FCN: Warum das 0:3 viele Fragen aufwirft

Gegen die Hertha setzt es für den FCN die höchste Saisonniederlage. Fehlende Energie, mangelnde Durchschlagskraft und zu einfache Gegentore machten den Unterschied.

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Foto: DO IT NOW Media

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Nach dem ersten Saisonsieg des 1. FC Nürnberg vertraute Trainer Miroslav Klose fast der gleichen Startelf der Vorwoche. Für den verletzt fehlenden Henri Koudossou durfte Tim Drexler als Rechtsverteidiger auflaufen. Der 20-Jährige erhielt den Vorzug vor Tim Janisch, der in der laufenden Spielzeit viele unglückliche Auftritte ablieferte. Gegen die Hertha wurde auch die fehlende Spielpraxis Drexlers sichtbar. Wie schon gegen Bochum lief der FCN damit erneut ohne echte Sturmspitze auf – und wollte stattdessen im Mittelfeld für Überzahl sorgen.

Schlechter Start

Das Spiel startete für den Club äußerst schlecht. Bereits nach zwei Minuten gingen die Gäste in Führung. Nachdem der FCN eigentlich den Ball erobert hatte, spielte Pape Diop einen folgenschweren Pass auf Julian Justvan, auf den dessen Gegenspieler Deyovaisio Zeefuik bereits lauerte und dem Nürnberger Kreativspieler den Ball abluchste.

Daraufhin kam Herthas Michael Cuisance an den Ball und spielte ihn auf den linken Flügel zu Fabian Reese, den Tim Drexler nicht an der Flanke hindern konnte. Da der Club im Moment des Ballverlustes aufgefächert war, stand man hinten entsprechend luftig. Berkay Yilmaz schaffte es nicht mehr rechtzeitig, die Innenbahn gegen Marten Winkler zu schließen, sodass dieser per Kopf zur frühen Gästeführung traf.

Keine Ausrede

Den frühen Rückstand wollte Klose nach dem Spiel jedoch nicht als Ausrede gelten lassen, sondern monierte, dass noch genug Zeit blieb. Die nächste große Chance hatten in der achten Minute erneut die Berliner. Der FCN bekam zunächst im hohen Anlaufen keinen Zugriff. Später verlor Luka Lochoshvili das Duell gegen Jon Dagur Thorsteinsson, der auf Fabian Reese in die Tiefe spielte. Im Zentrum verpasste am Ende Sebastian Grönning knapp.

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Die Entstehung der Herthaner Chance in der achten Minute: Justvan stellt Dardai mit zu, Drexler ist hinten gegen Reese gebunden und Becker noch im Zentrum unterwegs. Auch danach hätte man es aber noch besser verteidigen können. Die Herthaner kamen aber zu einfach in den Rücken der Nürnberger Abwehr, die auch mit Thorsteinssons Positionierung zunächst Probleme hatte.

Ausgleich verpasst

Daraufhin hatte auch der FCN vielversprechende Aktionen. Drexler war beispielsweise halbrechts im Strafraum durch, suchte aber nicht den Abschluss und verlor am Ende den Ball. Auch in den Folgeminuten kamen die Franken besser in die Partie und erarbeiteten sich viele Standardsituationen, nach denen der Ausgleich hätte fallen können. Einmal wurde dem Club aber ein Handelfmeter verwehrt – und einmal vergab Mohamed Ali Zoma ziemlich kläglich kurz vor dem Tor.

Ähnlicher Matchplan

Dass erneut kein Stürmer in der Startaufstellung stand, erklärte Klose im Nachgang mit dem Matchplan, den man ähnlich wie gegen Bochum gestalten wollte. Erneut versuchte man durch den zurückfallenden Lubach Überzahl im Mittelfeld zu erzeugen, was gegen die Herthaner Innenverteidigung, die ähnlich wie die der Bochumer nicht für ihr Nach-vorne-Verteidigen bekannt ist, zumindest nachvollziehbar war.

Die Ausführung gefiel dem Trainer hingegen eher weniger: „Wir haben unseren Spieler in der Mitte, wo wir Überzahl hatten, nicht gefunden. Wir waren einen Tick zu hoch positioniert, hatten zu große Abstände, deswegen ist unser Ball nicht wirklich gut gelaufen.“

In der Folge fiel die Berliner Viererkette relativ tief. Der FCN schaffte es aber nicht – wie noch in der Vorwoche – vor die Abwehr zu kommen, um mit Tempo auf diese zuzulaufen. Zugleich schaffte man es aber auch nicht, die Innenverteidigung zu locken und dann mit den Geschwindigkeitsvorteilen von Zoma und Co. dahinter die Tiefe zu attackieren. Schaffte man es mal, bis rund um die Box durchzubrechen, ließ die Besetzung dieser mitunter zu wünschen übrig.

