Startelf der Vorwoche
Mit vielen Veränderungen im Vergleich zum Auswärtssieg in Magdeburg war beim 1. FC Nürnberg gegen Ulm nicht zu rechnen. Am Ende entschied sich das FCN-Trainerteam sogar für exakt die Startelf aus der Vorwoche. Dementsprechend stand mit Stefanos Tzimas erneut nur ein nomineller Angreifer in der Startelf, stattdessen wurde das Mittelfeld verstärkt.
Dass der Tabellenvorletzte zu Gast im Max Morlock Stadion war, sah man jedoch lange Zeit nicht. Was zum einen mit der Nürnberger Leistung, aber vor allem auch mit den Ulmern zu tun hatte. Auch wenn die Tabelle eine andere Sprache spricht, kam dies nicht von irgendwoher. Schließlich verlor der Aufsteiger acht seiner zehn Niederlagen zuvor mit lediglich einem Tor Unterschied.
Defensive dominiert
Der FCN setzte im Spiel gegen den Ball erneut auf ein 5-2-2-1-System mit Julian Justvan und Jens Castrop hinter Sturmspitze Tzimas. Man versuchte aber nur selten, die erste Ulmer Aufbaulinie unter Druck zu setzen, sondern gestattete dem 3er-Aufbau der Gäste, bei denen sich die beiden Sechser Brandt und Hyrläinen oft versetzt davor anboten, relativ viel Zeit.
Umso aktiver war dafür die FCN-Hintermannschaft, die sich auf die Angriffsmuster des Tabellensiebzehnten gut vorbereitet präsentierte. Ulm versuchte entweder mit Vertikalpässen und darauffolgenden Ablagen in Richtung letztes Drittel zu kommen, oder mit Pässen in den ballfernen Halbraum für Progression zu sorgen. Da Robin Knoche, Tim Drexler und Co. dies aber oftmals gut antizipierten, konnte man diese Situationen frühzeitig entschärfen, weshalb Ulm lange Zeit kaum nennenswert in Richtung Jan Reichert kam.
Zähe Partie
So wirklich viel Torgefahr versprühte der 1. FC Nürnberg aber lange Zeit auch nicht, zumindest konnte man die Ansätze nicht zu torgefährlichen Abschlüssen umwandeln. Ulm verteidigte im 5-2-1-2 und versuchte so unter anderem FCN-Regisseur Caspar Jander aus dem Spiel zu nehmen. Dieser verstand es aber, sich in der Folge entweder so zu positionieren, dass er hinter den drei Offensivspielern der Gäste anspielbar war oder den Passweg in Richtung Offensive öffnete. Schaffte die Mannschaft von Miroslav Klose, in den Rücken der Ulmer Offensive zu kommen, waren durchaus Räume da. Missverständnisse, schlechte Entscheidungen und sehr leidenschaftlich verteidigende Gäste verhinderten jedoch mehr.
Durchbrüche gegen Größe
Alle drei Innenverteidiger des SSV Ulms verzeichneten eine Körpergröße von 1,94 Metern. Zusammen mit Sechser Hyrläinen, der sogar 1,99 Meter groß ist, waren dementsprechend viele Höhenmeter in der Gäste-Defensive vorhanden. Luftduelle in der gegnerischen Box waren somit nur wenig vielversprechend für den Club. Diese forcierte man auch nicht. Stattdessen versuchte man, mit Durchbrüchen bis zur Grundlinie für Gefahr zu sorgen und wollte von dort aus im Strafraum oder Rückraum Abnehmer finden.
Vor allem über die linke Seite gelang dies im Ansatz oft. Berkay Yilmaz und Jens Castrop wechselten sich bezüglich der Rolle des Breitengebers ab, dazu kam oftmals Rafael Lubach dazu, der aus dem Zentrum heraus zum Überladen nach links kam. Ähnliches spielte sich auch bei Eckbällen ab. Denn diese spielte der FCN fast immer kurz aus und brachte wenn dann im Anschluss aus dem Halbfeld die Flanke in Richtung zweiten Pfosten.
