Alles angerichtet
Vor knapp drei Jahren stand der 1. FC Nürnberg zum letzten Mal in der Rückrunde auf einem Tabellenplatz im oberen Drittel. Doch nicht nur das. Durch die Ergebnisse der Zweitligaspieltage am Freitag und Samstag war für den FCN alles perfekt vorbereitet. Mit einem Auswärtssieg beim Schlusslicht in Regensburg hätte man sich in eine gute Ausgangsposition für die letzten Spieltage bringen können – mittendrin statt nur dabei.
Lubach ersetzt Emreli
Den ersten Dämpfer gab es schon vor dem Anpfiff. Denn Stefanos Tzimas musste aufgrund von muskulären Problemen passen. Die Frage war natürlich, wie Klose den Nürnberger Top-Torjäger ersetzen würde. Überraschenderweise spielte dafür Rafael Lubach – nicht nur von Beginn an, sondern auch deutlich offensiver als man es von ihm zumeist im FCN-Trikot sah. Er füllte oftmals sogar die Position des zweiten Angreifers neben Janis Antiste aus. Dennoch war es durchaus auch ein Zeichen an die anderen FCN-Stürmer, die trotz des Tzimas-Ausfalls zunächst zuschauen mussten.
Dominanter FCN
Der Jahn startete im 4-3-3 und änderte damit seine Struktur, die in den Vorwochen zumeist ein 4-2-2-2 war. Das spielte für den Club jedoch keine große Rolle. Denn Nürnberg spielte in der ersten Halbzeit über weite Phasen so, wie man es in Regensburg machen muss, und ließ sich nicht von den vielen langen Bällen der Regensburger anstecken, sondern kontrollierte die Partie – nahezu nach Belieben gegen einen Gegner, der über 45 Minuten schlicht und ergreifend nicht zweitligareif auftrat. Weder in den Phasen im eigenen Ballbesitz, noch gegen den Ball und ganz zu schweigen in den Umschaltsituationen.
Das hatte aber auch mit dem FCN zu tun. Der Club stellte dem Jahn Fragen, auf welche dieser keine Antworten hatte. Lubach zum Beispiel agierte sehr umtriebig und ließ sich oft in das Mittelfeld fallen. Mit ihm mitgehen? Dem Vordermann übergeben? Diese Überlegungen machten sich vermutlich ein Großteil der Regensburger Defensive, eine Lösung dagegen fanden sie nicht. In der Folge kam der FCN nicht nur häufig zwischen die Linien des Gegners, sondern durch Tiefenläufer Janis Antiste auch oftmals hinter deren Abwehr.
Chance verpasst
Die Klose-Elf überspielte die erste Pressinglinie der Regensburger relativ problemlos und war darüber hinaus auch im Gegenpressing und Nachvorneverteidigen sehr griffig. Ein Beispiel für das Vorwärtsverteidigen und darauffolgende Umschaltsituationen ist das 0:1. Tim Drexler gewinnt den Zweikampf, Jens Castrop positioniert sich gut im rechten Halbraum, bringt den Ball in die Mitte und Antiste trifft zur Führung.
Was sich der FCN vorwerfen lassen muss, ist, dass es zur Halbzeit nur 0:1 stand. Denn der Club schaffte es eigentlich, sich sehr häufig in aussichtsreiche Situationen zu spielen, aus denen noch mehr Torgefahr hätte entstehen können. Vor allem in Umschaltsituationen verpasste man die letzte Zielstrebigkeit (unter anderem Castrop), um das Spiel vielleicht schon vor dem Wiederanpfiff vorzuentscheiden.
Regensburger Umstellung
„Wir haben in der Halbzeit auf Dreierkette umgestellt und dann sehr hoch gepresst“, nennt Regensburgs Trainer Andreas Patz den Schlüssel für das Regensburger Comeback. Und ja, Regensburg veränderte das Anlaufverhalten. Aber es war dann doch mehr der FCN, an dem es lag, dass die Anfangsphase der zweiten Halbzeit konträr zu den ersten 45 Minuten verlief.
