Im Fußball ist alles möglich!

Nach ordentlicher Anfangsphase verliert der 1. FC Nürnberg verdient sein Heimspiel gegen eine Hertha, die dafür nicht einmal an ihr Leistungsmaximum gehen musste. Trainer Klose steht weiterhin vor vielen Baustellen, die sein Vorgänger auszunutzen wusste.

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Foto: fcn.de

Ausgeglichene Anfangsphase & ausbleibender Elfmeterpfiff

Überraschend gut startete der 1. FC Nürnberg gegen die Hertha aus Berlin in die Partie. Zwar verzeichneten die Gäste wie erwartet mehr Ballbesitzanteile. Jedoch wusste der Club die gegnerischen Angriffe kompakt zu verteidigen, ohne in Passivität zu verfallen. Trotzdem wurde schon früh sichtbar, dass Maza der FCN-Defensive noch Probleme bereiten könnte. Nach Balleroberung konnte der FCN andeuten, dass die Fiél-Elf durchaus verwundbar war. Vor allem, wenn man Justvan zwischen den Linien fand, ergaben sich gefährliche Ansätze. Auch die Laufwege von Goller stellten seinen Gegenspieler Zeefuik um das ein oder andere Problem. Da beide Mannschaften sich lediglich Halbchancen erspielten, ging das torlose Remis nach der Anfangsphase in Ordnung. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Hertha sich sehr glücklich schätzen darf, dass der Schiedsrichter nach Ernsts Einsteigen gegen Okunuki nicht auf Strafstoß für den Club entschied.

Kein Zugriff am Flügel

Die Klose-Elf verteidigte in einem engen 4-3-3, auf welches man bereits in Ulm setzte. Der Plan sah es vor, die Hertha schon früh zu pressen. Wirklichen Zugriff bekam man jedoch nicht. Fiél antizipierte die Nürnberger Struktur im Spiel gegen den Ball und passte seinen Spielaufbau dementsprechend an: „Wir wussten, dass der Club das Zentrum verdichtet. Demzufolge wollten wir sie über die Flügel knacken.“ Anders als in den Vorwochen, als man zu dritt aufbaute, schoben diesmal beide Außenverteidiger Kenny und Zeefuik hoch. Immer wieder fand man diese nach Verlagerungen und Chipbällen. Grund dafür war, dass der Club es zwar schaffte, das Zentrum zu verdichten, aber vom Mittelfeld aus zu weite Distanzen hatte, um den Raum auf der Außenbahn zu schließen. Von dort aus schaffte es die Hertha mit fortlaufender Spieldauer immer besser, das Spiel zu beschleunigen. So fällt auch das 1:0, als Maza auf den Flügel abkippt und Knoche im 1-gegen-1 stehen lässt. Bereits zuvor kam Scherhant nach Verlagerungen schon zu vielen Dribblings, die Castrop nicht stoppen konnte. Castrop spielte übrigens auf dem rechten Flügel, da Klose dem schnellen Winkler (36 km/h) mit Villadsen entgegnen wollte.

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Nürnberg versuchte, das Zentrum zu verdichten. Das gelang auch, die Flügel blieben jedoch offen. 76% der Berliner Angriffe erfolgten über die Flügel. Zudem bekam man kaum Balldruck auf Herthas Innenverteidiger. Vor allem Gäste-Kapitän Leistner, der aufgrund Gechters Verletzung spielte, wurde in Ruhe gelassen, obwohl er nicht der Filigranste im Spielaufbau ist.

Alles eine Frage der Struktur?

Nach dem Rückstand zog sich die Hertha zurück und überließ Nürnberg mehr den Ball. Ein Novum bei den Berlinern, die zuvor den mit Abstand höchsten Ballbesitzanteil der Liga verzeichneten – der Plan ging jedoch auf. Wie schon in Ulm baute der FCN sein Spiel erneut mit dem zwischen die Innenverteidiger Knoche und Jeltsch zurückfallenden Flick zu. Die beiden Außenverteidiger Viladsen und Castrop positionierten sich zudem auffallend tief, wodurch der Spielaufbau fast zu fünft aus der ersten Linie heraus erfolgte. Davor war erneut Caspar Jander die erste Anspielstation. Die Anbindung an die Halbräume fehlte erneut, da die Flügelspieler auf einer Höhe mit den Außenverteidigern agierten und dementsprechend nicht besetzt waren. „Wir stehen zu viel in den Positionen“, monierte auch Julian Justvan nach Abpfiff. Klose sprach zwar davon, dass man viel den Ball hatte – dieser fand jedoch nahezu ausschließlich in ungefährlichen Zonen statt. Demzufolge war es auch kein Zufall, dass der Club zwischen der 25. und 70. Minute keinen Torschuss abgab.

