Warum Kloses Matchplan zum FCN-Sieg führt

In einem äußerst wilden Spiel setzte das Nürnberger Trainerteam auf einen spannenden Matchplan. Trotz einer veränderten Herangehensweise blieben viele Muster der vergangenen Wochen erkennbar. Auch als der FCN ins Wanken geriet, blieb er aktiv. Mehr dazu in der Spielanalyse beim CLUBFOKUS.

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Foto: DO IT NOW Media

Kloses Vorfreude

„Wir haben einen Matchplan entwickelt, auf den ich mich sehr freue“, verriet FCN-Trainer Miroslav Klose vor der Partie gegen den FC Magdeburg. Dass dieser über ganz weite Phasen aufging und am Ende mit drei Punkten belohnt wurde, dürfte den 46-Jährigen noch glücklicher machen. Aber der Reihe nach. Die Aufstellung war durchaus ein wenig überraschend. Nachdem Rafael Lubach in der Vorwoche Jens Castrop bravourös ersetzte, durften diesmal beide von Beginn an auflaufen. Leidtragender war Mahir Emreli, der über 90 Minuten auf der Bank verweilen musste.

Neuigkeiten beim FCN

Magdeburgs Trainer Christian Titz sagte im Vorfeld der Begegnung, dass er nicht genau wisse, wie der 1. FC Nürnberg auftreten wird. Er bekam etwas Neues zu sehen. Dass der FCN mit vier Mittelfeldspielern aufläuft, war kein Novum. Dass man sich im Spiel gegen den Ball in einem 5-4-1 anordnete, war hingegen neu. Angesichts der Magdeburger Spielweise eine clevere Wahl, da man dadurch sowohl in der Breite als auch in der Tiefe sehr kompakte Abstände hatte und die gegnerischen Stärken eindämmen konnte. Neu war auch, dass Robin Knoche beim eigenen Abstoß sich auf der Sechs positionierte, dies übernahm zuvor fast immer Finn Jeltsch.

Kompakte Klose-Elf

In der neuen Struktur gegen den Ball präsentierte sich die Nürnberger Mannschaft sehr gut auf den Gegner eingestellt. Und – was mindestens genau so wichtig war – sie war aktiv. Obwohl man auf eine deutlich tiefere Herangehensweise setzte, wurde man nicht passiv. Ab circa zehn Meter hinter der Mittellinie schaffte man es, immer wieder den ballführenden Spieler unter Druck zu setzen. Mit klugen Anlaufwinkeln verteidigte das engmaschige Mittelfeld nach vorne, sodass sich Magdeburg zunächst schwer tat, progressiv in der Spieleröffnung zu werden. Man verstand es ebenfalls gut, auf die Ballseite zu schieben, sodass Magdeburg sich nicht über das Zentrum hinweg auf die andere Seite durchspielen konnte.

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Da Magdeburg das Spiel sehr in die Breite und Tiefe streckt, ist ein hohes Pressing sehr schwierig dagegen. Der FCN entschied sich für einen tieferen Block, wurde darin aber selten zu passiv. Man schaffte es zumeist, Balldruck zu bekommen, entstehende Zwischenräume zu schließen und dennoch gut die gegnerischen Tiefenläufe zu verteidigen.

Der Wahnsinn geht los

Es dauerte nicht lange, bis der Wahnsinn in der Avnet-Arena seinen Lauf nahm. Nach einem Eckball kam Julian Justvan unbedrängt zur Flanke, Ondrej Karafiat löste sich geschickt am kurzen Pfosten und traf dementsprechend vor seinem Gegenspieler per Kopf zur Führung. In der Folge hatte Nürnberg nur selten den Ball, schaffte es durch die gute Organisation aber, sowohl die Zwischenräume als auch die Tiefe gut zu verteidigen, da man gut nach vorne durchschob, sobald Magdeburg eine Linie überspielte. Alles konnte man aber freilich nicht verteidigen und vom eigenen Tor weghalten. Das 1:1 fiel jedoch nicht aus dem Spiel heraus, sondern nach einem Foulspiel von Kapitän Robin Knoche. Den fälligen Freistoß verwandelte Mathisen zum Ausgleich.

Yilmaz‘ Spielen und Gehen als Türöffner

Der Club hatte kaum längere Ballbesitzphasen, das war offensichtlich aber auch nicht das Primärziel. Magdeburg presste Mann-gegen-Mann, was eine ruhige Ballzirkulation schwierig macht. Umso wichtiger sind Spieler, die diesen Druck auflösen können. Einer davon ist Berkay Yilmaz, der in der Entstehung zum Elfmeter vor dem 1:2-Führungstreffer eine entscheidende Rolle spielt. Er erhält links hinten den Ball und spielt ihn auf Torhüter Jan Reichert zurück. Er bleibt jedoch im Anschluss nicht stehen, sondern bewegt sich in die Mitte. Dort bekommt er von seinem Torwart erneut den Ball.

