FCN-Kadercheck: Chaos oder Qualität?

Viele späte Transfers, viele Leihen – und trotzdem Zufriedenheit beim Sportvorstand. Wie stark ist der Nürnberger Kader wirklich?

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Foto: DO IT NOW Media

Nicht wie erhofft

Es war sicherlich keine Transferperiode, wie sie sich der 1. FC Nürnberg im Vorfeld erwünscht hatte. Am Ende gab es nicht nur viel Bewegung auf beiden Seiten, es wurde vor allem deutlich später, bis der Kader zusammengestellt war. Allein vier Spieler verpflichtete der FCN am vorletzten oder letzten Tag des Transferfensters. Auch die gesuchten Profile scheinen sich innerhalb der letzten Wochen und Monate des Öfteren geändert zu haben.

So kursierten zwischenzeitlich etliche Gerüchte rund um einen physisch starken defensiven Mittelfeldspieler, dessen Stärken mehr im Spiel gegen den Ball liegen. In den letzten Tagen war dahingehend jedoch nichts mehr zu vernehmen. „Ich bin sehr zufrieden mit dieser Transferperiode“, zeigt sich Nürnbergs Sportvorstand Joti Chatzialexiou glücklich über den Kader, der laut ihm für verschiedene Grundordnungen und Systeme gut aufgestellt ist.

Viele Leihspieler

Mit acht geliehenen Spielern verzeichnet der Club die meisten im deutschen Profifußball. Nur Alemannia Aachen (7) kann ansatzweise mithalten, dahinter rangieren Hannover 96 (5) und der VfL Bochum (5). Tim Drexler, Henri Koudossou, Berkay Yilmaz, Pape Demba Diop, Artem Stepanov, Tarek Buchmann, Eryk Grzywacz und Hindolo Mustapha sind allesamt nur geliehen. Leihen ohne Kaufoption sind nie die Ideallösung. Bei der ein oder anderen Personalie kann man jedoch argumentieren, dass sie die Position für Talente aus dem eigenen Nachwuchs nur temporär blockieren und nicht dauerhaft.

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Henri Koudossou ist einer von vielen Nürnberger Leihspielern, die den Club nach der Saison wieder verlassen werden.

Qualität vorhanden

Insgesamt gab es zweifelsfrei einige Widrigkeiten im Sommer. Zum Beispiel, dass Rebbe-Nachfolger Michael Bischof erst zum 1. September offiziell seiner Arbeit beim Club nachgehen durfte. Auch die Umstrukturierung hin zum technischeren Scouting hatte Anlaufschwierigkeiten. Nichtsdestotrotz steht am Ende ein Kader auf dem Papier, dessen Qualität keine Ausrede für sportlichen Misserfolg sein darf. Dennoch gibt es Positionen und Profile, die nicht ideal besetzt sind.

Klare Rollenverteilung

Auf der Torhüterposition gibt es keine Überraschungen. Jan Reichert ist gesetzt, dahinter sitzt Christian Mathenia auf der Bank. Robin Lisewski ist der dritte Torwart und sammelt in der U23 Spielpraxis. Darüber hinaus soll Michal Kukucka noch verliehen werden.

Einer zu viel

Durch die Last-Minute-Verpflichtung von Tim Drexler konnte der Club einen weiteren grundsoliden Innenverteidiger dazugewinnen, der sich voraussichtlich zusammen mit Fabio Gruber und Luka Lochoshvili um den Platz in der Startelf der Viererkette streiten dürfte. Dahinter hat man derzeit mit Robin Knoche, Tarek Buchmann und Ondrej Karafiat gleich drei weitere Spieler für diese Position im Kader – und damit einen zu viel.

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Vom Kapitän und Stammspieler zum Bankdrücker: Robin Knoche – passt ganz offensichtlich nicht mehr zur neuen Nürnberger Spielidee.

Fünf für zwei

Sowohl links als auch rechts hinten ist man ausreichend besetzt. Auch wenn zuletzt Tim Janisch als Rechtsverteidiger von Beginn an auflief, dürfte schon bald wieder Henri Koudossou auf seiner angestammten Seite spielen. Zusammen mit Berkay Yilmaz hat der Club dann eine sehr vernünftige Besetzung. Die weiteren Außenverteidiger Tim Janisch, Justin von der Hitz und Danilo Soares werden sich strecken müssen, um auf genug Einsatzzeit zu kommen.

Qual der Wahl

Auf der Achterposition hat der Club mittlerweile die sprichwörtliche Qual der Wahl. Finn Ole Becker, Rafael Lubach, Adam Markhiev und Pape Diop können diese Rolle ausfüllen – auch auf gutem Zweitliganiveau. Die vier bringen unterschiedliche Profile mit, wodurch sich hier viele Optionen für das Trainerteam auftun. Was jedoch nur bedingt vorhanden ist, ist ein wirklicher Sechser im Kader, der als eine Art „Holding Midfielder“ agiert. Vor allem vor einer Viererkette hätte man dies durchaus gebrauchen können. Ansonsten ist man hier jedoch sehr gut aufgestellt. Ob und auf wie viel Spielzeit die anderen Alternativen wie Winners Osawe, Tom Baack oder Eryk Grzywacz hoffen dürfen, bleibt abzuwarten.

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Rafael Lubach war einer der Gewinner der bisherigen Spielzeit, bekam innerhalb weniger Tage aber gleich drei neue Konkurrenten für die Position im Mittelfeldzentrum.

Kein Alleinunterhalter mehr

In der Vorsaison hatte der FCN mit Julian Justvan lediglich einen Spieler für das offensive Mittelfeld. Mit Ayoub Chaikhoun, Hindolo Mustapha und Mohamed Ali Zoma hat man nun weitere Optionen, sodass auch eine Doppelzehn denkbar scheint.

Baustelle

Mit Semir Telalovic, Artem Stepanov und Mickael Biron konnte sich der Club frühzeitig im Sturm verstärken. Alle drei blieben bislang jedoch – mitunter deutlich – hinter den Erwartungen zurück. Mohamed Ali Zoma konnte hingegen bereits sehr vielversprechende Ansätze andeuten. Zu guter Letzt verpflichtete man kurz vor dem Transferschluss noch Adriano Grimaldi. Die Position im Angriff bleibt trotz der verschiedenen Spielertypen dennoch ein Sorgenkind, da viele noch ihre Qualität im Nürnberger Trikot unter Beweis stellen müssen.

Klose gefordert

Das Trainerteam wird in der Länderspielpause trotz einiger Abstellungen gefragt sein, aus dem Kader eine Einheit zu formen und Abläufe im Nürnberger Spiel möglichst schnell zu implementieren. Nachdem Klose zwischenzeitlich betonte, dass man noch zwingend Qualität verpflichten müsse, hat man dies mittlerweile getan. Der Weg bis dahin war zwar wild, aber am Ende genügt der Kader sicherlich bei weitem, um Platz 18 der 2. Bundesliga möglichst schnell verlassen zu können.