Julian Kania: von der Kreisliga in den Profifußball
Vor gut 3 Jahren kickte Julian Kania noch in Kreisliga. Nun scheint ihm der Sprung in den Profi-Fußball gelungen zu sein. Denn nach Informationen von transfermarkt.de (Stand 05.08.2024) steht Arminia Bielefeld kurz vor der Verpflichtung des Angreifers vom 1. FC Nürnberg. Als Ablöse steht eine niedrige sechsstellige Summe im Raum. Nachdem Kania von 2021 bis 2023 in 58 Bayernligaspielen 36-mal netzte, folgte der Wechsel zur U23 des FCN. Hier knüpfte er nahtlos an seinen Lauf vor dem Tor an. Mit 24 Toren in 31 Einsätzen avancierte der 22-Jährige zum Torschützenkönig der Regionalliga Bayern. Zudem konnte er 9-mal als Vorlagengeber in Erscheinung treten. Trotz dieser tollen Quote blieb ihm der Durchbruch zu den Profis der Franken verwehrt. Sowohl Cristian Fiél als auch Miroslav Klose trauten ihm offensichtlich nicht den Sprung in Deutschlands zweithöchste Spielklasse zu. Nichtsdestotrotz scheint der Wechsel in die 3. Liga der logische Karriereschritt des Überfliegers zu sein, wie die Analyse seiner abgelaufenen Saison zeigt.
„Ich bin überzeugt, dass ich meinen Weg gehen werde, auch wenn es nicht in Nürnberg sein wird.“
Julian Kania
über seine Zukunft via BILD
Kania eiskalt vor dem Tor
In erster Linie stachen seine Qualitäten vor dem Tor heraus. Insbesondere seine gute Schusstechnik und sein harter, aber dennoch platzierter Schuss verhalfen ihm zu seinen 24 Saisontoren, für die er kein einziges mal einen Strafstoß benötigte. Gleich 19 Tore erzielte Kania mit seinem starken rechten Fuß, 4 davon sogar durch direkt verwandelte Freistöße. Zudem zeigte sich der 1.93-m große Knipser gefährlich in der Luft und traf auch 4-mal per Kopf. Lediglich die Tatsache, dass Kania nur einmal mit dem linken Fuß netzte, schränkt seine ansonsten große Flexibilität bei der Torerzielung etwas ein. Das Niveau seines Abschlusses wird durch die Expected Goals deutlich: laut Qualität und Quantität seiner Torchancen wären rund 14 Tore erwartbar gewesen. Kania jedoch übertraf diesen Wert deutlich und erzielte 10 Tore mehr als erwartet. Dies lag natürlich auch daran, dass er bezüglich Anzahl der Ballaktionen im Strafraum (4.4 pro 90min) und Abschlüssen (3.3 pro 90min) zu den gefährlichsten Stürmern (0.47 xG pro 90min) der Regionalligen zählte.
Schwächen im Passspiel
Einer der kolportierten Gründe, wieso es bei den Profis bislang noch nicht reichte, waren wohl seine Fähigkeiten im Kombinationsspiel. Obwohl die U23 des FCN zu den ballbesitzreicheren (55%) Mannschaften zählte, war Kania unter allen Stürmern unterdurchschnittlich oft ins Spiel eingebunden. Durchschnittlich empfing er keine 10 Pässe pro 90 Minuten. Umso wertvoller war er allerdings, was das Festmachen von langen Bällen angeht. Einerseits arbeitete er gut mit dem Rücken zum Tor, um seinen Mitspielern das Nachrücken zu ermöglichen. Als bestes Beispiel gilt das Spiel im Frühjahr gegen die kleinen Bayern, als Kania gegen das hohe Anlaufen des Gegners als Zielspieler fungierte, um das Pressing auszuhebeln. Hinzu kommt, dass er über die Saison hinweg in puncto Qualität (42%+) und Quantität (5.7 pro 90min) seiner Luftduelle ebenfalls überdurchschnittliche Werte lieferte. Auch wenn er hin und wieder in den Halbraum auswich, um am Spiel teilzunehmen, ist seine Pressingresistenz aufgrund seines wechselhaften First Touches und seiner unterdurchschnittlichen Passquote (70%) ausbaufähig. In der Folge gewann Kania nur 29% seiner Offensiv-Duelle. Trotz seiner ordentlichen Physis könnte seine Entscheidungsfindung in mancher Situation noch besser sein. Ungeachtet dessen: gleich 5-mal spielte Kania den drittletzten Pass vor dem Torerfolg, was für seinen Mehrwert im Spiel mit Ball spricht.