Durch eine Drehung lässt er Gegenspieler Atik stehen und findet Jens Castrop auf der linken Seite. Erneut bleibt die Leihgabe aus Freiburg jedoch nicht stehen, sondern läuft in den freien Raum vor Castrop. Am Ende ist es dann von Lubach und Justvan stark zu Ende gespielt und von Knoche eiskalt verwandelt. Das „Spielen und Gehen“, das ein immer wieder erkennbares Muster im Nürnberger Spiel ist, ebnete aber erst den Weg dahin.

Nürnberg mit Ideen – und Glück

Das 1:3, das kurz danach fällt, ist am Ende sicherlich Glück. Dass Castrops Abschluss von Hugonet so abgefälscht wird, passiert nicht jedes Mal. In der Entstehung war aber erneut ein klarer Plan erkennbar. Tim Drexler spielt einen langen Ball, da er zugepresst wird. Lubach ist jedoch auf diesen vorbereitet und bringt seinen Körper zwischen Ball und Gegenspieler, sodass er ihn mit der Brust ablegen kann.

Caspar Jander antizipiert dies frühzeitig, rückt entsprechend nach, kommt an den Ball und schon ist der Club in einer aussichtsreichen, konterähnlichen Situation. Eine Verlagerung – und ein bisschen Glück – später liegt der Ball im Magdeburger Netz. Auch hier war das Spiel über den Dritten, also von Drexler über Lubach auf Jander, ein klar erkennbares Stilmittel der Nürnberger.

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Man kann blind lange Bälle schlagen und man kann durch lange Bälle ein hohes Mann-gegen-Mann Pressing effektiv überspielen. Beim Nürnberger 1:3 passierte zweiteres.

Thema Effektivität

Dass der 1. FC Nürnberg zur Pause mit 1:3 vorne lag, war aber natürlich auch der eigenen Effektivität geschuldet. Diese fehlte jedoch nach der Pause. Denn auch hier schaffte man es zu Beginn ab und an, sich aus dem Gegnerdruck zu befreien. Aufgrund des hohen Magdeburger Pressings war deren Restverteidigung in der hintersten Linie natürlich schon luftig. Einige aussichtsreiche Situationen spielte man jedoch nicht sauber zu Ende, zudem vergab Stefanos Tzimas freistehend vor FCM-Torwart Reimann.

Anrennende Magdeburger

Auf der anderen Seite war es schon beeindruckend zu sehen, wie Magdeburg nicht müde wurde und die Intensität hochhielt. Viele Sprints, viele Tiefenläufe und so weiter. Auch die Einwechslung von Zielspieler Holmström machte sich bemerkbar. Im Laufe des zweiten Durchgangs, spätestens als Magdeburgs Burcu auf die linke Seite wechselte, wurde der Druck sehr groß. Im Zusammenspiel mit Atik hatte die rechte Nürnberger Defensivseite rund um Oliver Villadsen große Probleme. Entweder im isolierten 1-gegen-1 oder durch ein gutes Zusammenspiel der beiden Magdeburger, die oft in Richtung Box eindringen konnten.

Justvan trotzt Standardschwäche

Aus dem Spiel heraus blieb der Club dennoch stabil, zumindest kassierte man kein Gegentor daraus. Stattdessen sah man bei Defensivstandards alles andere als gut aus. Eine kurz ausgeführte Ecke führt zum 2:3 durch Kaars. Und auch den Freistoß vor dem 3:3 durch Hugonet verteidigt man in der Box denkbar schlecht. So brachte man sich relativ unnötig und deutlich zu einfach um den verdienten Lohn, den man sich durch eine extrem disziplinierte Arbeit gegen den Ball erarbeitet hatte. Der Wahnsinn war jedoch noch nicht zu Ende, sondern ging erst richtig los. In der Schlussphase ergaben sich große Umschaltchancen – und das auf beiden Seiten. Um es abzukürzen: Ein stark durchgespielter Angriff über Justvan und Neuzugang Janis Antiste sorgt für den 3:4-Auswärtssieg in einer äußert wilden Partie.

Starker Matchplan des Trainerteams

Um auf den Artikelbeginn zurückzukommen: „Wir haben einen Matchplan entwickelt, auf den ich mich sehr freue“, sagte Nürnbergs Coach Miroslav Klose. Und tatsächlich war es ein Matchplan, für den das Trainerteam ein Kompliment verdient. Man präsentierte sich so kompakt wie nicht immer in der Spielzeit. Nach vorne war es deutlich vertikaler als in den vergangenen Wochen – ohne aber dabei die eigenen Prinzipien und Muster aufzugeben, sie wurden lediglich an den Gegner angepasst und anders ausgespielt. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass das Spielglück es mit dem FCN heute gut meinte. Dass man sich Glück erarbeiten kann, hat man jedoch auch gesehen. Denn der FCN war trotz der geringen Spielanteile aktiv, allen voran das Mittelfeld um Jander und Lubach. Der 1. FC Nürnberg präsentierte sich leidensfähig, wenn Magdeburg den Ball hatte. Oder, um es mit den Worten der CLUBFOKUS-Spielvorschau abzuschließen: „Leidensfähigkeit, die sich am Ende aber lohnen könnte, um die eigene Auswärtsbilanz aufzubessern.“