Alles anders
Es bedarf keiner Diskussion darüber, ob der 1. FC Nürnberg die Entstehung des 1:1-Ausgleichstreffers gegen Holstein Kiel hätte besser verteidigen müssen. Das hätte er – und zwar deutlich. Bis dahin schien der FCN auf einem guten Weg, den dritten Sieg aus den vergangenen vier Partien einzufahren. So wirklich angedeutet hatte sich das Gegentor nicht. Die Gäste hatten viel den Ball, aber auch nach der Pause weniger Strafraumaktionen als der Club und gaben gerade einmal fünf Abschlüsse im zweiten Durchgang ab.
Das ist im Endeffekt aber egal, denn die zweite Halbzeit verlor der FCN mit 0:1. Fällt das Tor nicht, wäre nun wohl von einer reifen und erwachsenen Vorstellung die Rede. Es zeigt einmal mehr, wie die Bewertung einer Low-Scoring-Sportart wie Fußball von einzelnen Situationen abhängt. Man erinnere sich an den Nürnberger 2:1-Heimerfolg über den VfL Bochum. Hätte Grimaldi nicht in den letzten Augenblicken zum Sieg getroffen, wäre die gute Leistung sicherlich nicht im Vordergrund gestanden – sondern wie man gegen einen schwachen Gegner aufgrund eigener Dummheit mal wieder nicht gewinnen konnte.
Der Faktor Zufall
Dabei ist es auch immer wieder mehr oder weniger zufällig, was sich auf dem Feld abspielt – beziehungsweise wie Tore erzielt werden. Zwar versucht man als Trainer immer, den Faktor Zufall zu minimieren. Einer Studie von Wunderlich et al. zufolge sind aber auch heute noch über 40% aller Treffer ein Zufallsprodukt. Mit anderen Worten ausgedrückt: Eine gute Leistung wird im Fußball nicht immer mit Punkten belohnt. Anhand der Expected Goals hätte sich der Club laut mehrerer Datenanbieter sogar den sechsten Tabellenplatz verdient, rangiert aber bekanntermaßen auf Rang 15.
Wie ein Spiel beurteilt wird, ist somit in den seltensten Fällen fair. Das muss man nicht gut finden, ist aber so. Und das weiß man auch, wenn man sich dem Profifußball verpflichtet – oder wie Miroslav Klose nicht müde wird zu betonen: „Fußball ist ein Ergebnissport.“
Art und Weise
Was ein Trainer aber definitiv beeinflussen kann, ist die Art und Weise, wie seine Mannschaft Fußball spielt. „Dominanz und Ballbesitz“ wollte Klose von seiner Elf gegen Kiel sehen. Das funktionierte nicht wirklich, wenn man sich die Zahlen zum Spiel anschaut. Es gab schließlich keine einzige Phase von 15 Minuten, in der die Franken mehr Ballbesitz hatten. Am Ende waren es 42%, und auch die Passquote war deutlich schwächer als die der Kieler.
Aber auch das wäre letztendlich egal gewesen, wenn der Gegner in der 86. Minute daneben geköpft hätte. Denn dann hätte ja das Ergebnis gestimmt. Dass man gegnerische Hereingaben schon mehrfach nicht gut verteidigte, ist wohl eher nicht auf „Zufall“ zurückzuführen.
In Nürnberg stehen Leistungen, die vor allem phasenweise gut sind, wiederkehrenden Fehlern und unnötigen Punktverlusten gegenüber. Weshalb es sich so anfühlt, als würde man sich ein wenig im Kreis drehen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum man diesen Sport liebt – und ihn nie ganz verstehen wird.