Denn all das, was den Club zuvor auszeichnete, war nun weg. Viel Bewegung ohne Ball, Kontrolle statt Hin und Her und ein frühzeitiger Zugriff auf den Gegner war nun nicht mehr zu sehen, weshalb die ersten 15 Minuten nach der Pause dem Jahn gehörten. Was diese aber nun deutlich besser machten, waren Tiefenläufe. Vor allem in den Räumen zwischen Ondrej Karafiat und Berkay Yilmaz starteten die Regensburger Angreifer immer wieder ihre Läufe.
Vercoacht?
Einer dieser Läufe zwischen Yilmaz und Karafiat führt auch zum 1:1. Denn nach Ganaus’ Hereingabe traf der eingewechselte Florian Flick (kam für den verletzten Knoche) unglücklich ins eigene Tor. Darüber, wie viel Schuld der Vize-Kapitän an dieser Situation trägt, darf man diskutieren. Über das 1:2 muss man jedoch diskutieren. Auch hier ist es zuvor ein Ball zwischen Yilmaz und Karafiat. Das entscheidende Kopfballduell in der Mitte verliert Flick jedoch nicht nur, er führt es nicht mal wirklich.
Als Flick nach dieser Situation mit einer Gehirnerschütterung verletzt raus musste und durch Fabio Gruber ersetzt wurde, wurde auch das Nürnberger Spiel wieder besser. Das lag sicherlich nicht an Flicks Leistung allein. „Hinterher ist man schlauer“, gestand auch Klose zwischen den Zeilen jedoch, dass er im Nachhinein wohl Gruber zuerst gebracht hätte. Zwar löste es Flick spielerisch vor der Pause ordentlich. Angesichts der vielen gegnerischen hohen Bälle und Flanken hätte die Präsenz eines gelernten Innenverteidigers im Defensivzentrum aber vermutlich schon früher geholfen.
Nürnberger Anrennen
Nachdem der Jahn das Spiel gedreht hatte, zog er sich in die eigene Hälfte zurück und verteidigte tief. Der Club hatte nun viel den Ball und ließ auch keine Konter mehr zu. So wirklich zwingend wurde es jedoch in der Schlussphase auch nur selten. Regensburg verteidigte die eigene Box sehr massiv, während der FCN viel um diese herumspielte.
Während Julian Justvan danach bemängelte, dass man es hätte weniger spielerisch versuchen und stattdessen mehr Flanken schlagen können, erklärte Klose die ausbleibende Durchschlagskraft mit unsauberen Ballannahmen und zu wenig Verantwortung der Offensivspieler in den entscheidenden Situationen. Kam man dennoch frei zum Abschluss, wie zum Beispiel Dustin Forkel kurz vor Schluss, war der Abschluss überhastet.
Keine Ausrede
Der FCN ließ nichts unversucht und rannte bis zum Schluss an. Man brachte alle Offensivspieler, die im Kader standen und stellte wie schon gegen Hannover auf ein 4-2-2-2 in den Schlussminuten um, spielte sich auch oftmals bis zum Sechzehner durch – weiter jedoch nicht. „Das lag auf keinem Fall am Platz“, lässt Klose das schwierige Geläuf jedoch nicht als Ausrede gelten.
15 bittere Minuten
Der 1. FC Nürnberg hatte alles, was es für einen erfolgreichen Nachmittag in Regensburg gebraucht hätte, und spielte eine sehr souveräne erste Halbzeit. Aufgrund eines schläfrigen Starts in den zweiten Durchgang fährt man jedoch mit leeren Händen nach Hause. Sicherlich verlief die Flick-Einwechslung maximal unglücklich, es gehörten jedoch noch deutlich mehr Faktoren zur schwachen Leistung nach der Pause.
Trotzdem wird sich natürlich auch Klose im Nachgang fragen, ob der Wechsel nicht vielleicht der falsche war. Und dennoch bleibt es dabei: Der FCN spielt bis hierhin eine sehr gute Rückrunde und konnte in den zehn Partien 2025 bereits 19 Zähler einfahren. „Ich freue mich jetzt schon auf nächsten Samstag“, geht der Blick beim Trainer sogar schon auf das kommende Wochenende gegen den HSV nach vorne.