Zu viele Gegentore
Standardsituationen sind und bleiben ein Dauerthema beim 1. FC Nürnberg. Aus dem Spiel heraus verteidigte der FCN zuletzt sehr stabil, ist bei gegnerischen Flanken aufmerksam und seit fünf Spielen ohne Gegentor. In diesem Zeitraum kassierte man dennoch fünf Gegentreffer – alle davon nach ruhenden Bällen. Anteilig kassiert sogar kein Team mehr Tore nach Standardsituationen als der Club.
Auch Julian Justvan legt hier den Finger in die Wunde: „Bei Standards sind wir zu anfällig. Es ist extrem bitter, wenn du ein Spiel nur durch Standards verlierst. Da müssen wir gucken, dass wir besser werden und die Gier haben, um es besser zu verteidigen.“
Nürnberger Mischform
Man kann gegnerische Standardsituationen im Mann-gegen-Mann, im Raum oder mit einer Mischform verteidigen. Beim FCN ist Letzteres der Fall. So waren beispielsweise bei den Eckbällen Hannovers alle elf Nürnberger im eigenen Strafraum positioniert. Die einlaufenden Spieler wurden gedeckt, während Berkay Yilmaz den zweiten Pfosten abdecken sollte, Robin Knoche das Zentrum des Fünfmeterraums schützte und Ondrej Karafiat leicht versetzt davor stand.
„Größe kann man nicht trainieren“, fügte FCN-Trainer Miroslav Klose nach der Partie an. Das stimmt, denn im Schnitt waren die Nürnberger drei Zentimeter kleiner als ihre Gegenspieler. „Wenn man den ersten Ball verliert, muss man den zweiten Ball verteidigen“, sah Klose dennoch Luft nach oben.
„Das werden wir analysieren und trainieren. Weil da ist mehr möglich.“
Miroslav Klose
über die Nürnberger Standards.
Verschiedene Varianten
Der 1. FC Nürnberg verzeichnet nicht nur die drittmeisten Eckbälle der Liga, sondern wird auch am zweithäufigsten gefoult. Dementsprechend hat man auch selbst viele Standardsituationen – dennoch verzeichnen lediglich drei Teams weniger Expected Goals als der FCN (0,20 pro 90 Minuten) nach ruhenden Bällen. Man sah bereits verschiedene Varianten, zuletzt waren viele kurz ausgeführte Eckbälle dabei.
„Das ist eine Lösung gegen groß gewachsene Teams. Da wollen wir durch das Ausspielen Unruhe in die Box bringen, weil sich dann noch viele Positionen ändern“, erklärt Justvan den Plan dahinter. Wirklich gefährlich wurde es gegen Hannover jedoch nicht: „Aber wir haben es nicht geschafft, die Bälle in die gefährlichen Positionen zu bringen. Heute war es zu wenig.“
Fehlende Gier
„Wir werden gut darauf eingestellt. Wir wissen ganz genau, wie die Abläufe sind“, sucht Justvan die Schuld bei den Spielern: „Das Timing zwischen Schütze und einlaufenden Spielern muss besser passen.“ Klose vermisste zuletzt „Glaube, Gier und Intensität“ in der gegnerischen Box. Während zu Saisonbeginn die Bälle nicht gut genug kamen, stimmt nun das Einlaufverhalten nicht: „Wir haben keinen guten Laufweg und laufen zu kurz. Wir müssen länger anlaufen und dann in die Schnittstelle rein.“
Viel verstecktes Potenzial
Das Argument Körpergröße ist sicherlich ein Faktor für die ausbaufähige Nürnberger Ausbeute bei Standardsituationen. Da man es aus dem Spiel heraus aber auch schafft, den Faktor Lufthoheit zu kaschieren, ist bei ruhenden Bällen auch noch deutlich mehr möglich. „Dass es mit der Körpergröße zusammenhängt, will ich gar nicht sagen“, sieht es Justvan ähnlich.
Ruhende Bälle sind nun mal im heutigen Fußball ein wichtiger Bestandteil, durch den man relativ „einfach“ ein Spiel mit nur einer Situation entscheiden kann – so zum Beispiel beim Hinspiel gegen Münster, als der FCN mit einem Eckball und einem Freistoß das Spiel entschied. Ein guter Zeitpunkt, um Ähnliches am Wochenende beim Rückspiel zu wiederholen.