Auch wenn der 1. FC Nürnberg keinen Sieg aus Wiesbaden entführen konnte, machte die gezeigte Leistung doch Mut für die kommenden Aufgaben. Zumal die zuletzt fehlenden Leistungsträger um Kanji Okunuki und Can Uzun im anstehenden Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern wieder zur Verfügung stehen.
FCN-FCK: 3. Spiel, 3. Trainer
Was für das Duell mit dem 1. FC Kaiserslautern weniger Mut macht, ist die Tatsache, dass der FCK in dieser Saison bereits zweimal gegen den 1. FC Nürnberg gewinnen konnte. Sowohl im Hinspiel als auch im Pokal verließ der Club mit leeren Händen den Betze. Damit stammen 20% der Saisonsiege der Lauterer aus den zwei Duellen mit dem FCN. Zudem ist es im dritten Duell bereits der dritte Trainer, der beim aktuellen Tabellensechzehnten an der Linie steht. Schuster-Nachfolger Dimitrios Grammozis feierte im DFB-Pokal noch sein erfolgreiches Debüt gegen den Club, eher er nach 5 Niederlagen in 6 Zweitligaspielen in dieser Woche wieder seine Segel in der Pfalz streichen musste. Nun soll es ein echter Feuerwehermann richtigen. Der 70-jährige Friedhelm Funkel, der über 900 Spiele als Trainer verantwortete und seine Karriere schon mehrfach als beendet erklärte, soll den freien Fall des Traditionsteams aufhalten und den Klassenerhalt schaffen. Dem Club steht somit zum wiederholten Male die unangenehme Aufgabe bevor, die Euphorie eines Trainerwechsels einzudämmen.
Was ändert sich von Grammozis zu Funkel?
Für die Spielanalysten des 1. FC Nürnbergs, aber auch für den CLUBFOKUS macht ein Trainerwechsel die Spielvorbereitung nicht unbedingt einfacher. Angesichts der bisher eindeutigen Marschroute des FCK in dieser Saison ist allerdings zu erwarten, dass Friedhelm Funkel die taktische Herangehensweise nicht um 180° wenden wird und auch kann. Der 1. FC Kaiserslautern – insbesondere in einem Auswärtsspiel – wird sich weiterhin auf eine kompakte Defensive mit schnellen Umschaltaktionen fokussieren. Blickt man auf Funkels Vergangenheit, könnte man eine Umstellung von Fünfer- auf Viererkette erwarten. Häufig agierte er im 4-4-2 Mittelfeldpressing. Im Spiel nach vorne soll es primär über die Flügel mit Tempo gehen. Paradebeispiel ist hierfür natürlich Funkels Zeit in Düsseldorf, wo Raman und Lukebakio die Außenbahnen besetzten.
Die Mannschaft ist in sich gut genug, um in der Zweiten Liga zu bleiben. Aber dafür müssen wir das Defensivverhalten deutlich verbessern, da müssen wir als allererstes ansetzen.
FCK-Trainer Friedhelm Funkel über seine Herangehensweise in Kaiserslautern.
Apropos Tempo. Hierauf sollten Cristian Fíel und seine Mannschaften ein besonderes Augenmerk haben. Denn der Gast aus Rheinland-Pfalz kommt mit vielen schnellen Spielern daher. Unter den 31 schnellsten Spielern in dieser 2. Bundesliga-Saison befinden sich gleich sieben Lauterer. Dass vier davon zuletzt in der Startformation standen und drei weitere eingewechselt wurden, sollte dem FCN Warnung genug sein, über die volle Spieldistanz Tempogegenstößen verteidigen zu müssen. Denn bei Ballgewinn sucht der FCK möglichst direkt den Weg nach vorne. Mit einem sehr hohen Anteil an Vertikalpässen versucht man die Unordnung des Gegners auszunutzen. Die damit einhergehende Risikofreude schlägt sich in der Passquote von rund 80% nieder, die nur von Braunschweig und Rostock unterboten wird. Insbesondere mit langen Bällen Richtung Zielspieler Ragnar Ache versucht man das Feld schnell zu überbrücken und über den Gewinn von zweiten Bälle in die gegnerische Hälfte zu kommen.
