Zwischen den Zeilen angekündigt
„Der eine ist Rechtsfuß, der andere ist Linksfuß“, erklärte FCN-Trainer Miroslav Klose in der Pressekonferenz vor dem Spiel in Münster die Unterschiede zwischen Nick Seidel und Fabio Gruber. Als der 46-Jährige kurz darauf erläuterte, wann er einen Linksfuß in der Dreierkette bevorzugt und wann lieber einen Rechtsfuß, konnte man bereits erahnen, wer den Vorzug erhalten würde. Denn der linke Fuß von Nick Seidel brachte gegen das Münsteraner Anlaufverhalten Vorteile. Ansonsten verzichtete der 1. FC Nürnberg auf personelle Änderungen in der Startelf. Lediglich Dustin Forkel und Janni Serra rückten für Mahir Emreli und Ondrej Karafiat in das Spieltagsaufgebot.
Viele Aufgaben
Standardsituationen, zweite Bälle und ein schwieriger Platz. Bereits in den ersten Minuten ließ sich erahnen, in welche Richtung sich die Partie entwickeln würde. Münster nutzte jeden Einwurf, um viel Personal in den FCN-Strafraum zu bringen und den Ball durch Marc Lorenz in die Box zu schleudern. Auch Hereingaben nach Flanken oder aus ruhenden Bällen gab es viele. Duelle um den zweiten Ball standen ebenfalls auf der Tagesordnung. Womit die Klose-Elf noch zu kämpfen hatte, war der Platz. Sicherlich gab es viele technische Fehler, die unabhängig von den Witterungsbedingungen waren. Dennoch waren zahlreiche Standprobleme bei den Gästen erkennbar, bei der Heimmannschaft hingegen weniger.
Ähnliche Konstellation
Wie in den vergangenen Partien trafen die Nürnberger auf einen Gegner, der nicht nur hoch presste, sondern auch versuchte, die FCN-Kreativabteilung nicht zur Geltung kommen zu lassen. Caspar Jander wurde von David Kinsombi gedeckt, und auch Jens Castrop sowie Julian Justvan erhielten kaum Freiräume.
Janischs Spielen und Gehen
Auffällig war, dass der FCN unter anderem beim Torabstoß versuchte, sich über den Flügel durchzuspielen. Berkay Yilmaz zeigte vor allem im ersten Durchgang viele Vorstöße mit dem Ball am Fuß, lief an seinem ehemaligen Mitspieler Florian Pick vorbei und versuchte so, in Richtung letztes Drittel zu gelangen. Auf der anderen Seite erhielt Janisch beim Abstoß immer wieder den Ball von Reichert und fand den ins Mittelfeld aufgerückten Tim Drexler. Nach einem Doppelpass kam das Nürnberger Eigengewächs so relativ einfach hinter die erste Münsteraner Pressinglinie.
Unvollendet
Neben den Vorstößen über den Flügel konnte man auch abseits davon Ideen erkennen, wie der Club das gegnerische Pressing auflösen wollte. So positionierten sich Castrop und Justvan häufig relativ weit außen und hoch. Da Münster – wie zuvor beschrieben – für beide immer einen direkten Gegenspieler abstellte, wurde das Zentrum durch die Ausweichbewegungen geöffnet. In diesen Raum ließ sich oftmals Antiste fallen. Natürlich versuchte ein Münsteraner immer, den Weg mitzuverfolgen, aber oft genug hätte der FCN den Ball eigentlich relativ unbedrängt kontrollieren können. Eigentlich – denn in der Praxis passierte es viel zu selten.
Zugriff verloren
Im Spiel gegen den Ball versuchte die Mannschaft von Miroslav Klose zunächst, den Spielaufbau des Tabellenfünfzehnten auf die Außenbahn zu lenken, wo vor allem Janisch weit nach vorne verteidigen sollte und die restliche Mannschaft dahinter auf die Ballseite durchschieben sollte. Ab Mitte der ersten Halbzeit schaffte es Münster jedoch deutlich öfter, sich aus dem Nürnberger Pressing – bestehend aus Tzimas, Antiste und Justvan – zu lösen. Das lag zum einen daran, dass sich die Münsteraner Aufbauspieler im Laufe des Spiels besser auf das Anlaufverhalten einstellten, zum anderen aber auch daran, dass die Nürnberger Offensive zu oft den Raum hinter sich aus den Augen verlor.
Keine Abstimmung
Abgesehen von Justvans Freistoß an den Außenpfosten wurde der FCN kaum torgefährlich und hatte stattdessen mehrfach Glück, dass Münster es nicht schaffte, den Ball im Tor unterzubringen. Technische Fehler waren das eine Problem, das andere waren jedoch extreme Abstimmungsfehler. Auch Antiste und Tzimas konnten keine Bindung zum Spiel aufbauen und verloren gegen die Münsteraner Innenverteidiger viele Bälle. Vieles wirkte im Spiel nach vorne nicht abgestimmt. Das Timing passte nicht, der Laufweg entsprach nicht der Vorstellung des Passgebers oder umgekehrt. Auch die Entscheidungsfindung war in aussichtsreichen Situationen, wie beispielsweise bei Forkels Schuss nach einem Fehler von Münsters Torwart Schenk, nicht glücklich.
Nicht gut, aber happy
Es war ein Spiel, das auch den Nürnberger Spielern nicht allzu viel Spaß bereitet haben dürfte – aufgrund des Gegners, der Umstände und auch der eigenen Leistung. Dass man am Ende dennoch zufrieden nach Hause fährt, hat man einem der wenigen gut ausgespielten Angriffe zu verdanken. Der ansonsten blasse Castrop eroberte den Ball und trieb ihn nach vorne. Dem eingewechselten Lukas Schleimer gelang zwar bei der Ballannahme und auch beim Abspiel auf Tzimas nicht alles, den entscheidenden Abschluss setzte er nach starker Vorarbeit seines Sturmpartners aber ideal ins Tor.
Viel Leiden
In der Schlussphase musste der FCN viele Flanken und Hereingaben über sich ergehen lassen. Diese ließ man in den letzten Minuten zwar relativ einfach zu, schmiss sich aber in jeden gegnerischen Abschluss und hatte sicherlich auch das Spielglück komplett auf seiner Seite. Man erkannte zwar durchaus Ideen im Spielaufbau und Übergangsspiel, zeigte jedoch nicht die nötige Ruhe am Ball, um das gewünschte Positions- und Kombinationsspiel aufzuziehen. „Wir haben es eigentlich nicht verdient, Punkte mitzunehmen“, resümierte Klose nach dem 0:1-Auswärtssieg. Dennoch springt man mit dem Sieg auf Rang acht und hat nun mit dem Derby die perfekte Gelegenheit, mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause zu gehen und an den Baustellen der letzten Wochen zu feilen.