So lief Pinolas Co-Trainer-Job in Argentinien

Trotz dreier nationaler Titel mussten Javier Pinola und sein Chef Martin Demichelis sich auch mit Kritik auseinandersetzen. Dabei standen Themen im Fokus, die „Pino“ nun auch beim 1. FC Nürnberg erwarten dürften.

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Foto: fcn.de (bearbeitet)

Pinola zurück in Nürnberg

Aufgrund seiner Vergangenheit als Spieler war die Freude groß, als bekannt wurde, dass Javier Pinola zum 1. FC Nürnberg zurückkehrt. Schließlich lief der Argentinier 283-mal für den FCN auf und begeisterte die Fans mit seiner Hingabe und Leidenschaft. Ähnliches erhofft man sich nun in seiner neuen Rolle als Co-Trainer von Miroslav Klose. Insbesondere in puncto Defensive erhofft man sich zusätzlichen Input vom ehemaligen Abwehrspieler, der erst Ende 2022 im Alter von 39 Jahren seine Karriere bei River Plate beendete. Danach ging es für „Pino“ nahtlos weiter, indem er River-Chefcoach Martin Demichelis von Anfang 2023 bis zuletzt assistierte. Um seine Arbeit dort genauer einordnen zu können, sprach der CLUBFOKUS mit Südamerika-Experte Johannes Skiba, der unter anderem für 11Freunde und in seinem Podcast „Gol Olímpico“ über den südamerikanischen Fußball berichtet.

Südamerika-Experte Skiba über Pinola

Zunächst einmal schiebt Skiba vorweg, dass der genaue Pinola-Einfluss aufgrund seiner Rolle als Co-Trainers schwer rauszufiltern sei. Alleine schon wegen der Titel – argentinischer Meister sowie zwei nationalen Pokalen – kann das Trainerteam auf eine erfolgreiche Zeit zurückblicken. Nichtsdestotrotz hatten es Demichelis und Pinola mit „überkritischen“ Fans und Medien zu tun, was laut Skiba mit den gewaltigen Fußstapfen von Vorgänger (8 Jahre im Amt) und inzwischen auch Nachfolger Marcelo Gallardo zu tun hatte. „Was vielen Fans und Experten gefehlt hat, ist ein erkennbarer Prozess oder eine Weiterentwicklung“, erzählt Skiba. Demnach ist es Demichelis und Pinola in anderthalb Jahren nicht gelungen, die Defensive zu stabilisieren.

Konteranfälligkeit als großes Thema

In der Meistersaison im Kalenderjahr 2023 sah dies noch deutlich stabiler aus. In 27 Ligaspielen kassierte River Plate nur 20 Gegentore. Die starke Quote von nur 0.74 Gegentoren pro Spiel konnten Demichelis und Pinola über ihre gesamte Amtszeit von 87 Spielen nicht halten und landeten letztendlich bei 1.1 Gegentoren pro Spiel. Sicherlich keine Zahl, für die man sich schämen muss. Aber gemessen an den Ansprüchen des argentinischen Rekordmeisters, der über den mit Abstand besten Kader der Liga verfügt, offensichtlich zu wenig. Zumal unter Gallardo die Gegentorquote über 8 Jahre und 424 Pflichtspiele hinweg bei gerade einmal 0.96 pro Spiel lag. Als einer der Gründe für die fehlende defensive Stabilität führt Skiba neben der individuellen Fehleranfälligkeit einen Aspekt an, der auch in dieser Saison beim 1. FC Nürnberg von großer Bedeutung sein wird: die Konterabsicherung. „Für den dominanten Ballbesitzfußball mit hohen Außenverteidiger unersetzlich, blieb aber immer unzureichend.“ Diese Konteranfälligkeit – insbesondere in der laufenden Saison – dürfte für die Entlassung des Trainer-Duos geführt haben. Denn laut Expected Goals zählte der Titelverteidiger zu den bislang konteranfälligeren Teams der Liga. Wenngleich diese Probleme schon unter Gallardo ein Thema waren, so konnten Demichelis und Pinola keine Verbesserung herbeiführen: „Stattdessen hat man sich trotz Defensiv-Experte Pinola sogar verschlechtert“, analysiert Skiba.

Pinolas enge Zusammenarbeit mit Chef Demichelis

Wie bereits eingangs erwähnt ist Pinolas exakte Mitschuld nur schwer zu ermitteln. Umso mehr, weil Demichelis selbst als ehemaliger Innenverteidiger von u.a. Bayern und Manchester City über genügend Defensiv-Expertise verfügen müsste. Zudem sei erwähnt, dass es sich hierbei bei einem speziellen Thema um Kritik auf hohem Niveau handelt. Schließlich war und ist River Plate bspw. in vielen Pressing-Parametern (ebenfalls ein FCN-Thema) die absolute Benchmark Argentiniens. Und auch Skiba sah in der Arbeit von Pinola als Co-Trainer bei River einige positive Punkte, wie z.B. die enge Zusammenarbeit mit seinem Chef: „Seine Rolle war sehr eng mit Demichelis verbunden. Mehrmals pro Spiel waren beide fast immer in regem Austausch über (mutmaßlich) taktische Änderungen.“ Skibas Beobachtung der Anpassungsfähigkeit wird dadurch bestätigt, als dass man in 2023 in fast Dreiviertel aller Ligaspiele während der 90 Minuten eine Formationsänderung vornahm – mit Erfolg.

Pinola mit nützlicher Erfahrung als Spieler und Trainer

Gleichwohl es den ein oder anderen Kritikpunkt gab, so stimmt positiv, dass Pinola aus seiner Zeit bei River Plate mit einigen Themen vertraut war, die ihn nun auch beim 1. FC Nürnberg erwarten werden. Sei es ein dominantes Ballbesitzspiel, die damit einhergehende Konterabsicherung oder die Intensität im Pressing oder Gegenpressing -all das sind Punkte, die in Nürnberg einen hohen Stellenwert haben sollen. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass Pinola noch nicht lange aus dem Spielergeschäft und somit noch nicht lange im Trainergeschäft aktiv ist. Dies kann ihm sowohl negativ als auch positiv ausgelegt werden. Entscheidend bleibt, welchen inhaltlichen Mehrwert er neben seiner vielzitierten, aber auch unbestrittenen Leidenschaft und Mentalität den Spielern mitgeben kann. Es ist wichtig zu betonen, dass ein ehemaliger guter Spieler nicht automatisch auch ein guter Trainer ist. Ebenso wenig ist ein ehemaliger Defensivspieler zwangsläufig ein Experte für die Defensive. Wenn jedoch jemand seine Erfahrungen aus der aktiven Zeit durch Weiterbildung vertieft hat, kann er seiner Mannschaft umso wertvolleren Input liefern – und diese Hoffnung ist mit der Personalie Javier Pinola als neuer Co-Trainer von Miroslav Klose beim 1. FC Nürnberg sehr groß.