Nürnberger Schwierigkeiten gegen Paderborns asymmetrischen Spielaufbau
Der SC Paderborn hatte zwar über die gesamte Spielzeit deutlich weniger den Ball. Vor allem im 1. Durchgang hatte der 1. FC Nürnberg aber genau in diesen Phasen entscheidende Probleme. Abstimmungsprobleme, schlecht geführte direkte Duelle und vor allem massive Probleme im Timing zeigten sich in der Nürnberger Abwehr. So fand Paderborn häufig die Halbräume, die Conteh rechts und Bilbija links konsequent beliefen. Genauso entsteht auch das 1:0, bei welchem gleich mehrere Nürnberger alles andere als gut aussehen. Aber auch im hohen Anlaufen zeigten sich bereits große Lücken beim Club. Paradebeispiel ist die Szene aus der 26. Minute. Die Fiél-Elf versucht hoch zu pressen, Goller schiebt dadurch hoch auf den linken Paderborner Innenverteidiger im Spielaufbau, Castrop macht aber nicht mit – und so kommt der Ball auf Klaas, der meterweit Zeit hat, aufzudrehen.
In der Folge verteidigt aber auch Gyamerah nach vorne in Richtung Zehnter (nomineller Linksverteidiger, der im Spielaufbau aber immer nach vorne rückte, während der nominelle Rechtsverteidiger Curda in den 3er-Aufbau als rechter Innenverteidiger einrückte). Klaas hat extrem viel Zeit und kann den Ball in den Rücken Gyamerahs spielen, der diesen Raum durch sein Vorwärtsverteidigen öffnet.
Am Ende der Nürnberger Pressingversuche kommt Grimaldi an den Ball und der SCP läuft in einer 3-gegen-3-Situation auf das Club-Tor zu. Gyamerah und Flick sind weg. Am Ende vergibt Conteh freistehend vor Klaus und lässt das 0:2 liegen, das in der Phase hätte mehrfach fallen können.
Neue Nürnberger Struktur – Fiél hat SCP anders erwartet
In den letzten Wochen ließ sich im Nürnberger Spielaufbau immer wieder Flick zwischen die beiden Innenverteidiger Horn und Jeltsch fallen. Dafür zogen Brown und Gyamerah in das Zentrum. Das war diesmal anders – Gyamerah blieb konsequent hinten als Teil des 3er-Aufbaus. Flick besetzte alleine die Position auf der 6, während Brown im Wechselspiel mit Okunuki mal in den Halbraum rückte und mal die Breite besetzte. Wie von uns bereits vor der Partie geschrieben, weiß man beim SCP nie genau, aus welcher Struktur heraus sie anlaufen. Auch FCN-Trainer Cristian Fiél wurde von Lukas Kwasniok überrascht. „Ich hab sie mit einer 5er-Kette erwartet, weil sie das die letzten Wochen auch gemacht haben.“ Tatsächlich verteidigten die Gäste aber zumindest in der 1. Halbzeit im 4-2-2-2, wenn sie höher anliefen und im 4-4-2 wenn sie tiefer verteidigten. Das war aber nicht das Nürnberger Problem – Fiél hätte sich stattdessen mehr Rochaden im Spielaufbau gewünscht, vor allem zwischen Gyamerah und Flick. „Im Training haben sie es ganz gut gemacht, dass sie immer wieder den Wechsel hinbekommen haben. Dass auch Flick sich immer wieder in der Halbposition anbietet.“ Fiéls Struktur im Spiel nach vorne erinnerte stark an das Heimspiel gegen Braunschweig vor ein paar Wochen – die im 5-3-2 verteidigten. Auch ein Indiz dafür, dass der Clubtrainer die Gäste ebenfalls im 5-3-2 der letzten Wochen erwartete.
Nur dann wird Nürnberg torgefährlich
Dass der Club richtig gut Fußball spielen kann, zeigte er auch. Unter anderem beim Abseitstor nach einer halben Stunde durch Okunuki und bei der Doppelchance durch Schleimer und Uzun kurz vor der Pause. Beide Szenen haben eins gemeinsam: Paderborn verteidigte höher – und das nicht wirklich gut. „Sowas hab ich zuletzt im Juniorenfußball gesehen“ – bemängelte Gästetrainer Kwasniok nach der Partie. Der Club baute das Spiel gut über hallblinks auf, der SCP versuchte höher Zugriff zu kriegen, bekam diesen aber nicht. In der Folge bespielte die Fiél-Elf gut den Raum zwischen den Linien und fand mit einem Steckpass auch den Rücken der Paderborner Abwehr. Aber leider war es einmal Abseits und einmal scheiterte man an Boevink. Nicht zufällig stellte Paderborns Trainer vom 4-2-2-2 im Laufe des Spiels erst auf ein 4-3-3 und in der Schlussphase auf ein 5-2-2-1 um. Der SCP fand in diesem Spiel keinen Zugriff auf den Nürnberger Spielaufbau. Zum Leidwesen der Fiél-Elf war dies auch nicht nötig – durch die Führung konnten sich die Gäste dann zurückziehen und tief verteidigen. Gegen die tiefe letzte Reihe fand dann der Club zu wenig Lösungen. „Wenn es dann Richtung Tor ging, war es nicht zwingend genug“, monierte der Nürnberger Trainer nach der Partie.
Fehlendes Aufbäumen?
Der Club startete ordentlich in den 2. Durchgang – man könnte sogar sagen gut. Häufig fand man Hungbo am rechten Flügel, der sichtlich Schwung in den ersten Minuten brachte. Und zweifelsfrei war auch der Spielverlauf am Freitagabend nicht auf Nürnberger Seite. 2 Abseitstore und der aberkannte Elfmeter von Can Uzun sprechen für sich. Die Phase rund um den Halbzeitwechsel war sicherlich die stärkste Nürnberger Phase, in der man es öfter schaffte, Rhythmuswechsel vorzunehmen und den tiefen Paderborner Block so besser in Bewegung brachte, wodurch sich nicht nur am Flügel, sondern auch im Zentrum freie Räume ergaben. Durch das 0:2 nach 61 Minuten, das man natürlich deutlich besser verteidigen muss, war der Glaube an die Aufholjagd aber gebrochen. Spätestens mit dem zweiten Abseitstor in der 70. Minute verblassten die Nürnberger Angriffe wieder. Obwohl es 11 Minuten Nachspielzeit gab, fand man kaum noch zu gefährlichen Abschlüssen. Auch die Einwechslungen von Andersson, Wekesser und Co. nahmen auf die Partie keinen Einfluss mehr. In der Schlussphase versuchte man es mehr mit Halbfeldflanken, um den schwedischen Zielspieler in Szene zu setzen. Es blieb allerdings beim Versuch.
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