FCN: Wie aus der größten Schwäche eine Stärke wurde

Wende geglückt! Dank einer Prise Guardiola und einem Hauch Diniz spielt Nürnberg mittlerweile modernen und erfolgreichen Fußball.

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Foto: FCN

Saisonbeginn: Einfaches Spiel für den Gegner

In der Vorbereitung setzte der 1. FC Nürnberg auf ein sehr enges 4-3-3. Miroslav Klose erhoffte sich durch die engen Abstände kurze Wege, um sofort im Gegenpressing aktiv sein zu können. Wenn man ins Spielen kam, sah es auch in Ansätzen vielversprechend aus. Das „wenn“ war jedoch das größte Problem. Denn in der 2. Bundesliga presste seit dem Auftaktspiel in Karlsruhe jeder Gegner den FCN im Mann-gegen-Mann und setzte das Nürnberger Spiel dadurch Schachmatt. Klose legte von Beginn an Wert darauf, dass man „schwer zu greifen“ ist. Dies war jedoch nicht der Fall, da die enge Nürnberger Ausrichtung es dem Gegner einfach machte, mannorientiert zu verteidigen.

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Szene aus der ersten Halbzeit gegen Schalke. Der FCN attackiert offensiv weder die Breite, noch die Tiefe. Schalke verteidigt Mann-gegen-Mann und dem FCN fällt dagegen nichts ein.

Lösungen gegen Manndeckungen

Nach und nach schraubte man beim Club daran, schwerer ausrechenbar zu sein. Spätestens seit der letzten Länderspielpause ist man dies auch. Da in der 2. Bundesliga und mittlerweile allgemein im Fußball viele Teams zur „Manndeckung“ zurückkehren, war es umso wichtiger, dagegen Lösungen zu entwickeln. Das tat man – sehr erfolgreich sogar. 

Spielen und Gehen

Eine der offensichtlichsten „Upgrades“ ist das Spielen und Gehen. Das bedeutet, dass der ballführende Akteur nach dem Abspiel nicht stehen bleibt, sondern nach vorne läuft und sich in den freien Raum bewegt. Dadurch öffnet er nicht nur gleichzeitig Platz für Mitspieler, sondern hat auch den Bewegungsvorsprung vor seinem Gegenspieler. Als eine der daraus resultierenden Folgen tauchen mittlerweile auch Nürnbergs Innenverteidiger regelmäßig im letzten Drittel auf, wodurch beispielsweise Jeltsch gegen Fürth und Knoche gegen den HSV sogar Tore vorbereiten.

Gegenläufige Bewegungen

Der Vorteil einer gegnerischen Manndeckung ist, dass man diese auch immer „manipulieren“ kann. Auch dies schaffte der FCN in den letzten Wochen oftmals durch gut getimte Gegenbewegungen. Kommt ein Nürnberger Spieler aus der Offensive kurz und sein Mitspieler geht mit, öffnet sich zwangsläufig der Raum dahinter. Startet also im gleichen Moment ein anderer Cluberer darein und erhält den Ball, hat er den entscheidenden Bewegungsvorsprung, um aufzudrehen oder mit Tempo in Richtung Tor zu laufen.

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Beispielhafte Szene aus dem Spiel gegen den FCK. Der ballführende Soares bekommt Druck von seinem Gegenspieler Ronstadt, die anderen Nürnberger sind mannorientiert gedeckt…
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…aber Lubachs schneidender Tiefenlauf und Emrelis Bewegung öffnen den Steckpass für Tzimas, der die Schnittstelle beläuft. Am Ende verhinderte nur der Pfosten die Nürnberger Führung.

Guardiola oder Diniz?

Pep Guardiola prägte beim FC Barcelona seinerzeit das klassische Positionsspiel. Das bedeutet, dass gewisse Räume und Zonen in einer zumeist relativ klaren Struktur besetzt sein müssen. Der Brasilianer Fernando Diniz definierte unter anderem bei Fluminense Rio de Janeiro, mit denen er die südamerikanische Champions League gewann, den Fußball ein stückweit neu. Denn beim dort praktizierten „relationism“ (hier als Relationismus oder Beziehungsfußball bekannt) steht primär der Ball im Vordergrund – und nicht der Raum. Das heißt, dass sehr viele Spieler in Richtung Ballnähe schieben, um „Beziehungen“ herzustellen und kurze Passdistanzen zu haben. 

Nürnberger Mischform

Beim 1. FC Nürnberg sieht man tatsächlich eine Mischform aus beiden Denkweisen und Herangehensweisen. Im Spielaufbau setzt man in weiten Teilen auf eine klare Struktur, um beispielsweise durch das Spiel über den Dritten die erste gegnerische Pressinglinie zu überspielen. Vor allem im Übergangsspiel und im letzten Drittel überlädt man hingegen Räume sehr bewusst und schiebt mit viel Personal in Richtung Ball, um möglichst viele Anspielstationen zu haben. Gleichzeitig positioniert man aber auf der ballfernen Seite einen Spieler und damit einen möglichen Empfänger für die Verlagerung. Schiebt der Gegner mannorientiert auf die Ballseite, geht funktioniert die Verlagerung. Wenn nicht, ist der Club in Überzahl und kann sich im Idealfall durchspielen.

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Das 0:2 in Fürth zeigt die Nürnberger Mischform aus Guardiola- und Diniz-Elementen. Die ballführende rechte Seite wird massiv überladen, auf der linken Spielfeldhälfte stehen der absichernde Karafiat und Breitengeber Soares. Nach einer Verlagerung von Justvan kommt Soares (positioniert sich zuvor nach dem Prinzip der „minimalen Breite“), flankt auf Tzimas und der trifft zum 0:2.

Schwer zu greifen

Mittlerweile ist der 1. FC Nürnberg für Gegner tatsächlich schwer zu greifen, da das Team mit viel Bewegung, Dynamik und taktischer Flexibilität agiert. Dazu zählt auch das situative Aufrücken von Finn Jeltsch oder die gezielten Positionsanpassungen je nach gegnerischem Anlaufverhalten. Zudem wirkt die Mannschaft seit Wochen sehr gut auf den kommenden Gegner eingestellt, was dem Trainerteam ein großes Lob abverlangt. Mittlerweile spielt der FCN einen sehr modernen Fußball, der zudem attraktiv zum Anschauen ist. Das war längst nicht immer so.

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