Nächstes historisches FCN-Spiel
Mit dem Tabellenletzten Jahn Regensburg stand dem 1. FC Nürnberg eine Pflichtaufgabe im eignen Stadion bevor, die es irgendwie zu erfüllen galt. Dass dies dem Club auf die wohl verrückteste und unterhaltsamte Art und Weise gelang, war kaum zu erwarten. Nach dem historischen Derbysieg folgte nun der nächste denkwürdige Auftritt. Denn zum ersten Mal erzielte der FCN in einem Spiel der ersten oder zweiten Liga acht Tore.
Kloses Plan geht auf
Die Gäste aus Regensburg versuchten, den FCN früh im Spielaufbau zu pressen. Phasenweise gelang dies zwar, über weite Strecken offenbarte man aber auch erhebliche Schwächen, die die Klose-Elf zu nutzen wusste. Durch die „Manndeckungen“ des Aufsteigers trafen im Spiel häufig Schienenspieler und Schienenspieler aufeinander. Villadsen und Soares gegen Pröger und Bauer. Auffällig war, dass der Club die Räume dahinter konsequent belief und bespielte. Verteidigte beispielsweise Pröger auf Soares heraus, bewegte sich auffällig oft Jens Castrop in den Raum dahinter. Beispielhaft hierfür war bereits der erste hochkarätige Nürnberger Abschluss der Partie. In der 7. Minute erobert der FCN einen der vielen zweiten Bälle. Soares hat den Ball am Fuß, Pröger versucht ihn unter Druck zu setzen, öffnet dadurch aber den Raum hinter sich für Emreli, der dies erkennt. Ähnliches passiert eine Reihe weiter vorne, nachdem Emreli am Ball ist. Diesmal läuft Castrop im Rücken des Gegenspielers in die Tiefe. Am Ende der Szene bringt Soares die Hereingabe und Justvan scheitert doppelt in der Mitte. „Sie haben mit der rechten Schiene sehr hochgeschoben und dann hat sich da der Raum ergeben“, erklärt Jens Castrop nach der Partie.
Nürnbergs Fortschritte
Der Nürnberger Spielaufbau erinnerte zumindest in Teilen an die ersten Spieltage. Denn auch diesmal versuchte der Gegner, den Club Mann-gegen-Mann zu pressen. Gegen Regensburg streute der FCN wiedermal den ein oder anderen unnötigen Ballverlust zu viel ein und hatte phasenweise Schwierigkeiten, sich aus dem Druck zu befreien. Mittlerweile erkennt man aber deutlich mehr Bewegung, Muster und Abläufe, wie man sich dem Pressing entziehen möchte. So schiebt mitunter Finn Jeltsch auf die 6, man überlädt bewusst gewisse Räume, arbeitet mehr mit „Spielen und Gehen“ und ist zudem im Angriff qualitativ deutlich hochwertiger besetzt als in den ersten Wochen. Zwar ist es nicht immer der kontrollierte Ballbesitzvortrag, aber mit seinen Bewegungen schaffte man es gegen Regensburg, entweder den Rücken der Gäste zu attackieren oder den Raum vor der Abwehr freizuziehen. In der Folge war entweder Justvan mutterseelenalleine zwischen den Ketten oder Tzimas, Emreli und Co. konnten in die Tiefe geschickt werden. Ähnliches war auch beim 1:0 zu sehen. Jander fängt einen Pass vor dem FCN-Strafraum ab, spielt auf Justvan, der seinen Gegenspieler im 1-gegen-1 aussteigen lässt und Fahrt aufnimmt. Der FCN kommt in eine 4-gegen-3-Überzahl. Da Regensburgs Bittroff als zentraler Innenverteidiger nach vorne verteidigt, öffnet sich die Tiefe, die Justvan sieht und bespielt. Emreli kommt zwar nicht direkt zum Abschluss, aber über Umwege erzielt Tzimas von halblinks mit seinem Schuss ins lange Eck den Führungstreffer.
