Viele Zweitliga-Transfers für über 20 Mio. Euro
Benjamin Pavard, Anthony Modeste, Timo Werner oder Weston McKennie – die Liste von Spielern, die für über 20 Millionen Euro Ablöse einen Zweitligisten verließen, liest sich eindrucksvoll. Doch ein genauerer Blick offenbart: Keiner dieser Spieler war ein klassischer Zweitligaprofi. Denn alle verließen ihren Verein unmittelbar nach einem Abstieg aus der Bundesliga. Sie waren zu diesem Zeitpunkt also keine Akteure der 2. Liga, sondern hatten sich vielmehr zuvor über mehrere Saisons in Deutschlands höchster Spielklasse etabliert.
Rekord für Tzimas-Transfer nötig
Was bedeutet das nun für den 1. FC Nürnberg? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie selten eine Ablöse in Höhe von 20 Millionen Euro für einen Spieler aus der 2. Bundesliga gezahlt wurde – genauer gesagt: noch nie. Die Top-6 der teuersten Zweitliga-Abgänge laut Transfermarkt.de wechselten allesamt nach einem Bundesliga-Abstieg. Der teuerste „echte“ Zweitligaprofi war bislang Douglas Santos vom HSV. Nach einer starken Saison 2018/2019 in der 2. Bundesliga wechselte der Brasilianer für 14 Millionen Euro von Hamburg zu Zenit St. Petersburg. Sollte der FCN die kolportierte Kaufoption für Leihstürmer Stefanos Tzimas am Ende der Saison ziehen wollen, müsste der Club einen neuen Transferrekord für die 2. Bundesliga aufstellen.
Beispiel Can Uzun
Ein solcher Rekordtransfer würde erfordern, dass der Spieler eine überragende Saison spielt, um eine so hohe Ablöse zu rechtfertigen. Freilich ist es dem 18-jährigen Tzimas angesichts seiner bereits gezeigten Leistungen zuzutrauen, eines Tages in solche Marktwertsphären aufzusteigen. Doch ob dieser Tag bereits 2025 kommt, ist fraglich. Zumal der FCN mit Can Uzun gerade erst ein frisches Beispiel hat, wie viel Geld man selbst für einen herausragenden 18-Jährigen in der 2. Liga erlösen kann. Uzun wechselte nach einer Saison mit 16 Toren und 2 Vorlagen in 30 Zweitligaspielen für 11 Millionen Euro zu Eintracht Frankfurt. Selbst wenn man mögliche Boni von 3 Millionen Euro einrechnet, liegt die Summe noch immer deutlich unter der kolportierten Kaufoption für Tzimas.
Frage der Finanzierung: „sehr viel Kreativität“
Neben der Frage, ob die Leistungen eines Zweitligaspielers eine Ablöse von 18 Millionen Euro rechtfertigen können, stellt sich die zentrale Frage der Finanzierung. Wie soll der finanziell angespannte 1. FC Nürnberg diesen potenziellen Rekordtransfer stemmen? Schließlich war der bislang teuerste Neuzugang des Clubs Virgil Misidjan, der 2018 für 3 Millionen Euro verpflichtet wurde. „Wir werden auf jeden Fall sehr viel Kreativität benötigen, um das irgendwie ermöglichen zu können“, erklärte Sportvorstand Joti Chatzialexiou jüngst bei Sky Sports News über die „horrende“ Summe und macht den Clubfans zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer.
Beispiel Fortuna & Tzolis
Tatsächlich gibt es kreative Modelle, um solche Transfers zu realisieren. Ein Beispiel liefert Fortuna Düsseldorf, die nach der vergangenen Saison die Kaufoption für Christos Tzolis in Höhe von 3,5 Millionen Euro zogen – mit dem Wissen, dass sie ihn wenig später mit einem Gewinn von rund 3 Millionen Euro weiterverkaufen könnten, wahrscheinlich sogar müssten. Im Fall von Tzimas wäre das finanzielle Risiko für den FCN angesichts der hohen Ablöse jedoch erheblich größer. Ein derartiger Deal wäre wohl nur dann machbar, wenn der Club bereits vor dem Ziehen der Kaufoption sicherstellen könnte, dass ein anderer Verein bereit ist, Tzimas direkt im Anschluss für mindestens 18 Millionen Euro zu verpflichten.
Tzimas: Verkauf mit Gewinn oder Leihverlängerung
Danach kämen zwei Szenarien infrage: Entweder verkauft der FCN Tzimas sofort mit Gewinn – analog zur Strategie der Fortuna bei Tzolis. Oder es könnte eine Vereinbarung getroffen werden, dass ein interessierter Verein die Kaufoption des FCN quasi finanziert, indem er Tzimas im Gegenzug verpflichten würde, während der Spieler für eine weitere Saison leihweise in Nürnberg bliebe. Dieses Modell könnte dem Club sportlich zugutekommen und gleichzeitig das finanzielle Risiko minimieren.
Eine andere Möglichkeit wäre eine Verlängerung der Leihe von Tzimas. Doch da sein Stammverein PAOK ihn entweder selbst einbinden oder ebenfalls auf dem Transfermarkt gewinnbringend verkaufen könnte, erscheint auch dieses Szenario eher unrealistisch.
Im Fußball ist alles möglich!
Letztlich bleibt den Verantwortlichen des FCN nur, abzuwarten, wie sich die Situation – vor allem auch seine Leistung – um Stefanos Tzimas entwickelt. Parallel könnten sie jedoch bereits im Hintergrund an Konzepten arbeiten, um entweder eine weitere Saison mit dem talentierten Stürmer in Nürnberg zu ermöglichen oder zumindest einen finanziellen Gewinn aus dem Leihgeschäft zu ziehen. Wie die Vergangenheit zeigt, müssten dafür jedoch zahlreiche Faktoren zusammenpassen – zumal auch der Spieler noch ein Wörtchen mitzureden hat.
Aber im oft unvorhersehbaren und emotionalen Fußballgeschäft ist nichts ausgeschlossen. Vielleicht findet Chatzialexiou tatsächlich eine kreative Lösung, die bisher niemand auf dem Zettel hat – schließlich bietet der verrückte Transfermarkt manchmal Überraschungen, die selbst die kühnsten Erwartungen übertreffen.
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