Nach Kritik: großer Druck auf Reichert
Es war keine leichte Woche für Jan Reichert. Schließlich geriet der FCN-Torhüter trotz einer bislang ordentlichen Debütsaison überraschend ins Kreuzfeuer heftiger Diskussionen um seine Zweitligatauglichkeit. Dass diese Debatten nicht spurlos am 23-Jährigen vorbeigingen, konnte man anhand seiner Reaktion nach dem knappen 1:0-Sieg über Darmstadt 98 erahnen. Nicht nur fiel ihm nach einer fehlerfreien Partie ein Stein vom Herzen, sondern auch er selbst fiel mit Ertönen des Schlusspfiffs zu Boden.
Aus der Entfernung wollte mancher sogar Tränen in den Augen des Schweinfurters erkannt haben. „Ich habe in meiner jungen Karriere schon leichtere Spiele gespielt“, gab Reichert via fcn.de nach der Partie zu. Offenbar lastete großer Druck auf den Schultern von Nürnbergs Nummer 1, der mit Spielende abfiel.
„Wir haben ein sehr gutes und langes Gespräch diese Woche geführt. [..] Er war einfach nur glücklich, dass er zu Null gespielt hat, wir gewonnen haben, dass er das Vertrauen von uns allen gespürt hat.“
Miroslav Klose
über Reicherts emotionale Reaktion nach Schlusspfiff
Dass Reichert während der 90 Minuten einen souveränen Eindruck vermittelte, hatte wohl auch mit dem Einfühlungsvermögen seines Konkurrenten zu tun. Zumindest forderte bereits der ein oder andere, Ersatztorhüter Christian Mathenia zurück ins Clubgehäuse zu beordern. Wie wenig sich der 32-Jährige als Konkurrent sieht, sondern vielmehr als Mitspieler und Führungspersönlichkeit, konnte man beim Aufwärmen beobachten.
Motivator Mathenia
Offenbar spürte der ehemalige Stammkeeper, dass Reichert an diesem Tag Zuspruch gebrauchen könnte. Beim Warmschießen feierte er mehrmals die Paraden seines vermeintlichen Konkurrenten und versuchte so, dessen Selbstvertrauen zu stärken. Zudem war zu erkennen, wie der erfahrene Mathenia in einem intensiven Zwiegespräch positiv auf den in die Kritik geratenen Schlussmann einredete – Worte, die offenbar gefruchtet haben.
Zwar wurde Reichert von den Lilien nur einmal gefordert. Doch darüber hinaus strahlte der Keeper Sicherheit aus, hielt die Bälle in Richtung seines Tores fest und wusste sogar in der Spieleröffnung zu überzeugen – sei es durch eine Ein-Kontakt-Weiterleitung zur Spielverlagerung oder einen progressiven Vertikalpass flach durch die Mitte.
Führungspersönlichkeit in junger Mannschaft
Ob Reichert diese Leistung nicht auch ohne Mathenias Hilfe dargeboten hätte, ist natürlich ungewiss. Doch es kann sicher nicht schaden, eine starke Persönlichkeit im Rücken zu haben. Mathenia beweist dadurch einerseits, wie gut diese junge Nürnberger Mannschaft offensichtlich zusammenhält. Andererseits zeigt er eindrucksvoll, wie wertvoll Führungspersönlichkeiten sein können, selbst wenn sie nicht zum Einsatz kommen.
Wie sehr sich der dienstälteste FCN-Spieler hinter Enrico Valentini dann noch über den dritten Heimsieg in Serie freute, ist ein weiterer Beleg dafür, dass der mannschaftliche Erfolg für ihn weit über persönlichen Belangen steht.