„Zu statisch“: Warum der FCN gegen Hannover verliert

Warum der FCN gegen Hannover offensiv wenig Lösungen fand, welche Muster sich aus dem Hertha-Spiel wiederholten, was ein Novum war und was sich nach der Pause veränderte – die Spielanalyse beim CLUBFOKUS.

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Foto: DO IT NOW Media

Mutiger FCN

Der 1. FC Nürnberg startete das Heimspiel gegen Hannover 96 mit einer Änderung im Vergleich zur Vorwoche in Berlin. Janis Antiste durfte das erste Mal von Beginn an auflaufen und ersetzte Rafael Lubach. Mit der Doppelspitze war der FCN somit personell offensiver ausgerichtet als zuletzt. Gegen den Ball stellte man den Hannoveraner Torabstoß sogar Mann-gegen-Mann zu, was auch eine offensive Ausrichtung war. So wirklich gefährlich wurde es offensiv dennoch nur selten in den 90 Minuten. Aber der Reihe nach…

Aktive Gäste

Hannover präsentierte sich von Beginn an sehr aktiv im Max Morlock Stadion – ihr Plan im Spiel gegen den Ball erinnerte stark an den der Hertha aus der Vorwoche. Caspar Jander, Jens Castrop und Julian Justvan sollten möglichst selten an den Ball gelangen – und vor allem schon gar nicht, ohne direkt einen Gegenspieler im Rücken kleben zu haben. Die Gäste schafften es somit gut, die Passwege in das Zentrum und in die Halbräume zu schließen, wogegen der FCN im Spielaufbau Probleme hatte.

Neuheit beim FCN

In der ersten Halbzeit gab es viele Abstöße für den FCN. Das Trainerteam hatte sich für diese etwas ausgedacht, was man so zuvor noch nicht bei der Klose-Elf sah. Die beiden Stürmer Stefaons Tzimas und Janis Antiste positionierten sich extrem breit, während Castrop und Justvan im Zentrum blieben, sich aber tiefer fallen ließen. Vermutlich wollte man die zentrale Defensive der Gäste so herausziehen, um dahinter die Tiefe attackieren zu können. Ertrag brachte der Gedanke jedoch nicht, da Nürnberg zu oft unruhig und fehleranfällig am Ball agierte und gegen das Hannoveraner Mann-gegen-Mann beim Abstoß die Bälle zu schnell verlor.

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Hannover stellte den Nürnberger Abstoß Mann-gegen-Mann zu. Der FCN versuchte durch die neue Anordnung vermutlich, Halstenberg und Kunze rauszuziehen, agierte aber zu unpräzise, um in den Rücken dieser zu kommen.

„Zu statisch“

FCN-Youngster Tim Janisch monierte im Anschluss der Partie, dass in der ersten Halbzeit „Mut und Bewegung“ fehlten. Stattdessen agierte man „zu statisch“. Auf diese „Statik“ war Hannover gut vorbereitet. Sie lenkten den Club durch die Angreifer Ngankam und Nielsen konsequent auf eine Seite, ähnlich wie Berlin letzte Woche. Der FCN ließ die nötige Ruhe und Geduld am Ball vermissen, um die Räume auf der anderen Seite zu finden und agierte stattdessen sehr vertikal und direkt. Durch die fehlende Bewegung konnte 96 aber relativ einfach nach vorne verteidigen und gewann die meisten direkten Duelle, wodurch das Spiel sich viel in der Nürnberger Hälfte abspielte.

Hannovers Gegenpressing

Im Spiel gegen den Ball setzte der Club auf ein 5-2-3 und verteidigte etwas höher als zuletzt. Zwar setzte man Hannovers Innenverteidigung nur selten unter Druck, kontrollierte aber im Gegenzug die Tiefe im Rücken der eigenen Abwehr gut. Torgefährlich wurden die Gäste aus dem eigenen Ballbesitzspiel heraus somit nur selten. Bei zweiten Bällen und im Gegenpressing waren sie jedoch die wachere und physisch überlegene Mannschaft, wodurch der FCN selten in Balleroberungen und Kontersituationen kam.

