihm gesagt: ich möchte nicht, dass du im Kopf andere Dinge hast, ich möchte, dass du dich commitest, dass du für den Club brennst. Und wenn er das für sich anders sieht, dann ist das okay.“

Joti Chatzialexiou
über das klärende Gespräch über die Zukunft von Fiél


Das Feuer für den 1. FC Nürnberg schien in Cristian Fiél nach der Saison erloschen zu sein. Ob dies ausschließlich durch das Interesse der Hertha geschah, oder ob die Hertha lediglich als Katalysator fungierte, bleibt offen. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat auch die schwache Rückrunde ihre Schäden hinterlassen und womöglich Risse zwischen Mannschaft und Trainer verursacht. Der FCN wäre jedenfalls bereit dafür gewesen, den Kader nach den Vorstellungen von Fiél anzupassen. Fiél allerdings war offensichtlich nicht davon überzeugt, trotz einiger Neuzugänge die schwere Hypothek der schwachen letzten Wochen vergessen machen zu können. Stattdessen sah er möglicherweise zu große Baustellen in seiner Mannschaft und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit in Berlin.

Trotz attraktiver Spielidee: schlechteste FCN-Saison seit Jahren

Was von Fiéls Jahr in Nürnberg als Cheftrainer der Profis bleibt, ist ein spielerischer Ansatz, der eben oftmals nur beim Ansatz – insbesondere in der Rückrunde – blieb. Ja, der Kader war nicht für die Top-6 der Liga aufgestellt. Gleichzeitig hätte der Kader auch mehr als die erreichten 40 Punkte und Rang 12 hergegeben. Auch wenn Fiéls Spielidee in der Theorie die Richtige war: letztendlich stand die statistisch schlechteste Zweitligasaison der letzten 9 Jahre, was sicherlich vielerlei Gründe hat. Dennoch muss man dem 44-Jährigen dankbar dafür sein, zumindest den Versuch gewagt zu haben, wieder etwas mehr Spielkultur ins Max-Morlock-Stadion bringen zu wollen. Dieser Weg soll laut Chatzialexiou weitergegangen werden, weshalb „Fiélos“ Arbeit keineswegs als ausschließlich schlecht bewertet werden sollte.

Nicht enthalten: 2018/2019, da man in dieser Saison Bundesliga spielte.

Mit Fiéls taktischer Raffinesse und akribischer Arbeit, deren Fehlen man ihm 34 Spieltage lang auf keinen Fall vorwerfen konnte, wäre ihm zuzutrauen gewesen, das Ruder in der neuen Saison herzumreißen. Da er diese Chancen nicht ergreifen wollte, hat der 1. FC Nürnberg nun die Möglichkeit, mit neuem Sportvorstand, neuem Trainer und (hoffentlich) vielen neuen Spielern eine neue Euphorie zu entfachen.


„Ich möchte die Menschen hier wachrütteln uns sagen: wir können hier was bewegen, wir haben Potenzial!“

Joti Chatzialexiou
über seine Ambitionen mit dem 1. FC Nürnberg


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