Unnötig ins Spiel zurückgebracht
Nach dem 2:0 durch Emreli sah es schon früh nach dem 3. Sieg in Folge aus. So kam es am Ende, der Weg dahin war aber wilder als vermutet. Nach und nach schlichen sich Leichtsinssfehler und Unkonzentriertheiten in das Nürnberger Spiel ein. Auch das Einsammeln von zweiten Bällen lief nicht so ideal, sodass Regensburg das Spiel phasenweise in die Cluberer Hälfte verlagern konnte Miroslav Klose hatte diesbezüglich sogar bereits eine Vorahnung: „Ich war heute bewusst länger draußen und habe mir das Warmmachen angeschaut, da war ich nicht zufrieden. Sie sind nicht über den Punkt gekommen beim Warmmachen, wo sie sich quälen müssen. Das brauchen wir bereits beim Warm-Up. In Fürth war es so, heute war es einen Tick zu weniger.“ Der FCN-Trainer bemängelte zudem, dass man in einigen Abschnitten der Partie zu wenig Kopfballduelle für sich entscheiden konnte, unter anderem auch Finn Jeltsch. „Aber das ist normal als junger Spieler, das werden wir ihm zeigen.“ Durch einen Ballverlust, den man in der Folge schlecht verteidigt und einem Handelfmeter stand es zwischenzeitlich 2:2. Der Führungstreffer kurz vor der Pause zeigte aber wieder, dass man offensiv derzeit immer für ein Tor gut ist. Karafiat und Soares bleiben nach ihrem Pass in der Aktion drin und am Ende schießt Justvan zum 3:2 ein. Spielen und Gehen, Übersicht und ein guter Abschluss mit links – so einfach ist es manchmal.
Neue Stärke als Antwort auf Passivität
Die zweite Halbzeit ging mehr oder weniger so weiter, wie die erste aufgehört hat. Der Gast war das optische überlegene Team, das häufiger ins letzte Drittel kam, während der Club auf seine Umschaltaktionen lauerte. Da in der Viertelstunde nach der Pause der FCN zu passiv wurde, konnten selbst die häufig ideenlos wirkenden Regensburger einen schön herausgespielten Angriff zum 3:3 nutzen. Auf der anderen Seite blieb die Enochs-Elf weiterhin enorm anfällig gegen die schnellen, vertikalen Vorstöße der Nürnberger, weshalb über die gesamte Partie hinweg gefühlt jeder FCN-Angriff eine Großchance war. Trotzdem musste die neu erarbeitete Stärke nach Standards zur Entscheidung helfen. Erst rutsche ein scharf getretener Justvan-Freistoß durch. Wenig später schnürte der Spieler des Spieles seinen Dreierpack per Strafstoß, der aus einem schönen Spielzeug über Jeltsch, Justvan selbst und dem gefoulten Yilmaz resultierte. Die darauffolgende Schlussphase machte einen ohnehin schon wilden Abend vogelwild.
Starker Club oder schwacher Jahn?
Dass der Jahn die schwächste Passquote und kürzesten Ballbesitzzeiten der Liga verzeichnet, zeigte sich ebenfalls im Max-Morlock-Stadion. Viele einfache Ballverluste, große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen und uninspirierte versuchte Diagonalbälle waren keine Seltenheit. Eroberte der 1. FC Nürnberg den Ball, wurde es gefährlich – und wie! Zum einen, weil der 1. FC Nürnberg sehr viel Qualität in seinen Reihen hat. Zum anderen, weil man mit vielen Läufen in die Tiefe den Gegner vor viele Aufgaben stellt. Und zum anderen, was auch Teil der Wahrheit ist, weil sich der SSV Jahn Regensburg in puncto Restverteidigung und Tiefensicherung am Freitagabend nicht zweitligatauglich präsentierte. Man könnte an dieser Stelle viele individual- und gruppentaktische Fehler der Gäste erwähnen. Bei acht erzielten Treffern sollte man aber vermutlich viel mehr die Nürnberger Offensive loben. „Das Wichtige ist, dass wir die Bälle festmachen. Das hat uns zu Saisonbeginn gefehlt, wir konnten keine Passstafetten aufziehen. Meine Spieler erkennen jetzt die Räume. Das Timing wird immer bessern, wann wir sie laufen. Auch die Schärfe im Pass ist sehr gut. Das wird immer besser, auch weil die Leichtigkeit zurück ist“, lobt Klose.
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