Zwei Wechsel
Es ist lange her, dass die Aufstellung des 1. FC Nürnberg so schwer prognostizierbar wie vor dem Heimspiel gegen Hannover 96. Da zahlreiche Spieler krankheitsbedingt während der Woche pausieren mussten, war das FCN-Personal kaum vorherzusehen. Auch eine Systemumstellung erschien aufgrund der Lage – und des Gegners denkbar. Am Ende waren es „nur“ zwei Änderungen im Vergleich zur Vorwoche auf Schalke. Tom Baack feierte sein Startelfdebüt und kam für den gelbgesperrten Adam Markhyiev auf das Feld. Den kranken Julian Justvan ersetzte Pape Dempa Diop.
Kein Zugriff
Der Club blieb dadurch bei der Viererkette und setzte gegen den Ball zunächst auf ein flaches 4-3-3. Zugriff bekam man jedoch lange Zeit so gut wie überhaupt nicht. Hannover dominierte das Spiel, präsentierte sich ballsicher und sehr spielfreudig. Der FCN versuchte relativ hoch zu pressen, zumeist blieb es aber beim Versuch. Das lag daran, dass die Gäste mit elf Feldspielern aufliefen, da Torhüter Noll sich im tiefen Spielaufbau als eine Art Innenverteidiger positionierte. Darauf war die Klose-Elf sicherlich vorbereitet. Jedoch stimmte das Timing im Herausstechen kaum, weshalb 96 immer wieder relativ problemlos die erste und zweite Pressinglinie der Franken überspielen konnte. Auch die Abstände zwischen Defensive und Angriff wurden dadurch deutlich zu weit.
Verdient
Offensiv kam vom Club zunächst nichts – weder aus dem eigenen Spielaufbau heraus, noch durch Umschaltsituationen nach Balleroberungen. Stattdessen verzeichneten die Niedersachsen mehrere Einschlusschancen, wie unter anderem nach einem Ballverlust Luka Lochoshvilis. 96 zog den FCN durch ihre Positionierungen weit auseinander, zog vor allem über die Halbräume viele Läufe in die Tiefe an – und wurde unter anderem dadurch gefährlich. Nachdem Jan Reichert einige Chancen zuvor parieren konnte, war er in der 19. Minute machtlos. Zuvor gegangen waren Abstimmungsprobleme auf der rechten Nürnberger Defensivseite und ein verwaister zweiter Pfosten, am Ende traf Källmann per Nachschuss.

Überraschend
Auch im eigenen Ballbesitz hatte der FCN Schwierigkeiten, dem Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken. Hannover verteidigte sehr mannorientiert. Sie ließen den ersten Querpass – den der Club zumeist in Richtung Fabio Gruber spielte – zu und nutzten diesen als Pressingauslöser. Nachdem die darauf folgenden vielen langen Bälle zunächst wenig Gefahr versprühten, führte ein solcher kurz vor der Halbzeit zum Ausgleich. Adriano Grimaldi konnte den Ball verlängern, Hannover sicherte die Tiefe maximal schlecht und Rafael Lubach lief in diese hinein. Am Ende traf er aus der Distanz mit einem starken Abschluss, der nicht ganz unhaltbar erschien.
Umstellung
Was dem FCN neben dem Tor half, war eine vorgenommene Umstellung nach dem Rückstand. Man verteidigte dann im 4-1-4-1 bzw. 4-5-1, aus welchem je nach Situation entweder Finn Ole Becker und Pape Diop herausstachen. Dadurch konnte man das Zentrum deutlich besser schließen. Vor allem waren auch die Abstände mittlerweile geringer und kompakter.
Auch im Spiel nach vorne passte man einige Sachen an, spielte mutiger aus dem Druck heraus, streute mehr Bewegung in das Spiel ein und suchte häufig den Ball in die Tiefe in Richtung Mohamed Ali Zoma. Spielkontrolle erhielt man dadurch zwar nicht, aber man konnte einen Stellungsfehler in der Hannoveraner Defensive nutzen. Nach einem langen Ball Tim Drexlers setzte sich Zoma extrem stark durch und vollendete ebenso sehenswert.

Vier Gründe
Danach verteidigte der FCN sehr viel, aber auch deutlich besser als zu Spielbeginn, wenngleich der zweite Pfosten das ein oder andere Mal nicht abgedeckt war. Die Beteiligten machten indessen vier Gründe für die verbesserte Leistung nach der Pause verantwortlich. Nürnbergs Kapitän Robin Knoche hob vor allem die verbesserte Zweikampfführung in den direkten Duellen hervor – und dass man sich bei Torhüter Jan Reichert bedanken müsse. Die Nummer 1 sah „in der zweiten Halbzeit einfach ein bisschen mehr Intensität“, was zuvor gefehlt hatte.
Torschütze Lubach betonte vor allem die Umstellung der Franken: „Wir hatten dann einen Mann-gegen-Mann Zugriff. Es war nicht so, dass du zögern musstest, weil du weißt, du hast noch einen Rücken. Es war klar, du hältst das Zentrum und kannst dann mit dem Pass rausgehen. Davor war es so, dass wir nicht mit dem Pass rausgehen konnten, weil sie ihn ansonsten zwischen die Linien gespielt hätten.“
Die Hannoveraner hingegen monierten, dass sie nicht mehr in ihre Abläufe und Positionierungen gekommen sind und viele falsche Entscheidungen getroffen haben. Recht hat am Ende wahrscheinlich jeder, sodass von allem etwas für die defensiv stabilere Leistung verantwortlich war.
Schmeichelhaft
Unter dem Strich steht ein schmeichelhafter Sieg zu Buche. Dennoch traf man im Laufe der Partie sinnvolle Anpassungen, die das Spiel des Gegners erschwerten. In der Schlussphase ließ man mit der nun gespielten Fünferkette kaum etwas zu, hielt Hannover oft vom eigenen Tor weg und konnte selbst den ein oder anderen mit Tempo ausgespielten Entlastungsmoment verzeichnen. Auch angesichts der Krankheitswelle bei den Franken sind die drei Punkte vor der Winterpause essenziell, um deutlich ruhigere Weihnachtsfeiertage zu verbringen.



