Jahresauftaktsieg gegen Hansa Rostock: Start einer Serie für den 1. FC Nürnberg?
Nach dem erfolgreichen Jahresauftakt gegen Hansa Rostock kann der 1. FC Nürnberg relativ entspannt zum Auswärtsspiel nach Hannover fahren. Denn mit nun 27 Punkten aus 18 Spielen steht man sogar im oberen Mittelfeld der Tabelle und muss aktuell keinen Absturz nach unten fürchten. Zu abgeklärt war die Leistung der Fiél-Elf gegen den nun 10 Punkte entfernten Tabellensiebzehnten der Liga. Stattdessen kann der Blick vorsichtig nach oben gerichtet werden. Schließlich ist der Club dem Aufstiegsrelegationsplatz näher als den Niederungen der Tabelle.
Dass die Mannschaft trotzdem nicht zu entspannt auf das kommende Spiel gegen Hannover 96 blickt, wird Trainer Cristian Fiél zu verhindern wissen. Schließlich hätte man mit einem Auswärtssieg die große Chance, weiter in der Tabelle zu klettern. Insbesondere wenn man bedenkt, dass in den darauffolgenden beiden Spielen die Aufsteiger aus Osnabrück und Wiesbaden warten. Aber was heißt das schon in dieser umkämpfen 2. Bundesliga und speziell beim Club. Deswegen gilt es zunächst den vollen Fokus auf den kommenden Gegner zu richten.
Trotz Sieglos-Serie: Hannover 96-Trainer Leitl zufrieden
Was für den Club aktuell eine zufriedenstellende Situation darstellt, ist für Hannover 96 deutlich zu wenig. Denn nach zuletzt 6 sieglosen Spielen findet sich die Mannschaft von Trainer Stefan Leitl mit 25 Punkten im grauen Mittelmaß der Tabelle wieder. Den Ansprüchen, um die vorderen Plätze mitzuspielen, kann man bisher nicht gerecht werden. Obwohl auch beim 2:2-Rückrundenstart in Elversberg der erhoffte Befreiungsschlag ausblieb, sollte der 1. FC Nürnberg dennoch gewarnt sein. Fast über eine Stunde lang boten die Roten ein starken Auswärtsauftritt, den man sich durch schläfrige drei Minuten fast gänzlich zu Nichte machte. Trainer Leitl zeigte sich dessen ungeachtet zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft.
Ähnlich wie Selimbegovic mit Rostock feilte auch Leitl mit Hannover in der Winterpause an der Taktik. Nachdem die 96er in der Hinrunde ausschließlich mit einer Dreierkette ins Spiel gingen, scheint Leitl nun wieder auf seine altbewährte 4-Raute-2-Formation, mit der er schon mit so manchem fränkischen Verein erfolgreich war, zu setzen.
Leitls Wunsch nach mehr Vertikalität bei H96: Umstellung auf Mittelfeldraute
An der grundsätzlichen taktischen Herangehensweise dürfte sich jedoch wenig geändert haben bei Hannover 96. Mit präzisen langen Pässen sollen die gegnerischen Linien überspielt werden. So zu sehen beim 2:2 in Elversberg, als man sich mit zwei langen Flachpässen von der eignen Hälfte bis in den gegnerischen Sechzehner spielte. Dominante Ballbesitzphasen, ebenfalls wie zuletzt in der ersten Halbzeit in Elversberg zu sehen, sind dennoch Teil des Spiels. Was Leitl zur Umstellung auf zwei statt drei Innenverteidigern bewegt haben könnte, ist die fehlende Vertikalität im Spielaufbau. Zu häufig wurde nach Empfinden des Trainers im Dreier-Aufbau quergespielt, statt den richtigen Moment zur Spieleröffnung zu nutzen. Durch einen zusätzlichen Mittelfeld soll der ohnehin schon starke Fokus aufs Spiel durchs Zentrum nochmals erhöht werden. Prozentual gesehen gab es bisher kaum eine Mannschaft in der 2. Bundesliga, die häufiger durchs Zentrum angreift.
Variabilität durch offensive Außenverteidiger
Gleichzeitig will man sich durch die hoch aufrückenden Außenverteidiger Variabilität im Angriff bewahren. Nicht umsonst gehören die beiden Außenverteidiger Muroya und Köhn zu den offensiv aktivsten Spielern bei den Niedersachsen. Insbesondere letzterer soll durch lange Pässe auf den Flügel in Szene gesetzt werden, um in der Folge den Ball in den Rücken der gegnerischen Abwehr zu flanken oder ins 1-gegen-1 zu gehen. Dass Hannover 96 vor allem aus dem laufenden Spiel noch Probleme bei der Chancenkreation hat, beweisen diverse Statistiken. Sowohl was Expected Goals als auch erfolgreiche Pässe hinter die Kette angeht, findet man sich im Tabellenkeller wieder. Deswegen ist es umso wichtiger, dass man bisher eine starke Chancenverwertung vor dem Tor zeigt.
