Offenes Zentrum
Dass der 1. FC Nürnberg über riesige Probleme im Zentrum vor dem eigenen Strafraum verfügt, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Zweimal in 32 Spieltagen agierte Düsseldorfs Shinta Appelkamp als nomineller rechter Mittelfeldspieler: im Hin- und Rückspiel gegen den Club. Appelkamp ist eigentlich Zentrumsspieler, in den anderen 30 Partien setzte die Fortuna auf einen „klassischen“ rechten Flügelspieler (Klaus/Niemiec). Zufall? Nein. „Wir haben in der Analyse gesehen, dass wir die Zwischenräume bespielen wollen. Und dann war für uns klar, dass wir Shinta Appelkamp auf den Flügel packen, um mit ihm das Zentrum zu überladen. Das war der Schlüssel zum Erfolg: immer wieder das Zentrum zu bespielen.“ – erklärte F95-Trainer Thioune nach dem Spiel seinen Matchplan. Kein Zufall – 15 Gegentreffer kassierte die Fiél-Elf alleine in der Rückrunde durch die Spielfeldmitte, was wenig überraschend der schwächste Wert aller Zweitligisten ist. Immer wieder befindet man sich in den entscheidenden Räumen in Unterzahl, wodurch der Gegner problemlos sich bis an und in die Box spielen kann.
Individualtaktische Basics
Neben mannschaftlichen Totalausfällen sind es auch regelmäßig schwache individuelle Entscheidungen, die zu Problemen und Gegentoren führen. Beispiele gibt es auch hier genügend. Mal vergisst einer der Innenverteidiger, nach vorne zu verteidigen. Manchmal sind es die Offensivspieler, die keine gegnerische Passoption zustellen. Oft wird auch vergessen, was hinter dem eigenen Rücken passiert. Oder wie der FCN-Trainer sagt: „Wir schauen nur auf den Ball, wir gucken gar nicht nach den Männern.“ Ein einfaches Prinzip in der Defensive, das selbst im Amateurfußball gelehrt wird, lautet „Tiefe vor Breite“ zu sichern. Also den Ball in die Tiefe um jeden Preis zu verhindern und dem Gegenspieler stattdessen nur die Möglichkeit geben, den Ball auf den Flügel zu spielen, von wo die Torgefahr logischerweise deutlich geringer ist. Die untenstehende Szene hatten wir bereits in unserer Spielanalyse (hier klicken!) aufgezeigt. Goller müsste ein paar Schritte nach rechts einrücken, um den Steckpass auf Zimmermann zu verhindern. Fun-Fact, wenngleich gar nicht so lustig: blickt man in das Zentrum, sieht man, dass auch hier die Fortuna im entscheidenden Raum vor dem 16er sich mal wieder in Überzahl befindet.
Zweikampfhärte und Aktivität
„Unser Innenverteidiger […] – das sind Dinge, die dir in der 2. Liga nicht passieren dürfen. Da reden wir ganz klar über Zweitligafußball und den spielen wir nicht.“ – so lautet das vernichtende Fazit von Cristian Fiél unter anderem auf das 0:2 der Fortunen, dem ein sehr schwaches Zweikampfverhalten von Ivan Márquez vorausgeht. Und natürlich gehört auch dies zur Wahrheit. In den vergangenen 6 Partien führten jeweils die gegnerischen Akteure mehr Defensivduelle als die Nürnberger Spieler. In 3 der Spiele hatte der Club weniger den Ball, in den anderen 3 mehr den Ball als der Gegner. Eine Korrelation zwischen Ballbesitz und geführten Defensivduellen lässt sich in diesem Fall also nicht feststellen. Eine extrem fehlende Aktivität hingegen schon.
Weitere Beispiele möglich
Klar ist auch: die obigen Gründe sind nur 3 von vielen. Massive Probleme bei Flanken, ein unbesetzter Rückraum nach Standards und ein schwaches Umschaltspiel in Richtung Defensive. Von den riesigen Abständen im hohen Anlaufen ganz zu schweigen. Die Entstehungen für die vielen Gegentreffer sind vielschichtig. Und genau das ist besorgniserregend. Oder, um es mit den Worten des Trainers zu sagen: „Wenn du so verteidigst, wie wir verteidigen – dann wird es schwer, Spiele zu gewinnen.“