Eigene Ballbesitzphase: Gegner im Zentrum locken und bespielen
Dynamik, Ballbesitz, Dominanz – all diese Worte nutzte Miroslav Klose bereits bei seiner Antritts-Pressekonferenz beim 1. FC Nürnberg. Einige Wochen später sind bereits konkrete Ansätze zu erkennen. „Mir ist es wichtig, dass wir uns aus unserer Struktur Chancen herausspielen“, betont Klose. Der Club besetzt mit viel Personal die zentralen Räume des Spielfelds. Auch die Flügelspieler rücken ein, sodass lediglich die Außenverteidiger die Breite abdecken. Florian Flick agiert als Sechser im Spielaufbau, der sich je nach gegnerischem Anlaufverhalten auch zwischen die beiden Innenverteidiger fallen lässt. Die beiden Achter sind davor zumeist sehr eng positioniert, was den Gegner vor eine schwierige Aufgabe stellt.
Stellt er diese nicht komplett zu, bekommt er nur schwierig Zugriff und fällt dementsprechend tief in seiner Ordnung. Presst er sie Mann-gegen-Mann, öffnet er dahinter viel Freiraum. Durch Chipbälle in diesen „Zehnerraum“, in den sich der Cluberer Stürmer fallen lässt, kann der FCN dementsprechend viele gegnerische Akteure überspielen und von dort aus entweder das Spiel nach vorne beschleunigen oder durch Steil-Klatsch-Aktionen die nachrückenden Achter wieder einsetzen. In dieser Struktur gibt es sicherlich viele kleinere Anpassungen, je nachdem wie der Gegner verteidigt – so kann situativ auch nur der Außenverteidiger auf der Ballseite hochschieben, während der andere mehr den absichernden Part einnimmt.
Gegnerischer Ballbesitz: Hohes Zustellen und verschiedene Pressinghöhen
Auch im Spiel gegen den Ball steht das verdichtete Zentrum im Fokus. Gegen Juventus Turin beispielsweise sehr erfolgreich – die Italiener kreierten keinen einzigen Abschluss aus dem eigenen Ballbesitzspiel durch die Spielfeldmitte. Der FCN stellt gegnerische Abstöße immer zu, zuletzt sehr mannorientiert und sogar mit Caspar Jander in der ersten Pressinglinie neben Lukas Schleimer. Ansonsten setzt man hier auf ein 4-2-3-1 und zeigte bislang zwei verschiedene Pressinghöhen. Entweder ganz hoch (wie bei Abstößen) – in diesem Fall gibt Jens Castrop zumeist den offensiveren und mannorientierteren Part neben Florian Flick auf der Doppelsechs. Die zweite Pressinghöhe, die man in der Vorbereitung des Öfteren sah, befand sich auf Höhe des gegnerischen Mittelkreises. Hier sollten die Flügelspieler die Halbräume schließen, um keinen Ball durch das Zentrum zu lassen. Klose ließ bereits anklingen, dass je nach Gegner man auch mit einer Fünferkette verteidigen könnte, damit die Abwehrspieler mehr Breite in der letzten Linie abdecken können.
Umschalten offensiv: Hinterlaufen und Tiefgang
Das offensive Umschalten wird für den 1. FC Nürnberg ebenfalls ein wichtiges Element in dieser Saison sein. Auch deshalb freute sich Miroslav Klose besonders über die Kontertore gegen Juventus zum 2:0 und 3:0: „Das ist für den Gegner schwer zu verteidigen. Es greift immer mehr und stimmt mich positiv.“ Nach Balleroberung erkannte man beim FCN auch häufig ein Muster. Aus dem Zentrum heraus hinterlief ein Spieler den Ballführenden, um den Gegenspieler mehr nach hinten zu drängen und dem Spieler am Ball eine Option mehr zu geben – vermutlich getreu dem Prinzip, dass man immer links und rechts eine Anspielstation haben solle. Im richtigen Moment bedarf es obendrein Läufe in die Tiefe, um den Steckpass zu ermöglichen oder die gegnerische Abwehr auseinanderzuziehen.
Umschalten defensiv: Ballnahes Gegenpressing mit viel Personal
Das Verhalten nach Ballverlust wurde in der Vorsaison häufig angeprangert – auch statistisch belegte man hinsichtlich zweiter Bälle und Gegenpressing den letzten Platz. Die sehr zentrumslastige Ausrichtung mit geringen Abständen im Ballbesitz kommt der Klose-Elf nach Ballverlust sehr entgegen, wie man beim 1:0 gegen Juventus sehen konnte. Ein kurzer Sprint von Caspar Jander genügte, um den unsortierten Gegner zu erwischen und nach dem Ballgewinn für Gefahr zu sorgen. Nicht zufällig heißt es häufig, dass die größte Chance auf einen Ballgewinn der eigene Ballverlust darstellt – dies klappte bislang gut und wird auch weiterhin entscheidend sein.
Gute Basis
Wichtig ist, dass man in jeder Spielphase bereits klare Elemente erkennen kann, wie der 1. FC Nürnberg in dieser Spielzeit agieren möchte. Selbstverständlich werden im Laufe der Saison viele Anpassungen nötig sein, da auch die Gegner sich immer besser auf andere Systeme einstellen werden. So ließen sich St. Paulis Gegner in der Vorsaison nicht mehr so einfach aus der Ordnung locken wie noch zu Beginn der Hürzeler-Zeit. Ein wichtiges Wort für Miroslav Klose ist „Variabilität“. Man möchte für den Gegner nur schwer greifbar sein und sowohl aus dem Ballbesitz, nach hoher Balleroberung, als auch aus „klassischen Umschaltsituationen“ gefährlich sein und somit für jeden Gegner die richtigen Antworten haben. Das wollen aber vermutlich viele der 17 anderen Zweitligisten ebenfalls. Man darf gespannt sein, wie viel davon der FCN in den ersten Pflichtspielen bereits einbringen kann.