Nürnberg ohne jeglichen Zugriff
Bereits in den ersten Karlsruher Ballbesitzphasen konnte man die fehlende Nürnberger Abstimmung und Aktivität gegen den Ball erkennen. Problemlos konnten die Gäste die erste Nürnberger Pressinglinie – beziehungsweise „Pressing“-linie – überspielen. Die Muster im KSC-Spielaufbau waren keinesfalls überraschend, aber konnten problemlos ausgespielt werden. Der FCN schaffte es nicht, die gegnerischen Pässe von der Innenverteidigung in das Mittelfeldzentrum zu verteidigen. Grund hierfür waren die exorbitant großen Abstände zwischen den Mannschaftsteilen. Die Offensivreihe um Uzun und Hayashi trabte vorne an, der Rest blieb aber hinten stehen. In der Folge konnten sich Rapp und Gondorf im Zentrum immer problemlos aufdrehen. Auch die Bewegungen der Flügelspieler Wanitzek und Nebel, die sich kurz im Halbraum anboten, verfolgte man ungenügend. Mindestens genauso problematisch waren die Spielverlagerungen der Gäste in Form von Diagonalbällen. Entweder ließen sich die Nürnberger Außenbahnspieler durch einfache Laufwege aus ihren Positionen locken – und machten dadurch Platz am Flügel – oder sie reagierten konstant einen Schritt zu spät, um den Ballempfänger zu stellen, wodurch dieser problemlos das Spiel beschleunigen konnte. Man könnte auch sagen, das Spiel gegen den Ball war nicht existent. Zu keiner Sekunde hatte man das Gefühl, der Club könne in Zweikämpfe kommen, geschweige denn diese gewinnen.
Gegentor deckt viele Schwachstellen auf
In der 37. Minute fällt das 0:1, das zu diesem Zeitpunkt bereits überfällig war. Die Entstehung des Gegentreffers zeigt einen Teil der Nürnberger Probleme auf dem Feld in nur einer Szene. Flicks Pass in die Tiefe in Richtung Schleimer kommt nicht an, das kann passieren. Typisch für den Club ist aber, dass der zweite Ball beim Gegner landet. Und typisch ist es auch, dass der Gegner viel Raum und Zeit hat, den Ball unter Kontrolle zu bringen. In diesem Fall Paul Nebel, den die Fiél-Elf ohnehin nie in den Griff bekam, den Uzun kaum stört. Nebel spielt einen Doppelpass mit Rapp, der von Flick nicht entscheidend gestört wird. Nebel spielt den Ball von halbrechts auf links zu Wanitzek, der komplett ohne Gegenspieler den Ball annehmen kann. Zum einen, weil die KSC-Stürmer die Innenverteidiger binden und zum anderen weil Kapitän Valentini nicht auf seiner Position ist. Valentini war in der Szene zuvor offensiv in den rechten Halbraum, also auf die rechte Zehnerposition quasi eingerückt. Der Weg nach Ballverlust ist somit nach hinten auf seine angestammte Position sehr lang. Wanitzek bedient Matanovic im Rückraum, der FCN-like mal wieder ungenügend besetzt ist. Den Ball trifft dieser natürlich perfekt, aber der Club bekommt keinen Zugriff, obwohl er beim Abschluss in 5-gegen-3-Überzahl rund um den Strafraum positioniert ist.
Fehlende Basics
Das Torschussverhältnis von 0:10 zur Halbzeit spricht Bände – und verrät dennoch nur die halbe Wahrheit. Denn die Leistung war noch schlechter, als es die Statistik erahnen lässt. Bei der Suche nach positiven Aspekten, sucht man vergeblich nach Antworten. Bei solchen Auftritten lässt sich natürlich auch über taktische Inhalte diskutieren, alleine diese führen aber zu keiner Lösung. Wenn in der aktuellen Lage über grundlegende Themen wie die Bereitschaft, einen Zweikampf zu führen, geredet werden müssen, lässt dies tief blicken. Mit Ball war es nicht besser – auch hier fehlte es an Läufen und Bewegungen sowie Mut.
Mini-Reaktion nach der Halbzeit ebbte schnell ab
Jene Bewegungen und Läufe waren zu Beginn der 2. Halbzeit etwas häufiger zu sehen. Mit einem 4-fach-Wechsel näherte sich Fiél wieder seinem klassischen 4-3-3, nachdem die Formation in der 1. Halbzeit eher einem 4-4-1-1 bzw. 4-2-3-1 glich. Durch das höhere Tempo im eignen Ballbesitz schaffte es der Club, die Karlsruher Hintermannschaft immerhin vor kleinere Aufgaben zu stellen. Zwar tat man sich nach wie vor schwer, Durchbrüche durchs Zentrum zu kreieren. Jedoch kam der FCN häufiger zwischen die gegnerischen Linien, wodurch Flügelangriffe mit anschließenden Hereingaben entstanden. Die Abschlüsse von Andersson und Schleimer waren nicht ungefährlich und trotzdem immer noch viel zu wenig, um in der 2. Bundesliga ein Spiel gewinnen zu können. Denn gegen den Ball war der 1. FC Nürnberg nach wie vor sehr anfällig. Nur das inkonsequente Ausspielen der Konter seitens des KSC verhinderte eine frühere und verdiente Entscheidung. Auch hier waren die Abstände zwischen den Nürnberger Mannschaftsteilen sowie das Verteidigungsverhalten rund um den eignen Strafraum erschreckend. Die Gäste konnten sich phasenweise durch den Cluberer Strafraum kombinieren, ohne ernsthaft gestört zu werden. Es wirkte wie ein lauer Sommerkick, bei dem man nicht unbedingt hätte vermuten können, dass eine der beiden Mannschaften zumindest rechnerisch noch absteigen kann. Ähnlich wie in den Heimspielen gegen St. Pauli und den SC Paderborn war von einer Schlussoffensive, in der man den Eindruck hätte, der FCN könnte noch ein Tor erzielen, wenig zu sehen. Stattdessen machte sich mal wieder viel zu früh in der Partie das Gefühl breit, das Spiel sei nicht mehr zu drehen.
Wird es jetzt eng für den FCN?
Nach dieser Darbietung gibt es aktuell wenig Gründe, die Hoffnung geben, dass der Club in den verbleibenden 3 Spielen noch einen Sieg oder gar einen Punkt holt. Zwar bleibt der CLUBFOKUS dabei, dass die 37 Punkte wahrscheinlich zum direkten Klassenerhalt reichen werden. Dennoch wäre für den 1. FC Nürnberg fatal, mit 9 sieglosen Spielen aus einer dann schlechten Saison zu gehen. Zudem schließt diese Prognose nicht aus, dass es nicht nochmal eng werden kann. Denn wenn der FCN seine drei restlichen Spiele verliert, wird es definitiv nochmal eng. Und wenn es eng werden kann, kann auch der unwahrscheinliche Fall eintreten. Jedenfalls ist der FCN nach den zwei Heimniederlagen gegen Paderborn und Karlsruhe diesem unwahrscheinlichen Fall näher gekommen. Dass die Mannschaft von Trainer Cristian Fíel am Freitag in Düsseldorf punktet, scheint demzufolge sehr unrealistisch. Ein Mutmacher? Fußball ist nicht immer logisch!
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