Woran Ex-FCN-Trainer Fiél in Berlin scheiterte

Die Zeit von Cristian Fiél als Trainer der Hertha ist schon wieder vorbei. Die Gründe für sein Aus weisen Parallelen zu seiner Station in Nürnberg auf – und ein Ex-Schützling hofft auf ein Wiedersehen.

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Foto: FCN

Keine Jubelströme

Der Name des ehemaligen FCN-Trainers Cristian Fiél löste bei den Berliner Fans vor der Saison nicht gerade Jubelströme aus. Eine Vereinslegende wie Pal Dardai zu ersetzen ist nie ganz einfach. Noch komplizierter ist es, wenn die Anhänger der Hertha einen anderen Nachfolger ganz klar favorisieren: Oliver Reiß. Reiß, der nun die U18 von Manchester City trainiert, coachte zuvor die Berliner U17 und U19 und konnte insgesamt viermal Meister in der Bundesliga Nord/Nordost werden.

Nun ja, und die Vita von Fiél trug auch ihr Übriges zur anfänglichen Skepsis bei. Nach einer vielversprechenden Hinrunde mit dem 1. FC Nürnberg spielte die Mannschaft unter seiner Regie schließlich die schwächste Zweitligarückrunde der Vereinsgeschichte. Dass man für ihn Ablöse zahlt, brachten nicht wenige im Umfeld der „Alten Dame“ mit Fiéls nachgesagter Freundschaft zum Herthaner Lizenzspielerleiter „Zecke“ Neuendorf in Verbindung.

Wie gut war der Kader?

Kurz vor dem Ende der Transferperiode im Sommer verließen Top-Stürmer Haris Tabakovic und Abwehrchef Marc Oliver Kempf die Hertha. Wie man die beiden ersetzt hat? Im Grunde gar nicht. Zwar verpflichtete man mit John Brooks einen bundesligaerfahrenen Innenverteidiger, aufgrund von Verletzungen konnte dieser bislang jedoch noch kein Spiel absolvieren.

Im Sturm konnten weder Florian Niederlechner, Luca Schuler noch Smail Prevljak ansatzweise die Tore von Tabakovic auffangen. Der Kader war auch darüber hinaus auf einigen Positionen sicherlich nicht ideal besetzt. Dennoch fand Fiél ganz andere Möglichkeiten als noch beim FCN in Nürnberg vor. Ibrahim Maza, Michaël Cuisance, Fabian Reese, Derry Scherhant und Co. lesen sich nicht nur gut, sondern sind auch individuell extrem gut.

Vielversprechende Ansätze

Die Hertha zeigte unter „Fiélo“ zu Beginn durchaus vielversprechende Ansätze in Richtung des von der Berliner Vereinsführung „mutigen und offensiven Fußball“. Nach zehn Ligaspielen stand man mit 17 Zählern da und hatte zwischenzeitlich sogar den Bundesligisten Heidenheim aus dem Pokal geworfen. Über diese Ansätze kam man jedoch nie heraus – im Gegenteil, es wurde deutlich schlechter. Denn in den darauffolgenden 12 Spielen sollte die Mannschaft nur noch acht Punkte einfahren. In der Formtabelle seitdem steht die „Alte Dame“ sogar auf Platz 18.

Toter Ballbesitz?

Das Vorhaben, mehr Ballbesitz zu implementieren, kann man aus statistischer Sicht als gelungen interpretieren. Nur Magdeburg hatte mehr Spielanteile als Fiéls Hertha (55%). Auf die Qualität der Spielanteile darf jedoch kritisch geblickt werden, da es oftmals eher „toter“ Ballbesitz in ungefährlichen Räumen war. Dass lediglich drei Teams in der bisherigen Zweitligasaison weniger Großchancen als die Hertha verzeichnen, passt dementsprechend in das Bild. Es fehlte im Spiel nach vorne an Automatismen und Abläufen, um kontrolliert ins letzte Drittel zu gelangen. Oftmals wurden Spieler angespielt, ohne, dass sie eine gute Option für die Anschlussaktion besaßen.

Fehlende Abläufe

Wie schon beim 1. FC Nürnberg war es dem 44-Jährigen wichtig, dass die Offensivspieler am Flügel viele 1-gegen-1-Aktionen führen und gewinnen. Die Hertha absolvierte schließlich die meisten Dribblings der Liga, was angesichts der individuellen Qualität der Angreifer nachvollziehbar war. Dennoch fehlte es dem Ballführenden zu oft an Anspielstationen, weshalb das 1-gegen-1 dann als einziger Ausweg blieb. Berlin schlug in der 2. Bundesliga die zweitmeisten Flanken aller Teams – hatte in der Box aber nur selten eine vielversprechende Besetzung.

Defensive Probleme

Auch im Spiel gegen den Ball lief längst nicht alles rund in der bisherigen Herthaner Spielzeit. Auch hier traten Parallelen zu Fiéls Zeit beim FCN auf: Der 1. FC Nürnberg war in der abgelaufenen Saison das Team mit den zweitmeisten Gegentoren (64). Probleme in der Restverteidigung, zu große Abstände und schlechte individuelle Entscheidungen im Vorwärtsverteidigen sah man zu oft. Dass man mit 12 Gegentreffern nach ruhendem Ball die zweitmeisten der Liga kassierte, rundete ein zu selten stimmiges Bild ab.

Keine Alleinschuld

„Fiélo“ ist sicherlich nicht der Alleinschuldige an der Herthaner Schieflage. In den letzten Partien, wie zum Beispiel in Düsseldorf, hatte seine Mannschaft auch nicht das nötige Spielglück auf der Seite. Wenn man jedoch sogar in den guten Spielen nicht punktet und zwischendrin Nichtleistungen wie in Regensburg abliefert, gehen einem langsam, aber sicher die Argumente für eine Weiterbeschäftigung aus. Kaderprobleme, strukturelle Vereinsdefizite hin oder her – Rang 14 und ein Punkteschnitt in der Liga von 1,14 pro Spiel waren am Ende deutlich zu wenig.

Unterschiedliche Gefühlswelten

Während es sowohl für die Hertha wie auch für Cristian Fiél nicht wie erhofft verlief, ist man in Nürnberg der große Gewinner des Trainerwechsels. Neben der erhaltenen Ablöse steht man auch tabellarisch mittlerweile deutlich vor dem Hauptstadtklub. Auch wenn der Abgang des 44-Jährigen ihn viele Sympathiepunkte in Franken kostete, denkt zumindest FCN-Torwart Jan Reichert anders über Fiél, der ihm am 34. Spieltag der Vorsaison das Zweitligadebüt schenkte: „Ich wünsche ihm alles Gute, da ich ihn als Trainer und Mensch sehr schätze und hoffe, dass sich die Wege mal wieder kreuzen.“ Am Freitag in Berlin jedoch noch nicht, denn da wird aller Voraussicht nach Stefan Leitl auf der Herthaner Bank sitzen.