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Nürnbergs Struktur im Spielaufbau. Außenverteidiger und Flügelspieler stehen auf einer Linie – sieht man selten und klappt auch selten.

Zu unsauber?

Miroslav Klose monierte nach dem Spiel, dass man zu unpräzise agierte und sich so viele erfolgsversprechende Angriffe zunichte machte: „Wir haben die Räume gefunden, die wir wollten, waren aber zu unsauber. Das hat auch etwas mit dem Kopf zu tun, weil du musst daran glauben und im richtigen Moment den Ball fordern.“ Tatsächlich kam der letzte Ball häufig nicht gut genug, jedoch kam man schon deutlich zu selten in die Gelegenheit, einen „letzten“ Ball zu spielen. Auch individuell erwischten viele Club-Akteure keinen guten Tag. Jens Castrop hatte als Rechtsverteidiger im Spiel gegen den Ball große Probleme, auch Robin Knoche konnte nicht sein Timing aus vergangenen Tagen beweisen. Das Offensivtrio war zudem kaum im Spiel, auch Neuzugang Emreli wirkte noch nicht eingebunden. Klose prangerte zudem die fehlende Zweikampfhärte an, wollte seiner Mannschaft aber dennoch keinen Vorwurf machen, da sie alles versuchte.

Boxbesetzung nicht vorhanden

Ein anhaltendes Nürnberger Problem ist zudem die schwache Positionierung im gegnerischen Strafraum. Bricht man am Flügel durch, sind die Optionen im Sechzehner kaum vorhanden. „Uns fehlen vorne die Männer“, kritisiert auch Justvan die magere Besetzung in der Offensive, was sicherlich auch der Nürnberger Struktur im Spielaufbau zuzuschreiben ist, da durch diese viele Spieler tief im Aufbau gebunden sind und dementsprechend vorne fehlen. Dennoch könnte man sich deutlich besser in der Box staffeln, um Gefahr zu erzeugen. Ohnehin fehlt es oftmals an der Besetzung in der vordersten Reihe. Als Emreli versuchte, sich die Bälle tiefer abzuholen, füllte kein anderer Spieler den freiwerdenden Raum ganz vorne auf, was eigentlich zu den Basics gehören und nach nun 7 Pflichtspielen bereits funktionieren sollte. Doch von gruppentaktischen Abläufen ist nach wie vor wenig zu sehen.

Kein Reaktion des Trainerteams – verdiente Niederlage

Ebenfalls bedenklich stimmt, dass das Trainerteam des FCN zum wiederholten Male nicht auf das Spielgeschehen reagierte. Die Probleme mit der starken linken Seite der Berliner hätten beispielweise mit einem Seitentausch von Knoche, der auf halbrechts Castrop gegen Maza und Scherhant nur selten helfen konnte, mit Jeltsch angegangen worden werden. Auch am am tiefen Aufbau aus einer flachen Fünferkette wurde nichts geändert. In der Folge ist die Hertha kein großes Risiko damit eingegangen, dem ideenlos wirkenden FCN den Ball zu überlassen. Obwohl auch bei der alten Dame zum Saisonstart noch viele holperte und sie nicht ihre beste Leistung in Nürnberg zeigte, reichte es zu einem ungefährdeten Sieg. Die endgültige Entscheidung durch Palko Dardai in der 90. Minute wäre bei konsequenterem Ausspielen der Konterangriffe schon früher möglich gewesen. Nach sieben Pflichtspielen lässt der Club weiterhin auf seinen ersten überzeugenden Auftritt warten. Einstudierte Automatismen, wie man eine geordnete Defensive bespielen möchte, sind bislang nicht zu sehen. Oftmals wirkt der ballführende Nürnberger ratlos. Dass diese Rat-, Ideen- und Planlosigkeit schon nächste Woche in Hannover nicht mehr so häufig zu sein wird, erscheint derzeit unrealistisch. Aber: im Fußball ist alles möglich!

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