Guter Trend
Sechs der bisherigen zwölf Pflichtspiele hat der 1. FC Nürnberg in dieser Saison verloren. Zuletzt konnte man aber bessere Ergebnisse einfahren und steht mit acht Punkten aus den vergangenen vier Partien auf dem fünften Rang der Formtabelle in diesem Zeitraum. Doch wie sieht es um die Leistung aus? Ist auch hier ein Aufwärtstrend erkennbar?
„Wenn man das Spiel ausklammert, dann ja“, meint FCN-Trainer Miroslav Klose und bezieht sich damit auf das Spiel gegen Eintracht Braunschweig: „Weil wir wenig den freien Spieler gefunden haben und wenig in unser Kurzpassspiel gefunden haben.“ Woran das lag, konnte der 47-Jährige unmittelbar nach dem Spiel noch nicht genau einschätzen: „Da muss ich erst Bilder sehen, weil im Spiel war es nicht wirklich greifbar für mich.“
Ballbesitzfußball
Doch genau hier liegt eines der Probleme, die Klose oftmals vorgeworfen werden. Er selbst betont regelmäßig, dass er ein Trainer ist, der sich über Ballbesitzfußball definiert. In dieser Spielzeit hat der Club exakt 50% Ballbesitz und rangiert damit im Mittelfeld der 2. Bundesliga. In der zweiten Halbzeit gegen Braunschweig hatte seine Mannschaft sogar nur 40% Ballbesitz – angesichts des Gegners sicherlich nicht die Art und Weise, wie man sich den FCN vorstellt.
Gegenbeispiel
Was den Franken ebenfalls häufig vorgeworfen wird, ist, dass sie über keinerlei Abläufe verfügen, sondern ausschließlich von individueller Qualität leben. Das ist sicherlich übertrieben formuliert. Das beste Beispiel ist das Spiel am vergangenen Samstag. Das war nicht gut, aber die beiden Tore resultierten nicht aus Zufall, sondern aus guten Spielzügen. Das 1:0 beginnt bei Torhüter Jan Reichert, der angelaufen wird. Über Fabio Gruber landet der Ball bei Tim Drexler. Die Abspiele sind bis dahin gut getimt und in den vorderen Fuß gespielt, um den Ball mit einem Kontakt schnell weiterleiten zu können.
Auffällig ist hierbei auch die Positionierung von Finn Ole Becker. Da dessen Gegenspieler beim Pass auf Drexler auf diesen herausrückt, bewegt sich Becker frühzeitig aus dem Deckungsschatten seines Gegners. Drexler spielt sofort die Linie entlang weiter, Becker nimmt den Ball mit dem rechten Fuß an und lässt ihn auf den nach dem Abspiel weiterlaufenden Drexler mit links klatschen. In der Zwischenzeit haben sowohl Mohamed Ali Zoma als auch Artem Stepanov ihre Positionierungen verändert – einige Augenblicke später zappelt der Ball im gegnerischen Tor.

Warum nicht konstant?
Das 2:0 könnte man ähnlich ausführlich beschreiben, auch hier greift nach der Balleroberung von Berkay Yilmaz ein Rädchen ins andere. Vom Hinterlaufen des Linksverteidigers bis zur Staffelung im Strafraum, die das Durchlassen von Julian Justvan auf den Torschützen Finn Ole Becker ermöglichte. In diesen Situationen präsentierte man sich zielstrebiger als zuletzt, wenn es in das letzte Drittel ging. „Das haben wir heute gut gemacht. In den Kontern waren wir schnell und zügig“, lobt der Trainer.
Demgegenüber sah man jedoch auch Schwierigkeiten, sich gegen ein gutes gegnerisches Pressing zu befreien. Auch gegen das Mann-gegen-Mann Kaiserslautern hatte man Schwierigkeiten. Die Frage ist also, warum es die Mannschaft nicht konstant schafft, ihre Qualität abzurufen.
Nicht zufrieden
Auffällig ist, dass die Nürnberger in den letzten vier Partien, in denen man ungeschlagen blieb, immer weniger Ballbesitz als der Gegner verzeichneten. Ob Klose gerne mehr den Ball gehabt hätte? „Das auf jeden Fall“, macht er keinen Hehl daraus: „Aber man muss ihn schneller gewinnen. Dementsprechend müssen wir was finden, mit dem wir schneller Zugriff haben.“
Der 47-Jährige sieht die Ursachen für das Spiel mit Ball somit primär im Spiel gegen den Ball: „Weil wenn wir es schaffen, früher den Ball zu gewinnen, dann können wir Fußball spielen. Dann haben wir Ballbesitz.“
Parallelen
Während es schon Spiele wie etwa auf dem Betzenberg gab, in denen der FCN bewusst nicht hoch presste, sondern über eine gute Staffelung auf zweite Bälle und darauffolgende Umschaltaktionen zum Erfolg kommen wollte, kam man gegen Braunschweig einfach nicht zu den gewünschten hohen Balleroberungen: „Es war schwer, weil sie umgestellt haben. Sie haben uns bewegt, und unsere Wege waren zu weit.“
Klose zieht hierbei Parallelen zur Vorsaison, als man oft tief verteidigte: „Es war letztes Jahr vor allem im 5-3-2 der Fall. Da sind wir viel hinterhergelaufen.“ Auch wenn der Club hier bereits vieles versuchte – mal mit klaren Mannorientierungen, mal mit einem stärkeren Raumfokus gegen den Ball –, scheint man die ideale Lösung noch nicht gefunden zu haben. Trotz zwischenzeitlicher Aufwärtstendenz nach der Umstellung auf die Viererkette steht man insgesamt in sämtlichen Pressingparametern weiterhin unterdurchschnittlich da.
Entscheidende Wochen
Da der Club das Spiel gegen Braunschweig gewann, kehrte zumindest vorläufig etwas Ruhe ein. Klar ist aber auch, dass die Diskussionen rund um den FCN ganz anders ausgesehen hätten, wenn das Spiel mit der gezeigten Leistung nicht gewonnen worden wäre. Deshalb darf man durchaus von entscheidenden Wochen sprechen, in denen die Klose-Elf gefragt ist, wieder besser zu performen als zuletzt. Dass sie das kann, hat sie bereits gezeigt. Nur passten dabei die Ergebnisse nicht. Gewinnen und gut spielen – das ist nun der nächste Schritt.



