FCN mit selbstbewusstem Start
Auch wenn Miroslav Klose nach dem Spiel davon sprach, man hätte Probleme gehabt, ins Spiel zu finden, so wirkte die Anfangsphase des 1. FC Nürnbergs nach der guten Vorbereitung selbstbewusst. Mit der erwarteten 2-1-4-2-1-Ballbesitzstruktur mit hohen und breiten Außenverteidigern sowie eingerückten Flügelspielern präsentierte sich die Klose-Elf beim Gastspiel in Karlsruhe zunächst ballsicher und dominant. Gegen das kompakte und abwartende 4-4-2 (das später zum 4-1-3-2 wurde) des KSC verpasste man allerdings, sich in gefährliche Zonen im letzten Drittel zu spielen, wenngleich sich die Jander-Pick-Connection auf halblinks vielversprechend andeutete. Nach gut 10 Minuten meldeten sich auch die Gastgeber im Spiel an, attackierten den zentrumslastigen FCN-Spielaufbau früher und fuhren ihre bekannten Flügelangriffe – insbesondere über die linke Seite um Wanitzek und Günther, die letztendlich für 65% der KSC-Angriffe verantwortlich war.
Keine Lösungen gegen das Karlsruher Pressing
Obwohl Klose monierte, dass man nach 35 Minuten das Fußballspielen einstellte, wurde die Eichner-Elf schon vorher stärker. Als Begründung für den deutlichen Leistungsabfall im Laufe der Partie führte Klose an, dass man „die Spieler nicht mehr gefunden“ habe, die in bestimmten Momenten wissen, was sie zu hätten. Hier dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit das zentrale Mittelfeld gemeint worden sein. Sowohl Flick, der nicht der erhoffte Ruhepol im Nürnberger Spiel war, als auch Jander konnten an ihren großen Einfluss aus der Generalprobe gegen Juventus nicht anknüpfen. Stattdessen fand die Mannschaft – gegen den im Spielverlauf immer größer werdenden Druck des KSC – keine Lösungen. Von 90% zu Beginn des Spiels sank die Passquote am Ende auf 83% herunter. Zu häufig wählte man gegen das hohe Anlaufen der Gastgeber den langen Ball. In der Folge waren die eignen Ballbesitzphasen kurz und die Angriffe der Karlsruher mehrten sich. Fand man in Halbzeit 1 noch häufiger die flache Lösung durchs Zentrum und spielte nur 14% der Pässe lang, so waren ins Halbzeit 2 über 18%. Was zunächst nur nach einer Nuance klingt, machte in der Praxis einen großen Unterschied.
Große Probleme auf dem Flügel
Ein weiteres großes Nürnberger Problem: das Verteidigen der vorher hinlänglich thematisieren Flügelüberladungen der Karlsruher. Unfassbare 93% (!) der Angriffe initiierte der KSC über die linke und rechte Außenbahn. Im geordneten Ballbesitz versuchte man immer wieder mit Spielverlagerungen isolierte 1-gegen-1-Duelle oder vielversprechende Flankenmöglichkeiten herzustellen. Insbesondere letzteres gelang den Badensern bei ihren Treffern. Auch weil die FCN-Außenverteidiger zu oft allein gelassen wurden. Der phasenweise überfordert wirkende Hofmann, der mit einem unkontrollierten Ball ins Zentrum auch am 2:2 beteiligt war, musste die meisten Bodenzweikämpfe aller Nürnberger führen – zu häufig fehlte die Unterstützung von Vordermann Okunuki. Auf der anderen Seite gab es immer wieder Abstimmungsprobleme zwischen Soares und Pick, woraus die große Lücke vor dem 1:2-Anschlusstreffer kurz vor der Pause resultierte. Aber auch die beiden Achter Castrop und Jander konnten ihre Zweikampfstärke nicht einbringen und konnten den defensiven Flügel zu selten stärken. Die daraus resultierende Passivität erinnerte in der 2. Halbzeit stark an die abgelaufenen Rückrunde, in der man oftmals das gegnerische Spiel über sich ergehen ließ.
Zwei schön herausgespielte Tore
Bei aller Unzulänglichkeiten, die diese 3:2-Niederlage zustande kommen ließen, zeigte der FCN insbesondere in Halbzeit 1 auch positive Ansätze. Die neue gewonnene Stärke im Pressing resultierte zum 1:0-Führungstreffer, als Soares seinem Gegenspieler hartnäckig bis ins Mittelfeld auf den Versen blieb, den Ball eroberte, wodurch Schleimer mustergültig per Steckpass Torschütze Okunuki bedienen konnte. Beim zwischenzeitlichen 2:0 kombinierte man ansehnlich über den Flügel, indem man mit Pick und Okunuki die rechte Seite überlud und die Überzahl konsequent ausspielte. Dass der Club bei beiden Treffern auch über das nötige Quäntchen Glück verfügte, schien eigentlich darauf hinzudeuten, dass es hätte ein rot-schwarzer Nachmittag werden können. Doch bei aller Glückseligkeit der Zwei-Tore-Führung musste man auch hier schon nüchtern konstatieren, dass nicht alles Gold war, was glänzte. Der Karlsruher Trainer fand nicht zufällig bereits „die Leistung in der ersten Halbzeit nicht so verkehrt“. Schon zur Halbzeit war der KSC im Angriffsdrittel und im gegnerischen Strafraum deutlich präsenter, wie auch Eichner monierte. Auch die Cluberer Intensität, die als großes Thema der Vorbereitung galt, nahm im Laufe der Partie ab. Am Ende verzeichnete der Club – wie so oft in der vergangenen Saison und wenn auch diesmal nur minimal – weniger gelaufene Kilometer (500 Meter weniger) und absolvierte Sprints (5 weniger) als der Gegner, nachdem man zur Halbzeit in diesen Parametern noch in Führung lag.
Positiver Vorbereitung folgt Skepsis: viel Arbeit für Klose
Bei aller Enttäuschung über diese Auftaktniederlage sollten die Begleitumstände nicht vergessen werden. Zum einen steht der 1. FC Nürnberg noch inmitten eines riesigen Umbruches, der nun mal Zeit bedarf. Zum anderen ist es wahrlich keine Schande, in Karlsruhe zu verlieren – zumal man laut Statistik (15:14 Schüsse und 1.8:1.7 Expected Goals) nicht meilenweit von einem Punktgewinn entfernt war. Nichtsdestotrotz lässt die Passivität in Halbzeit 2 sowie die fehlende Reaktion von Mannschaft und Trainer zunächst wieder skeptisch stimmen, da auch unter dem Strich die Niederlage in Ordnung geht. Die aus der positiven Vorbereitung aufgekeimte Euphorie ist mit diesem Auftritt zunächst wieder dahin. Immerhin: nach dem 3:2-Rückstand zeigte der FCN eine Reaktion und kam noch zu vier Abschlusssituation. Dennoch verdeutlichtet dieser 1. Spieltag: für Miroslav Klose und Co. steht noch eine Menge Arbeit bevor.