Jan Reichert – neue Nummer 1 des FCN?
Seit nunmehr drei Jahren hütet Jan Reichert das Tor des 1. FC Nürnbergs. Allerdings nicht etwa in der 2. Bundesliga, sondern in der Regionalliga Bayern bei der U23. Da die Torhüterfrage in der ersten Mannschaft bzgl. der kommenden Saison offen scheint, könnte es die große Chance für Reichert sein, zur neuen Nummer 1 beim Club aufzusteigen. Intern scheint man ihm diese Rolle durchaus zuzutrauen. Denn nicht ohne Grund verlängerte man vor gut einem Jahr den Vertrag des gebürtigen Schweinfurters, der bis 2027 an den Verein gebunden sein soll. Da Reichert im Sommer mit 23 Jahren ein gestandenes und trotzdem noch junges Torhüter-Alter erreicht, scheint sich eine Jetzt-oder-Nie-Situation anzubahnen. Schließlich dürfte der talentierte Schlussmann nach drei Jahren Regionalliga nach Höherem streben.
Reichert als mitspielender Torwart bei der U23
Dass Reichert für höhere Aufgaben in Frage käme, zeigen seine Leistungen in der U23 des FCN. Dabei scheint er über ein Torhüterprofil zu verfügen, dass sich durchaus mit dem Anforderungsprofil des Fiél-Fußballs deckt. Bekanntermaßen bevorzugt Club-Trainer Cristian Fiél einen gepflegten Spielaufbau, in dem der Torhüter involviert ist. Diesbezüglich liefert Reichert Top-Werte in der aktuellen Regionalliga-Saison. Oftmals zwischen die beiden Innenverteidiger aufrückend ist der 1.91-m große Keeper sehr aktiv im Spiel mit Ball. Kein Torhüter der Regionalliga Bayern spielt so viele Pässe pro 90 Minuten wie der 22-Jährige.
Reichert mit Top-Werten im Spielaufbau in der Regionalliga
Wichtig dabei: Reichert spielt die Pässe nicht nur quer, sondern versucht das Spiel seiner Mannschaft voranzutreiben. Mit 26 Vertikal-Pässen pro 90 Minuten stellt Reichert die Benchmark unter Deutschlands Regionalliga-Torhütern dar (ausgenommen Nord/Ost). In der Folge spielt Reichert über 11 raumgewinnende Pässe pro 90 Minuten, was den Top-Wert in der RL Bayern darstellt. Dass 74% dieser Pässe den Mitspieler finden, ist angesichts der Menge ein guter Wert. Wie beispielweise neulich gegen den FC Bayern II zu sehen, sind Reicherts Pässe fast ausschließlich mit Auge gespielt. Das hohe Zustellen des Gegners überspielte Reichert gekonnt, in dem er präzise lange Pässe in den oftmals vom Gegner verwaisten Sechserraum spielte. Beeindruckende 9 seiner 13 langen Pässe (69%) kamen in dieser Partie an. Dadurch konnte seine Mannschaft viele vielversprechend Angriffe durchs Zentrum initiieren.
Fragezeichen auf der Linie?
Kleine Fragezeichen gibt es noch bei Reicherts Fähigkeiten auf der Linie – zumindest, wenn man der Statistik glaubt. Nach errechneter Schussqualität der gegnerischen Abschlüsse hätte Reichert in dieser Saison rund 4 Gegentore weniger kassieren können. Doch die Zahlen über seine gesamte Regionalliga-Karriere hinweg zeigen: Reichert ist da, wenn er gebraucht wird. Dies konnte er beispielweise auch beim 6:2-Auswärtssieg in Bamberg zuletzt zeigen. In der ersten Halbzeit verhinderte er mit einer reaktionsschnellen Fußabwehr den zwischenzeitlichen Bamberger Ausgleich. Gleiches gelang ihm in der zweiten Halbzeit, als er einen Kopfball aus kurzer Distanz wegbugsierte. In Verbindung mit seinem sicheren Passspiel (90% Passquote) verkörperte er wie so häufig in dieser Saison ein modernes Torhüterspiel.
Reichert schon bald im Tor in der 2. Bundesliga?
Zwar zeigen die Statistiken, dass Reichert wohl zu gut für die Regionalliga ist. Jedoch werden letztendlich nur Einsatzzeiten auf höchstem Niveau zeigen können, ob er bereit für die 2. Bundesliga ist. Nach dem Erreichen der 40-Punkte-Marke wäre für Fiél die Möglichkeit gegeben, mit Hinblick auf die neue Saison Experimente zu wagen. Dass ein Torwartwechsel schneller als gedacht von Statten gehen könnte, ließ Fiél gegenüber der BILD anklingen:
„Es kann immer etwas passieren, deswegen kann ich das nicht beantworten. Vielleicht will ja noch etwas sehen. Da kann es viele Gründe geben.“
Cristian Fiél
auf die Frage, ob Carl Klaus bis Saisonende die Nummer 1 bleibe (via BILD)
Reichert mit starker Persönlichkeit & großer Zukunft beim FCN?
Doch wer Fiél kennt, weiß, dass der Trainer im Vorfeld eines Spieles möglichst wenig preisgeben will und sämtliche Fragen offen lässt, weshalb diese Aussage nicht auf die Goldwaage zu legen ist. Ob im Falle eines Wechsel Reichert die Option Nummer 1 wäre, ist die nächste Frage. Jedenfalls ist es Reichert zuzutrauen, auch in der 2. Bundesliga seine Abwehr organisieren zu können. Dass er keine Scheu davor hat, seine Mitspieler zu coachen, war beispielsweise beim Test gegen Ingolstadt vor wenigen Wochen lautstark zu hören. Ohnehin war die für einen Torhüter so wichtige Persönlichkeit neben seinen Leistungen ein ausschlaggebender Grund für die Vertragsverlängerung, wie Sportdirektor Olaf Rebbe damals verlauten ließ:
„Jan hat uns nicht nur mit seinen Leistungen überzeugt, sondern auch mit seiner Persönlichkeit neben dem Platz. Die Vertragsverlängerung dokumentiert das Vertrauen in Jan und seine große Zukunft beim Club.“
Olaf Rebbe
vor gut einem Jahr zur Vertragsverlängerung von Reichert