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Miroslav Klose war mit den Nürnberger Positionierungen im Ballbesitz nicht zufrieden. Man stellte die Berliner Defensive vor allem in der ersten Halbzeit vor zu wenig Aufgaben.

Zu viele Fehler

Was Nürnberg ebenfalls zu schaffen machte, waren ungewohnt viele einfache Fehler. Zu oft verhinderten technische Fehler und in die Berliner Pressingfallen gespielten Bälle eine schnellere Spielfortsetzung oder verschafften der Hertha mitunter sogar Balleroberungen in aussichtsreichen Situationen. Darüber hinaus bemängelte unter anderem Torwart Jan Reichert im Nachgang, dass seine Mannschaft in puncto Energie, Intensität und Aggressivität klar das Nachsehen hatte. Tatsächlich war es die Hertha, die zwar nicht fußballerisch, aber in vielen anderen Teilbereichen des Spiels die bessere und überlegene Mannschaft war.

Defensive Probleme

Die Hertha bot offensiv kein Feuerwerk an, Gästetrainer Stefan Leitl nahm nach dem Spiel hingegen oft das Wort „Zweitligafußball“ in den Mund. Aus FCN-Sicht kam erschwerend hinzu, dass nicht nur im Spiel mit Ball die Abstände zu groß waren, sondern auch gegen den Ball. Das 0:2 vor der Halbzeit entsteht unter anderem deshalb. Erneut bekommt der Club im Pressing keinen Druck auf den Ball, sodass sich die Hertha erst flach befreien und dann über Cuisance das Spiel verlagern kann.

„Wir geben dem Stürmer im Sechzehner viel zu viel Platz und lassen ihn mit seinem starken Fuß den Abschluss nehmen“, analysiert Reichert. Nach Thorsteinssons Abschluss landete der Ball bei Cuisance, der zum 0:2 erhöhte. Dass zudem mit Adam Markhiev Nürnbergs ordnende Hand im Laufe des ersten Durchgangs verletzt ausgewechselt werden musste, machte sich ebenfalls bemerkbar.

Anschluss verpasst

Nach der Pause rückte etwas überraschend Julian Justvan nach vorne und der eingewechselte Artem Stepanov stürmte über die linke Außenbahn, während Zoma nach rechts ging. Auch ansonsten passte der FCN einige Kleinigkeiten an, weshalb nun Diop anstelle von Becker die offensivere Rolle im Mittelfeld übernahm. „Wir mussten dann die Anfangsphase der zweiten Hälfte schon überstehen. Durch Miros Umstellungen wurden wir schon vor Aufgaben gestellt, haben das gemeinsam aber gut wegverteidigt“, sagte Leitl.

Der Club verpasste es nicht zum ersten Mal, aus dem hohen Ballbesitzanteil klare Abschlusssituationen zu kreieren. „Wir kamen heute nicht zu den ganz klaren Chancen“, resümierte Drexler, während Klose Zielstrebigkeit und Gier vermisste. Dazu kamen einige falsche Entscheidungen im letzten Drittel von Stepanov und Co. Personell versuchte man zwar einiges und wechselte offensiv, es sollte am Ende jedoch nicht mehr die Wende bringen.

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Auch Adriano Grimaldi wurde im Laufe der Partie eingewechselt. Drexler war der Meinung, dass man nach seiner Anwesenheit mehr hätte flanken müssen.

Gebrauchter Tag

Stattdessen wurde es letztendlich noch deutlicher, da der Club eine in der zweiten Halbzeit offensiv kaum stattfindende Hertha zum 0:3 verhalf. Ein langer Ball von Torwart Tjark Ernst landete bei David Kownacki, der den Ball auf Reese ablegen konnte. Während FCN-Kapitän Fabio Gruber erst das Duell verlor, war für den zweiten Ball kein Cluberer in der Nähe. Am Ende erhielt Kownacki den Ball erneut in der Tiefe und traf zum 0:3-Endstand.

Herber Rückschlag

Nach einer guten Leistung gegen Bochum dachte man in Nürnberg, weiter zu sein. Das Spiel gegen den Hauptstadtklub war insgesamt ein herber Rückschlag – und wirft mal wieder Fragen auf. Zum Beispiel, warum die Mannschaft die Energie der Vorwoche nicht ansatzweise wieder auf den Platz bringen konnte. Warum die Klose-Elf mal wieder kein Tor erzielte und deutlich zu einfach – unter anderem durch Halbfeldflanken – in der Defensive überwunden wurde. So war es am Sonntagnachmittag im Max Morlock Stadion die Hertha-Elf, die ihre Stärken besser ausspielen konnte. „Es ist eine verdiente Niederlage. Wir haben heute einiges missen lassen, was wir am Samstag gegen Bochum auf die Platte gebracht haben. Dementsprechend war das heute sehr enttäuschend“, gestand im Nachgang auch Reichert.