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Wenn Rochelt weit nach links herauskippte, hatte der FCN mitunter Probleme in der Zuordnung, da Janisch an Wdowik orientiert war und der Weg für Jander sehr weit war. Da man aber in der letzten Linie nicht 1-gegen-1 verteidigen wollte, konnte auch Drexler nicht nach vorne verteidigen. Dennoch hatte Hannover aus dem Spiel heraus nur wenig klare Gelegenheiten, da es der FCN in letzter Konsequenz noch gut verteidigte.

Wenig Torchancen

Auf beiden Seiten gab es in der ersten Halbzeit nur wenig Torraumaktionen. Der FCN zeigte beim 1:0 durch Tzimas ein gutes Nachrückverhalten und spielte die Aktion gut zu Ende. Hannover hingegen traf durch Leopold mit einem perfekt getretenen Freistoß zum Ausgleich. Während beim ersten Tor die Gäste Halstenbergs Stellungsspiel und Zweikampfverhalten bemängeln werden, waren die Franken hingegen mit dem Freistoßpfiff vor der Entstehung des 1:1-Treffers nicht einverstanden.

Verbesserter FCN

Der Club kam besser aus der Pause und präsentierte sich variabler im Spiel nach vorne. Beispielsweise die beiden Schienenspieler Yilmaz und Janisch variierten nun oftmals in ihrer Höhe, stellten ihre Gegenspieler damit vor mehr Aufgaben und öffneten Räume. Auch das Vorrücken eines Innenverteidigers erfolgte im besseren Timing, sodass man nun auch öfter in die bekannten „Spielen und Gehen“-Abläufe kam. Es blieb jedoch dabei, dass der ein oder andere Spieler individuell erneut nicht an seine bereits gezeigten Leistungen herankam. Vor allem im Mittelfeld gab es deutlich mehr Fehlpässe als erwünscht. „Zu hektisch“, bemängelte auch Miroslav Klose danach.

Standards als Genickbruch

Auch das zweite Tor Hannovers fällt nach einem Standard. Nach Leopolds Freistoß aus dem Halbfeld gewinnt erst Neumann am zweiten Pfosten das Kopfballduell. Dessen Hereingabe senkt sich an die Latte. Während die Nürnberger Abwehrspieler jedoch dem Ball hinterherschauen, fällt dieser Knight vor die Füße, der zum 1:2 einschießt. Nur kurz darauf erzielt Justvan den Ausgleich, aufgrund des Treffers von Antiste gegen Muroya wird das 2:2 jedoch einkassiert. Ein Moment, der das Spiel nochmal hätte kippen lassen können. Ebenso wie die Balleroberung von Tzimas gegen Kunze, die aber auch zurückgepfiffen wurde – und kläglich zu Ende gespielt wurde.

All-In wird nicht belohnt

Der Club erhöhte nach dem Rückstand das Risiko. Nachdem Hannover auf ein 5-3-2 umstellte, kam man aber nur noch selten in aussichtsreiche Situationen und in die gegnerische Box. Lediglich ein Abschluss sprang in der Schlussphase noch heraus. Dabei half es auch nicht, dass man mit Emreli für Knoche sogar einen dritten Stürmer brachte und die Fünferkette auflöste. Auch die vielen ruhenden Bälle und Freistöße aus dem Halbfeld brachten keinen Erfolg ein.

Viele Parallelen zur Vorwoche

Die Nürnberger 1:2-Niederlage weist am Ende viele Parallelen zur Vorwoche in Berlin auf. Ein defensiv starker Gegner schafft es, den FCN nicht zur gewünschten Kontrolle und Entfaltung kommen zu lassen. Hannover verteidigte zwar mit gutem Timing und klarem Plan aktiv nach vorne, die Klose-Elf hatte aber zeitgleich auch nicht die nötige Ruhe und Entscheidungsfindung am Ball, um die gewünschten Räume zu bespielen. Aus dem Spiel heraus ließ man zwar wenig Abschlüsse zu, muss sich am Ende aber der Hannoveraner Standardstärke geschlagen geben. Auch wenn vor allem offensiv derzeit nicht alles rund läuft, ist es ein Dämpfer, den man der jungen Mannschaft nach vier Heimsiegen in Folge zugestehen sollte.