Flügelspiel, Hereingaben und Kopfballstärke
Obwohl man nach Umschaltaktionen regelmäßig zum Abschluss kommt, ist die Ausbeute mit lediglich drei Kontertoren mangelhaft. Stattdessen lebt die Lauterer Offensive von Hereingaben vom Flügel. Häufig überlädt man die Außenbahn, um sich mit Doppelpässen Richtung Grundlinie zu spielen und die Flanke zu schlagen. Rund 70% aller Angriffe und Tore werden über die Außenbahnen der Lauterer initiiert. In der Folge ist es nicht sonderlich überraschend, dass kein Zweitliga-Team mehr Tore nach Flanken aus dem Spiel (9) erzielte. Ebenso verzeichnet der FCK die meisten Abschlüsse und Tore (10) nach Kopfbällen, was zu einer weiteren großen Stärke führt: Standardsituationen. Mehr als jedes dritte Tore der roten Teufel resultiert aus einem ruhenden Ball. Insbesondere nach Eckstößen ist der FCK mit 6 erzielten Toren brandgefährlich. Auch deshalb zählt der FCK laut Expected Goals sogar zu den torgefährlichsten Mannschaften der 2. Bundesliga. Diese hohe Torgefahr konnten sie allerdings nur in einzelnen Spielen nachweisen. In den letzten 10 Zweitliga-Spielen, von denen man neunmal verlor, konnte man nur beim 4:1 gegen Schalke vor drei Wochen mehr als ein Tor erzielen. Nichtdestotrotz sollte der 1. FC Nürnberg auf der Rechnung haben, dass Kaiserslautern durchaus in der Lage ist, eine hohe Offensivgewalt zu erzeugen.
Diese Schwächen muss Funkel abstellen
Ein Problem, das sich durch die Saison der Roten Teufel zieht, ist die defensive Instabilität. Unter Schuster und Grammozis verteidigte man relativ mannorientiert und verteidigte mit einem Innenverteidiger konsequent nach vorne. Dadurch ergab sich häufig Raum hinter der eigenen Kette – obwohl man nur selten hoch presste. Dennoch verpasste man es häufig, die Tiefe zu sichern und war somit anfällig für gegnerische Steck- und Chipbälle. Zum anderen ist der FCK zwar in der Lage, viel Wucht in der Offensive zu erzeugen. Gegen geordnete Defensiven tat man sich in den letzten Wochen aber extrem schwer, Torchancen zu erspielen. Stellte der Gegner das Zentrum, lahmte das Lauterer Offensivspiel. Extrem.
Ragnar Ache: Naturgewalt
Sucht man nach dem Schlüsselspieler Kaiserslauterns, kommt man nicht an Ragnar Ache vorbei. Am 10. Spieltag bei einer 1:3-Führung in Düsseldorf verletzte sich Ache – zu diesem Zeitpunkt stand der FCK auf Platz 3 in der Blitztabelle. Am Ende verlor man noch mit 4:3 und rutschte ohne Ache in einen extremen Negativstrudel. Der Neuzugang aus Frankfurt führt die meisten Kopfballduelle aller Zweitligaspieler pro 90 Minuten und ist damit sehr häufiger Empfänger der vielen langen Bälle im Spielaufbau. Aches Zahlen sind wirklich beeindruckend. Mit 5 Abschlüssen pro Spiel gibt er ebenfalls die meisten aller Spieler ab. Gleiches gilt für seine 5 Kopfballtreffer. 5 Kopfballtreffer? Nur Ache? Ja, tatsächlich. Zahlen, die man aus Nürnberg nicht kennt. Schließlich erzielte der Club am vergangenen Wochenende in Wiesbaden erst seinen zweiten Treffer per Kopf in der gesamten Saison. Dabei ist Ache „nur“ 1,83 Meter groß. Seine Sprungkraft, Physis und Antizipation machen ihn aber zu dem vielleicht stärksten Kopfballspieler der Liga – zumindest in der Offensive.
So knackt der Club die Roten Teufel: Zwischenräume
Nach Funkels Aussagen und ob dessen Vita, kann man davon ausgehen, dass der FCK in erster Linie versuchen wird, kompakt und tief zu verteidigen. Dass das über 90 Minuten gut funktionieren wird, lässt sich zumindest stark anzweifeln. Das letzte zu-Null Spiel in der Liga datiert von vor über 10 Monaten. In den letzten 27 Ligaspielen gelang es Kaiserslautern nicht, ohne Gegentor zu bleiben. Für den Club gilt es, im letzten Drittel Lösungen zu finden. Geduld und viele Läufe ohne Ball werden gefragt sein, um Lücken aufzureißen und diese in der Folge zu bespielen. Schiebt die Funkel-Elf mal etwas höher, können auch diagonale Tiefenläufe in den Rücken der Innenverteidiger ein erfolgreiches Mittel sein. Verliert man den Ball, wird es wichtig sein, die schnelle FCK-Offensive frühzeitig im Gegenpressing zu stören und sie nicht mit Tempo auf die Restverteidigung zudribbeln zu lassen.
Die Herangehensweise des Gegners zu prognostizieren ist sicher nicht leicht. Umso wichtiger wird es für die Fiél-Elf sein, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. Gegen Kaiserslautern hat man durchaus noch etwas gutzumachen nach den beiden Niederlagen aus den ersten Duellen gegen die Roten Teufel. Auch wenn Friedhelm Funkel nicht müde wird, seine Erfahrung für solche Situationen zu betonen, geht der Club als Favorit in die Partie. Das Spiel gegen Wehen war zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber dennoch ist der FCN seit 3 Partien ohne Sieg. Dies gilt es am Sonntag zu ändern.
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