Schonfrist vorbei?
Dass ein extrem großer Umbruch Zeit braucht, ist verständlich. Insofern waren auch die Aussagen von Nürnbergs Trainer Miroslav Klose im August absolut valide: „Ich habe ganz am Anfang von 5-6 Spielen gesprochen, die meine Mannschaft braucht.“ Mittlerweile sind 7 Pflichtspiele in der neuen Saison absolviert. Auf eine gute Leistung wartet man beim FCN nach wie vor. Ordentliche, geschweige denn gute Phasen, in einem Spiel sind nach wie vor kaum existent. Immer noch fehlt es an vielen taktischen Basics, die es mitunter wirken lassen, als würden die 11 Akteure auf dem Feld das erste Mal in dieser Konstellation miteinander Fußball spielen.
Kein Fortschritt
Angesprochen auf die Frage, wie zufrieden Miroslav Klose mit der Entwicklung seiner Mannschaft nach den von ihm angekündigten „5-6 Spielen“ nun sei, folgte als Antwort: „Es sind Fortschritte da.“ Wenn man Fortschritte sehen möchte, muss man diese zumindest etwas länger suchen. Klose sprach davon, dass man gegen die Hertha mehr Ballbesitz haben wollte und einem das gelang. Faktisch richtig, die Qualität des Ballbesitzspiels entblößte jedoch genau die Nürnberger Schwächen, die sich seit dem 1. Spieltag durchziehen. Es fehlt massiv an Ideen und Abläufen im Spiel nach vorne, was auch die Zahlen deutlich belegen. Gegen die Berliner verzeichnete man 26 eigene Ballbesitzangriffe, zum Abschluss brachte man gerade einmal 2 davon. Zum Vergleich: die Gäste kamen gegen den Club zu 12 Abschlüssen aus dem eigenen Ballbesitzspiel.
Zu viel Jugend?
Kloses Antwort auf die Frage nach der Entwicklung ging jedoch noch weiter und überraschte dann doch ein wenig: „Leider geht es bei den jungen Spielern langsamer voran als wir alle gedacht haben, vor allem ich.“ In der Tat ist Nürnbergs Kader der zweitjüngste der Liga mit einem Durchschnittsalter von 23,8 Jahren. Ein genauer Blick darauf zeigt aber, dass die Jugend mitnichten das Problem ist. Vergleicht man die beiden Innenverteidiger, so sind die Leistungen von Jeltsch (18) keinesfalls schwächer als die von Kapitän Knoche (32). Jens Castrop beispielsweise ist zwar erst 21 Jahre alt, bestreitet aber immerhin schon seine dritte Saison als unangefochtener Stammspieler. Der ebenfalls 21-jährige Caspar Jander gehört jetzt schon zu den stärksten Spielern auf seiner Position und ist mit Sicherheit kein Hemmschuh bei der Entwicklung. Natürlich merkt man bei dem ein oder anderen jungen Spieler, wie zum Beispiel Villadsen noch an, dass er sich an die Liga erst gewöhnen muss. Die erfahreneren Spieler wie Pick (29) oder Goller (25), der bereits 91 Zweitligaspiele bestritt, performen jedoch keinesfalls besser. Mit Emreli (27), Lubach (19), Pick (29), Duman (27) und Soares (32) wechselte Klose gegen Berlin 5 Spieler ein. Davon konnte aber nur einer so wirklich auf sich aufmerksam machen – der 19-jährige Lubach.
Das große Ganze hakt
Nach der 0:2-Heimniederlage sah Klose als ersten Ansatzpunkt, dass man weiter an den Dingen arbeiten werde, an denen man bereits dran ist: „Zweikämpfe, Passsicherheit, erster Kontakt – solche Sachen.“ Tatsächlich ist in daran nichts verwerflich, da man mitunter wirklich deutlich zu ungenau agiert. Die Frage ist jedoch, ob die Probleme nicht deutlich tiefer liegen als an diesen individuellen Punkten. Denn nach wie vor wirkt zu viel im Nürnberger Spiel auf Zufall basierend, was nie ein gutes Zeichen im Fußball ist. Wenn Außenverteidiger und Flügelspieler auf einer Vertikallinie stehen, wird es wenig überraschend schwierig, Progression in das eigene Spiel zu bringen. Wenn sich der Stürmer fallen lässt und kein anderer den freiwerdenden Raum auffüllt, stellt man die gegnerische Abwehr vor wenig Aufgaben. Alles Themen, die über „Zweikampfhärte, Passsicherheit, erster Kontakt“ hinausgehen und auch keine Frage von jung oder alt sind. Das junge Alter kann sicherlich als Argument für Leistungsschwankungen herhalten – nicht aber dafür, dass nach 7 Pflichtspieltagen immer noch keine Abläufe im Spiel nach vorne zu erkennen sind.