Hannover 96: starke Abwehrarbeit
Deutlich effizienter ist die Hannoveraner Arbeit gegen den Ball, die zu den besten der Liga zählt. Auch aufgrund einer hohen Intensität im Pressing und Gegenpressing lässt nur St. Pauli weniger Großchancen des Gegners zu. Da man häufig Druck auf den Ball ausübt, schafft man es die Tiefe hinter der hochstehenden Abwehrkette gut zu verteidigen. Die individuell stark besetzte Abwehr der 96er bietet dem Gegner nur wenig Lücken, indem sie kompakt verteidigt und viele gegnerische Pässe abfängt.
Hannovers Stärken: Gegner stressen & Bälle erobern
Durch das intensive Spiel gegen den Ball konnte Hannover 96 bereits einige Tore nach hohen Ballgewinnen erzielen. Dass man unter den Mannschaften mit mindestens 50% Ballbesitz die drittmeisten Balleroberungen verzeichnet, verdeutlich die Aggressivität der Leitl-Elf. Dadurch unterbindet man häufig das geordnete Spiel des Gegners. Nur zwei Teams ziehen die Passquote des Gegners im Durchschnitt stärker herunter als die 96er.
Hannovers Schwächen: wenig Ballbesitz gleich wenig Torgefahr
Die fehlende Vertikalität im Hannoveraner Spiel macht sich nicht nur im geordneten Ballbesitz bemerkbar. Sowohl was die Qualität und Quantität der Chancen als auch die Tore nach Kontern angeht, gehört man zur schlechteren Hälfte aller 2. Liga-Teams. Darüber hinaus kann man in Spielen mit weniger Ballbesitz nicht mal halb so viel Torgefahr aus dem eignen Ballbesitz entwickeln, wie im Vergleich zu Spielen mit mehr als 50% Ballbesitz. Es scheint so, also fehle Hannover das Tempo, um die langen Wege Richtung Offensive schnell zu überbrücken.
Key Player: Spielmacher Marcel Halstenberg
Eine nicht unwesentlicher Faktor für den Erfolg des Spiels gegen Hannover 96 wird für den FCN sein, wie man sich als Mannschaft verhält, wenn 96-Abwehrchef Marcel Hastenberg im Ballbesitz ist. Neben seiner Aufgabe als Organisator der Defensive nimmt der Ex-Nationalspieler auch im Ballbesitz eine tragende Rolle bei Hannover ein. Mit seinem starken linken Fuß eröffnet er nicht nur häufig das Spiel seiner Mannschaft, sondern spielt darüber hinaus gefährliche lange Pässe hinter die gegnerische Abwehrkette. In sämtlichen Passstatistiken zählt er zu den Top-10 aller 2. Ligaspieler und ist somit unverzichtbar für die Roten.
Key to Win: Tiefe verteidigen und bespielen
Folglich ist es für den 1. FC Nürnberg sehr wichtig, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn Halstenberg am Ball ist. Sollte der 32-Jährige ohne Druck agieren können, gilt es sich schnell fallen zu lassen, um den Raum hinter der Kette für seine präzisen langen Pässe möglichst klein zu halten. Dies gilt insbesondere für die Cluberer-Außenverteidiger, die aufgrund ihrer zentrumsorientierten Rolle bei Ballverlust schnell umschalten müssen. Bei zu später Rückkehr auf die defensive Außenbahn droht ein Durchbruch der aufrückenden 96-Außenverteidiger. Sollte man dies berücksichtigen und das Zentrum ähnlich kompakt halten wie zuletzt gegen Rostock, stehen die Chancen gut, wenig Torchancen zuzulassen. Im Spiel mit Ball gilt es Lösungen gegen ein voraussichtlich enges Zentrum der Leitl-Elf zu finden. Die größten Chancen könnten sich für den Club ergeben, wenn es gelingt, das aggressive Pressing von Hannover 96 zu überspielen. Dass man in der bisherigen Saison ein gutes Mittelmaß zwischen kontrolliertem Aufbau und langem Schlag fand, gibt Hoffnung, sich hinter die hochstehende Hannoveraner Kette über die schnellen Flügelstürmer zu spielen.
Ausblick: Spiel auf Augenhöhe zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Nürnberg
Anders als noch in der Vorwoche geht der 1. FC Nürnberg diesmal nicht favorisiert in die Partie. Schon alleine der Blick auf die Tabelle verspricht eine Duell auf Augenhöhe an diesem 19. Spieltag der 2. Bundesliga. Da Hannover seit immerhin 6 Heimspielen ungeschlagen ist, wartet eine schwere Aufgabe auf die Mannschaft von Trainer Cristian Fiél. Ein Auswärtssieg würde den eingangs thematisierten Blick weiter nach oben richten lassen. Nichtsdestotrotz wäre ein Punktgewinn bei qualitativ stark besetzten Hannoveranern in der Heinz-von-Heiden Arena vor ca. 25.000 erwarteten Zuschauern ein Erfolg.
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Fotoquellen:
Steffen Prößdorf, 2020-03-10 Fußball, Männer, UEFA Champions League Achtelfinale, RB Leipzig - Tottenham Hotspur 1DX 3674 by Stepro, CC BY-SA 4.0
Heinz von Heiden GmbH Massivhäuser, Heinz von Heiden Arena Innenraum 2, CC BY-SA 4.0