Trotz Zug zum Tor: Auge für Mitspieler
Trotzdem ist der Stürmer in der Lage, auch selbst mit dem Ball am Fuß Tempo aufzunehmen. Fast viermal pro 90 Minuten ging der Knipser ins Dribbling. Immerhin behauptete er in fast der Hälfte der Fälle den Ball. Oftmals versuchte er, mit einer schnellen Bewegungen den Ball am Gegner vorbeizulegen, um sofort abzuschließen. Doch wie die Anzahl seiner Torvorlagen (9) zeigt, bewies er auch immer wieder das Auge für den besser postierten Mitspieler (0.77 Schussvorlagen pro 90min). Obwohl er nicht als Kreativspieler gilt, der tief aus dem Mittelfeld heraus für Progression sorgt, kreierte er für einen Stürmer relativ viele gute Torchancen (0.43 pro 90min) und war auch diesbezüglich statistisch im Stürmervergleich im oberen Viertel angesiedelt.
Kania auch ordentlich gegen den Ball
Einer der Begründungen für Kanias Aus bei den Profis war laut Klose die fehlende Intensität (via BILD): „Ich habe Julian gezeigt, wer seine Konkurrenz ist, was Intensität im Training angeht. Das war mir bei ihm zu wenig.“ Was der Weltmeister von 2014 damit genau meinte, blieb offen. Dass es an der Einstellung von Kania läge, ist für viele Beobachter des Torjägers ausgeschlossen. Und auch Kania selbst wehrte sich gegen diese These via BILD: „An meiner Einstellung liegt es ganz sicher nicht.“ Dies lässt sich wiederum durch die Statistik bekräftigen. Dafür, dass Kania bei einer Ballbesitzmannschaft spielte, waren seine fast vier erfolgreichen Defensivaktionen pro 90 Minuten völlig okay und fast auf Regionalliga-Durchschnittsniveau. Vor allem, was das Anlaufen des gegnerischen Spielaufbaus anging, bewies er immer wieder ein gutes Timing. Mit über zwei abgefangenen Pässen pro 90 Minuten zählte Kania sogar zu den Top-15% aller Regionalliga-Stürmer.
Kania: zweistellige Torausbeute für Arminia?
Angesichts des steilen Karriereverlaufs von Julian Kania ist es keineswegs eine Schande, sich noch nicht in einem 2.Bundesliga-Kader etablieren zu können, wie er auch selbst via BILD zugab: „Ich denke, dass es völlig normal ist, wenn man wie ich den Sprung von der fünften in die zweite Liga macht.“ Und auch FCN-Trainer Klose wollte mit seiner Aussage über Kania sicherlich nicht die Mentalität des Stürmers in Frage stellen (via BILD): „Ich weiß, wo er herkommt und dass er kein NLZ durchlaufen hat, aber er muss mir mehr zeigen.“ Die Chance, mehr zu zeigen, erhält Kania nun bei Arminia Bielefeld. Nach zwei Abstiegen in den letzten 3 Jahren dürften die Ambitionen des Traditionsverein nicht klein sein, wenngleich man sich der Schwere der Liga bewusst ist. Trainer Michel Kniat darf sich nun anscheinend auf eine neue Option in der Sturmspitze freuen, der trotz des großen Sprungs von Regionalliga in die 3. Liga eine zweistellige Torausbeute zuzutrauen ist.