Starker Reichert
Nach einem leistungsgerechten 0:0 zur Pause hatten die Gäste den bis dato gefährlichsten Abschluss der Partie. Nach einem Nürnberger Ballverlust durch Castrop konterte Ulm, vergab aber am Ende durch Batista Meier relativ freistehend an Nürnbergs Reichert. Der 23-Jährige präsentierte sich auch abgesehen davon als sehr sicherer Rückhalt. Die oben beschriebenen – aus FCN-Sicht – Defizite in puncto Körpergröße hätten vor allem bei Standards defensiv gefährlich werden können. Dass aus diesen nichts anbrannte hatte vor allem auch mit dem souveränen Nürnberger Torwart zu tun, der viele davon mit einer guten Strafraumbeherrschung entschärfen konnte.
Entscheidender Moment
Auch wenn die Franken bereits vor dem Ulmer Platzverweis die Schlagzahl etwas erhöhten, war rückblickend die 59. Minute sicherlich eine spielentscheidende. Denn Maurice Krattenmacher flog aufgrund einer Schwalbe mit Gelb-Rot vom Feld. In dieser Situation hatte der FCN sicherlich Glück. Denn das Zentrum war vorher sehr offen, wodurch der Pass auf Krattenmacher erst gespielt werden konnte. Da aber wohl kein Foul vorlag, war es eine harte, aber vertretbare Entscheidung. Sie sollte die Statik des Spiels entscheidend verändern.
Massiver Block
In Überzahl musste der FCN einen tiefen 5-2-2-Block bespielen. Da Ulm sehr massiert und auch gut die eigene Box schützte, war es keine einfache Aufgabe. Der Club reagierte darauf nicht nur personell, indem Janis Antiste und Danilo Soares in das Spiel kamen, sondern auch strukturell. Tim Drexler schob nun regelmäßig auf die Sechserposition, da Ulm mit einem Mann weniger vorne anlaufen konnte. In der Folge kam Nürnberg öfter zu Chancen, spielte aber dennoch häufig um den Block der Gäste herum, sodass hochkarätige Schusschancen sich nur selten auftaten.
Geduld zahlt sich aus
Nun kann man sicher argumentieren, dass dem FCN auch in Überzahl die Zielstrebigkeit etwas abging, so wirklich zwingend wurde es nämlich selten. Auf der anderen Seite behielt man stets eine gute Restverteidigung bei, blieb diszipliniert in seinen Positionen und wurde nicht hektisch. Diese Ruhe, auch mit fortlaufender Spieldauer den eigenen Abläufen treu zu bleiben, zahlte sich am Ende erneut aus.
Caspar Jander hatte da in der 86. Minute so eine Idee – und das ist immer gut. Bedenkt man, dass es für ihn aufgrund privater Gründe, wohl kein einfaches Spiel war, nötigt einem die Leistung des Mittelfeldspielers umso mehr Respekt ab. Dessen Traumtor vergoldete in der Nachspielzeit Neuzugang Antiste, der erneut andeutete, dass sein Spielerprofil noch ein großer Mehrwert für den Club sein kann.
FCN im Flow
Es war sicherlich nicht die spektakulärste Nürnberger Leistung der laufenden Saison. Aber es war erneut ein kontrollierter Auftritt. Dass man offensiv für Tore gut ist, bewies man erneut. Und auch die neugewonnene defensive Stabilität war zu sehen – gegen einen Gegner, der sich auch nach dem Spiel wieder fragen wird, warum man denn eigentlich so weit unten in der Tabelle steht. Denn abgesehen vom Punch im letzten Drittel ist die Ulmer Mannschaft nicht so schlecht, wie es die Platzierung vermuten ließe. Das wird dem 1. FC Nürnberg aber herzlich egal sein. Denn der fünfte Sieg aus den letzten sechs Partien spricht eine klare Sprache. Auch die Spielverläufe meinen es derzeit gut mit dem FCN. Aber wie heißt es so schön: Immer Glück ist dann am Ende doch Können.