Überraschungen im Kader
Miroslav Klose nahm im Vergleich zum Spiel gegen Kaiserslautern erwartungsgemäß einen Wechsel vor. Rückkehrer Jens Castrop verdrängte seinen starken Vertreter Rafael Lubach auf die Bank. Deutlich überraschender war jedoch die restliche Kadernominierung. Sowohl Schleimer als auch Goller schafften es nicht in das Aufgebot und wurden durch Serra und Janisch ersetzt. Auch für Duman und Hofmann war kein Platz. Stattdessen war Joachims das erste Mal seit August wieder dabei. Dass der FCN am Ende trotzdem nur zweimal wechselte und auf einen Tausch in der Offensive verzichtete, ist hingegen ein anderes Thema.
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Es war eine gute und attraktive Zweitligapartie. Dazu gehören bekanntlich beide Teams. Sowohl der FCN als auch Paderborn bewiesen in vielen Phasen, warum sie zuletzt zu den stärksten Teams der 2. Bundesliga gehörten. Beide Mannschaften gingen das Spiel aktiv an, forcierten fußballerische Lösungen und zeigten gute Abläufe. Bei der Klose-Elf war erneut viel Spielen und Gehen zu sehen, Anpassungen der Positionierungen und eine sehr hohe Qualität in der Offensive. Die Heimmanschaft war unter anderem durch Standards und Hereingaben gefährlich. Beide Teams waren zudem sehr bemüht, das Zentrum zu schließen, offenbarten aber auch die ein oder andere Nachlässigkeit. Punkte gibt es jedoch – aus FCN-Sicht leider – nur für Paderborn.
Kurioser Beginn
Es dauerte nicht lange, bis der Ball im Nürnberger Tor lag. In der 6. Minute ging der SCP in Führung – wenig überraschend über die starke linke Offensivseite. Nach einem Torabstoß kam Linksverteidiger Zehnter an den Ball, der den Ball an der Linie entlang spielte. Dadurch war die erste Nürnberger Pressinglinie überspielt, wodurch man in der Defensive keine gute Zahlenverhältnisse aufweisen konnte. Denn man verteidigte vor dem Steilpass in einer 2-gegen-3 Unterzahl. Jeltsch und Jander hatten es mit Michel, Bilbija und Engelns zutun. Die Heimmanschaft spielt die Aktion gut aus, Bilbija bricht am Flügel durch und der Club verteidigt die Box in der Szene sehr schlecht. Am verwaisten ersten Pfosten ist Grimaldi zuerst am Ball und trifft zur Führung. Diese konnte der Club aber postwendend ausgleichen. Soares verfolgt Obermair sehr aggressiv, der unnötig quer dribbelt und den Ball verliert. Über Justvan und Emreli kommt Soares erneut an den Ball und trifft zum schnellen 1:1.
Nürnbergs Zugriff
Der Club hielt Paderborns Spiel meist fern vom eigenen Tor. Wie schon in den letzten Wochen verteidigte man mit Justvan, Emreli und Tzimas zu dritt in der vordersten Reihe, wenngleich die Anordnung diesmal eine andere war. Zuletzt war Justvan der zentrale Anläufer, diesmal übernahm Emreli diese Rolle. Castrop war zudem gegen Engelns eingeteilt, der der offensivere Part der beiden Paderborner Sechser war, wodurch Castrop weit mit nach vorne verteidigte. Jander verfolgte Bilbija, der als eine Art Zehner fungierte. „Unser Spiel mit dem Ball war ein bisschen abgehackt“, erklärte Kwasniok danach. Denn die beiden Stürmer ließ der Club kaum in die Partie kommen. Öffnete sich jedoch der Passweg auf Grimaldi und Michel, machte es die Nürnberger Defensive nicht immer perfekt, sodass die Angreifer zuerst am Ball waren und den Ball auf die Nachrücker klatschen lassen konnten. Diese Situationen gab es nicht sonderlich oft, aber wenn, wurden sie zumindest im Ansatz gefährlich. Auch, weil durch das weite Herausverteidigen von Villadsen der Raum hinter ihm mitunter relativ offen war zu Beginn des Spiels.
Sechser Jeltsch
Schon in den letzten Spielen rückte Finn Jeltsch situativ immer wieder auf die Mittelfeldposition neben Caspar Jander. Nach ein paar Minuten war er im Spiel gegen Paderborn aber nochmal deutlich häufiger als zuletzt auf der Sechserposition zu finden. Die Idee dahinter? Ist Mutmaßung, hängt aber wahrscheinlich mit dem Anlaufverhalten des neuen Tabellenführers zusammen. Dieser versucht bewusst, das Zentrum zu verdichten und bei Querpässen von Inennverteidiger auf Halbverteidiger ins Pressing überzugehen, sodass der Passweg in die Mitte geschlossen bleibt. Der Club reagierte darauf, indem Jeltsch nach vorne schob und die Außenverteidiger Soares und Villadsen sich dafür etwas tiefer positionierten. Dadurch wurden die Wege zum Verschieben für Paderborns Offensive deutlich weiter und der FCN konnte seinen Spielaufbau relativ ruhig gestalten. Eine ähnliche Anpassung nahm übrigens zuletzt auf der anderen Seite FCK-Trainer Markus Anfang in der 2. Halbzeit gegen den FCN vor.
