Trainingsrückstand & neue Anforderungen: Gyamerah verlässt den FCN

Der Trainingsrückstand sowie die Konkurrenz auf seiner Position waren groß. Zudem hätte er als Rechtsverteidiger sein Spiel umstellen müssen. Trotzdem ist der Abgang von Jan Gyamerah vom 1. FC Nürnberg zum 1. FC Kaiserslautern bedauerlich.

Jan Gyamerah 1. FC Nürnberg FCN Analyse transfermarkt wechsel Rechtsverteidiger Miroslav klose Trainer Club Glubb
Foto: fcn.de

Gyamerah mit großem Trainingsrückstand

Die Zukunft von Jan Gyamerah beim 1. FC Nürnberg schien ungewiss. Zum einen, weil der 29-Jährige lange mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte und bereits einen Großteil der Vorbereitung des 1. FC Nürnbergs verpasste. Schließlich waren ihm seine Mannschaftskollegen bereits gut einen Monat an Trainingseinheiten voraus. Immerhin kehrte „Gyambo“ am Dienstag auf den Platz zurück, um zunächst mit Individualtraining seine Aufholjagd auf den Rest der Mannschaft zu starten – sollte man zumindest gemeint haben. Denn inzwischen steht fest: Gyamerah verlässt den FCN und wechselt zum Ligakonkurrenten 1. FC Kaiserslautern. Nach Transfermarkt-Infos wird für Gyamerah eine Ablöse in Höhe von rund 400.000 Euro fällig. Bereits vor zwei Wochen thematisierte FCN-Trainer Miroslav Klose Gyamerahs den Trainingsrückstand, der jetzt kein Thema für den Club ist.


„Ich habe mit ihm gesprochen, dass er Nachholbedarf hat, aber mit ist wichtig, dass ich den Spieler dann gesund bei mir habe.“

Miroslav Klose
über Jan Gyamerah via BILD


Große Konkurrenz auf der Rechtsverteidigerposition

Zum anderen musste Gyamerah seinen Trainingsrückstand nicht nur gegenüber Valentini und Hofmann, sondern nun auch auf Jan Jurcec aufholen. Bekanntermaßen überzeugte der Testspieler die Club-Verantwortlichkeiten (so Chatzialexiou via BILD), weshalb man den 23-jährigen Kroaten unter Vertrag nehmen möchte. Somit hätten für die Position des Rechtsverteidigers vier Kandidaten zur Verfügung gestanden. Hätte der FCN bei diesem Überangebot noch einen Spieler auf dieser Position abgeben wollen, wäre wohl Gyamerah die wahrscheinlichste Option gewesen. Und genau dieser Fall traf nun ein. Bei Identifikationsfigur Valentini, dessen Vertrag man erst im März verlängerte, stellte sich die Frage eines Abgangs nicht. Und auch auf NLZ-Spieler Jannik Hofmann, der im Februar für die Profis debütierte, scheint man bauen zu wollen. Alternativ hätte es die Option gegeben, Gyamerah ins Mittelfeldzentrum zu beordern. Doch nun entschied man sich dafür, den ehemaligen Hamburger abzugeben.

Breite statt inverse Außenverteidiger unter Klose

Ein weiterer Aspekt, der für den Abgangs Gyamerahs gesprochen haben könnte, ist die Interpretation der Rechtsverteidigerposition unter Klose. Anders als unter Fiél, als die Außenverteidiger invers agierten, sollen sie unter dem neuen Trainer die Breite halten und als Flügelspieler im Spiel mit Ball fungieren. Insbesondere Gyamerah war mit seiner Ballkontrolle und Technik prädestiniert für das Zentrum. Unter Klose hätte er sein Spiel, das in den letzten Jahre nur selten an der Außenlinie stattfand, umstellen müssen. Dies zeigt auch ein Blick auf die abgelaufene Saison. Unter allen Außenverteidiger der 2. Bundesliga mit mindestens 1.500 Einsatzminuten zählte Gyamerah zu den 25%, die die wenigsten Flanken schlugen. Ein Stilmittel, das von einem Flügelverteidiger gefordert sein wird.

Gyamerah vor vielen Jahren: jung & dynamisch

Dass Gyamerah diese Rolle des Außenverteidigers trotzdem zuzutrauen gewesen wäre, verrät nicht nur seine Spielintelligenz, sondern auch ein Blick in seine Vergangenheit. Allerdings muss man diesbezüglich schon einige Jahre zurückgehen. In der 2. Bundesliga-Saison 2016/2017 war der damals 20-jährige Gyamerah für den VfL Bochum als offensivfreudiger Flügelverteidiger unterwegs. In über 1.000 Einsatzminuten auf dieser Position absolvierte Gyambo über 5 Dribblings pro 90 Minuten, in denen er in 60% der Fälle den Ball behauptete. Zudem fanden ein Drittel seiner über 4 Flanken pro 90 Minuten den Mitspieler. Verglichen mit der abgelaufenen 2. Bundesliga-Saison konnte nur Derrick Köhn diese Offensivwerte in dieser Kombination und Quantität vorweisen, was die Dynamik des damaligen Spiels von Gyamerah verdeutlicht. Hinzu kommt, dass er mit über 9 Defensiv-Duellen pro 90 Minuten die rechte Seite in beiden Richtungen beackerte. Es wäre vermessen zu glauben, dass Gyamerah diese Werte problemlos acht Jahre später erneut liefern könnte. Trotzdem ist ihm auch heute noch bei Rückkehr zu vollständiger Fitness zumindest ansatzweise eine derartige Rolle zuzutrauen. Zumal Gyamerah mit einem Top-Speed vom 34.4 km/h (immerhin fünftschnellster beim Club 2023/2024) das nötige Tempo mitbringt.

Trotz Ungewissheit zuletzt: Gyamerah-Abgang schade

Aufgrund der Spielintelligenz, Technik und Vielseitigkeit ist es trotz des quantitativen Überangebots auf der Rechtsverteidigerposition dennoch schade, dass Jan Gyamerah den 1. FC Nürnberg verlässt. In der Defensive ist der Rechtsfuß auf nahezu jeder Position einsetzbar. Selbst wenn Klose im Laufe der Saison über eine Dreierkette nachgedacht hätte, wäre Gyamerah als Halbverteidiger einsetzbar gewesen. In seiner Zweitliga-Karriere kann er bereits auf über 3.000 Einsatzminuten (entspricht in etwa einer ganzen Saison) als Innenverteidiger zurückblicken. Ungeachtet dessen wäre ein fitter Gyamerah aus Sicht des CLUBFOKUS auch in einer breiteren Positionierung die Nummer 1 Option auf der Rechtsverteidigerposition gewesen – denn dafür sind seine Qualitäten allemal hoch genug. Nichtsdestotrotz ist es nicht völlig verwunderlich, dass es nun zu einer Trennung kam. In Kaiserslautern muss sich Gymaerah ebenfalls dem Konkurrenzkampf mit zwei weiteren Rechtsverteidiger stellen. Doch auch eine Rolle im zentralen Mittelfeld wäre ihm allemal zuzutrauen. Beim FCN hingegen muss man sich die Frage stellen, ob man auf der Rechtsverteidigerposition noch qualitativ ausreichend besetzt ist.


Dir hat dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns freuen und weiterhelfen, wenn du unsere Arbeit honorierst!