Trainingsauftakt ohne Horn
Am Dienstag startet der 1. FC Nürnberg mit Neu-Trainer Miroslav Klose in die Vorbereitung auf die Saison 2024/2025. Neben Johannes Geis, Christoph Daferner und Ahmet Gürleyen wird auch Jannes Horn nicht zum Trainingsauftakt erscheinen. Denn alle genannten Spieler wurden für Gespräche mit potenziellen neuen Arbeitgebern freigestellt, wie der Club verlauten ließ. Während es bei den ersten drei Namen durchaus abzusehen war, ist der bevorstehende Abschied von Horn durchaus überraschend – zumal mit Louis Breunig ein weiterer Linksfuß in der Innenverteidigung den FCN bereits endgültig Richtung Regensburg verlassen hat.
Überraschender Abschied Horns
Inwiefern der Abschiedsimpuls von Verein oder Spieler ausging, ist bislang nicht bekannt. Dass der Club Horn, der noch bis 2026 in Nürnberg vertraglich gebunden wäre, mit der Trainingsfreistellung wohl keine Steine in den Weg legen will, deutet allerdings auch daraufhin, dass man den 27-Jährigen ohnehin nicht als Stammpartner von Finn Jeltsch für die kommende Saison sah. Vielmehr scheint man sich auch auf der Innenverteidigerposition neu aufstellen zu wollen. Da Horn zwar Teil der zweitschlechtesten Defensive der vergangenen 2. Bundesliga-Saison war, aber dennoch selten mit groben Aussetzern abfiel, kommt der bevorstehende Abschied doch etwas überraschend.
Horn: statistisch gut
Rein statistisch war Horn mit einer Erfolgsquote von 72% sogar der beste Defensiv-Zweikämpfer des Club in der abgelaufenen Saison – und damit sogar im oberen Viertel der Zweitliga-Innenverteidiger. Zudem lieferte er auch im Spielaufbau mit über 8 progressiven Pässe pro 90 Minuten bei einer Präzision von fast 70% ordentliche Werte. Lässt man seine Saison nochmals Revue passieren, so waren auch krasse Stellungsfehler eher eine Seltenheit, weshalb er noch zu den konstanteren Nürnberger in einer schlechten Saison zählte.
Neuer Impuls für schwache FCN-Defensive
Allerdings finden sich auch viele Gründe, warum ein Abgang von Horn nachvollziehbar wäre. Zum einen wäre da das offensichtlichste Argument: 64 Gegentore nach 34 Spieltagen. Nachdem man die linke Abwehrseite mit Danilo Soares bereits neu besetzt hat, wären 3 der 4 Spieler der zuletzt auflaufenden Viererkette für die neue Saison übriggeblieben. Reflexartig macht sich der Gedanke breit: kann nur eine einzige Veränderung in einer Abwehrreihe, die die meisten Schüsse aller Teams zuließ, wirklich zu einer deutlichen Verbesserung beitragen? Freilich ist diesbezüglich die ganze Mannschaft inklusive Trainer in Verantwortung zu nehmen. Und dennoch ist es aus Sicht der Verantwortlichen verständlich, dass man sich nach so vielen Gegentoren verändern möchte. Dass diese Neuaufstellung nicht zu Lasten des talentierten Jeltsch‘ oder des spielstarken Gyamerahs geht, leuchtet ebenfalls ein.
Nicht nur wegen Horn: enorme Schwächen in der Luft
Neben diesem „Gefühl“, etwas ändern zu müssen, gibt es auch Zahlen, die dieses Gefühl zur Pflicht machen. Mit 15 Kopfballgegentoren kassierte der FCN die mit Abstand meisten in der abgelaufenen Zweitliga-Saison. Auch hier ist wieder zu betonen, dass es ein kollektives Versagen war, das nicht nur auf das letzte Duell in der Luft vor dem Gegentreffer zurückzuführen ist. Trotzdem ist die eklatante Kopfballschwäche in der Innenverteidigung nicht wegzudiskutieren. Nur 5 von insgesamt 69 Innenverteidigern hatten eine geringere Erfolgsquote bei Luftzweikämpfen als Jannes Horn (44%+). Was das Problem noch größer macht: sein Partner Finn Jeltsch hatte diesbezüglich sogar die schwächste Quote (32%+) vorzuweisen. Auch diese Zahlen lassen einen Wechsel auf der Innenverteidigerposition verständlicher wirken.
Horn zu wenig Leader?
Der vielleicht entscheidendste Grund für Horns Weggang könnte in der vielzitieren Achse liegen. Sportvorstand Chatzialexiou ließ anklingen, dass Hierarchie bei ihm eine wichtige Rolle spiele. Zudem wolle man – so schrieb die BILD – einen routinierten Abwehrmann verpflichten. Zwar befindet sich Horn mit seinen 27 Jahren im besten Fußballeralter und wurde auch von vielen als guter Typ wahrgenommen. Jedoch scheint man ihm die Rolle als Anführer einer stabileren Defensive als noch in der Vorsaison nicht zuzutrauen. Anscheinend stach er sowohl verbal als auch leistungstechnisch zu selten als Leader hervor.
Anspruchsvolles Innenverteidigerprofil
Viele Gegentore, eine enorme Schwäche in der Luft und fehlende Führungsqualitäten. Es gibt durchaus Gründe, die den bevorstehenden Abgang von Jannes Horn aus Club-Perspektive nachvollziehbar machen. Jedoch gibt es auch Gründe, die einen gemeinsame Zukunft ermöglicht hätten. Neben seiner Defensiv-Qualitäten und Spielstärke wäre er auch als Kandidat für die Linksverteidigerposition denkbar gewesen. Ebenso steht der 1. FC Nürnberg nun vor der schwierigen Aufgabe, einen Nachfolger für seine Position zu finden. Schließlich ist das Anforderungsprofil sehr anspruchsvoll bestückt: Spielstärke, Führungsqualitäten, Qualitäten im Luft- und Bodenzweikampf sowie ein linker Fuß.
FCN mit erhöhten Ansprüchen?
Wenn man noch etwas Positives aus dieser Meldung herausziehen möchte, so kann man Horns Abgang so interpretieren, dass sich der 1. FC Nürnberg nicht mehr so leicht zufriedengeben möchte. Stattdessen scheint man auf der Innenverteidigerposition die Ansprüche deutlich erhöht zu haben. Nun gilt es für Joti Chatzialexiou und Olaf Rebbe diesen Ansprüchen gerecht zu werden und die nicht nur in der Defensive vorhandenen Kaderbaustellen zu schließen. Nicht auszuschließen bleibt abschließend, dass möglicherweise der Verein – wie bei Cristian Fiél – gerne mit der Personalie weitergemacht hätte. Wie eingangs erwähnt deutet die Trainingsfreistellung jedoch nicht darauf hin.
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