Glücklicher Chelsea-Chefscout
Sky berichtete während der Partie, dass der Chefscout Chelseas vor Ort sei. Primär, um Stefanos Tzimas zu scouten. Das Talent machte zwar nicht seine auffälligste Partie, bewies aber in der 51. Minute, warum er unter „Beobachtung“ spielte. Villadsen erhält rechts den Ball, nahm den Ball mit dem ersten Kontakt gleich nach vorne mit und sieht den in die Tiefe startenden Stürmer, der in Perfektion über den herauseilenden SCP-Keeper lupft. Doch auch diesmal währte eine Führung nicht lange – nach einem sehr diskutablen Elfmeter glich Bilbija zum 2:2 aus. Der Ausgleich hinterließ zunächst durchaus eine Wirkung bei den Franken. Zwar wurde es im eigenen Strafraum nicht gefährlich, aber es war die einzige Phase, in der Paderborn sich ein optisches Übergewicht erspielen konnte. Das soll übrigens nicht heißen, dass Paderborn ansonsten die schwächere Mannschaft war, aber aus rein fußballerischer Sicht ging das Spiel sogar laut Kwasniok an den Club: „Nürnberg war die fuballerisch klar bessere Mannschaft.“
Überzahl und Lattentreffer
Nach der roten Karte für Grimaldi agierte der FCN ab der 78. Minute in Überzahl. Gegen das Paderborner 5-3-1 fehlte es mitunter an Bewegung und Läufen ohne Ball, um noch öfter die Box zu attackieren. Wenngleich Seidel mit seinem Kopfball in der 84. Minute fast den Führungstreffer erzielt hätte und lediglich an der Latte scheiterte. Gegen einen gut verteidigenden Gegner hatte man viel Ballkontrolle, vermied aber das letzte Risiko und ließ dementsprechend auch keinen Konter zu. Man hatte den Eindruck, dass offensive Qualität von der Bank dem Angriffsspiel nochmal hätte guttun können. Bei den Überlegungen, wen man hätte auswechseln können und was die Alternativen waren, entschied man sich jedoch gegen einen Tausch.
Standards entscheiden Spiele
Auf einen späten Gegentreffer deutete aus Nürnberger Sicht nichts hin. Dass es ein Eckball war, ist hingegen nicht überraschend. Denn bereits im ersten Durchgang wurde fast jeder ruhende Ball gefährlich. Das hatte drei Gründe. Der erste: Aaron Zehnter verfügt über einen guten linken Fuß, sodass die Standards auch mit viel Zug kamen. Zweitens: Paderborn brachte bewusst viel Körpergröße auf den Rasen, da man sich hier einen Vorteil erhoffte. Und drittens: Der Club verteidigte es nicht gut. So auch das 3:2, wie auch Klose bemängelt: „Wir zahlen wie in Hoffenheim Lehrgeld. Wir können das verteidigen, aber wir gehen nicht aktiv zum Ball und blocken den Spieler nicht.“ Obendrein hatte man bei Brackelmanns (196 cm) Tor nicht das erste Mal im Spielverlauf das Gefühl, dass es zwischen ihm und seinen Gegenspieler Jeltsch durchaus ein Mismatch gab.
Bitterer Abend
Der Spielverlauf hätte aus FCN-Sicht kaum bitterer sein können. Das eigene Spiel war nicht zwingend schlechter als in den Vorwochen. Erneut ging man mit einem klar erkennbaren Plan in die Partie und zeigte seine Stärken. Der größte Unterschied zu den Vorwochen war der Gegner, der nicht zufällig – zumindest vorübergehend – auf Platz 1 steht. Denn auch die Kwasniok-Elf war gut auf den Club eingestellt und wusste um die Stärken und Schwächen. Am Ende war es ein relativ ausgeglichenes Spiel. Der Club hatte die mitunter feinere Klinge, dafür waren enge Zweikämpfe, zweite Bälle und direkte Duelle einen Tick öfter auf Seiten der Paderborner, die am Ende das Spiel für sich entscheiden. Da man das erste und das dritte Tor aber auch hätte deutlich konsequenter verteidigen können, wird man sich in Nürnberg dennoch an die eigene Nase fassen. Für den Auftritt bei einem Spitzenteam der 2. Bundesliga muss man sich aber keinesfalls entschuldigen.
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