Nürnberger Raute bei Ballbesitz Eintracht
Schon wenige Sekunden nach dem Anpfiff konnte man eine andere Formation auf Seiten der Fiél-Elf erkennen. Zumindest im Spiel gegen den Ball. In der Vorwoche war es noch ein flaches 4-4-2. Diesmal setzte der Club auf ein 4-3-1-2, indem Wekesser und Duman Flick im Zentrum unterstützten. Goller positionierte sich neben Andersson und Uzun verteidigte als Zehner. Die Gründe dafür könnten vielschichtig sein. Zum einen, um den Castrop-Ausfall im Zentrum zu ersetzen, dessen Qualitäten im Zweikampf mit nur einer Person wohl kaum aufzufangen ist. Zum anderen natürlich, um enge Abstände zu haben. Uzun positionierte sich eng bei Krauße, der sich als eine Art Anker vor der Braunschweiger Dreierkette im 3-1-4-2 positionierte. Wekesser und Duman konnten die beiden gegnerischen Achter gut schließen und zugleich bei Abspielen auf die Schienenspieler Donkor und Rittmüller Druck ausüben.
Fiéls Überladen der Flügel geht auf
Braunschweig kam durchaus ordentlich ins Spiel und es dauert ein paar Minuten, bis der Club zu einem ruhigen Spielaufbau kam. Schnell sah man, dass sich Cristian Fiél auch hier etwas sehr Gegnerspezifisches einfallen ließ. Der FCN baute in einer Art 3-3-1-3 auf. Valentini rückte neben Jeltsch und Horn als halbrechter Part des 3er-Aufbaus. Die linke Seite besetzten Brown und Wekesser, die rechte Seite Duman und Goller. Florian Flick war das Zentrum des Nürnberger Spiels. Der 6er bewegte sich gut und zeigte sich häufig anspielbar im Zentrum. Mit Ball am Fuß fand und suchte er häufig die rechte Club-Seite. Vor allem nach Verlagerungen fand man gut den freien Duman. Dadurch, dass Goller sehr hoch positioniert war, war dessen Gegenspieler Donkor gebunden. Der halbrechte Braunschweiger Achter Helgasson war im Zentrum gebunden, um die Passwege auf Can Uzun mit zu schließen. So hatte Duman häufig viel Freiraum, wenn er den Ball bekam. Zwar besetzte der Club auch die linke Seite doppelt – dennoch war vor allem im 1. Durchgang ein klarer Rechtsfokus zu erkennen. 50% der eigenen Angriffe spielte der Club hier über die sehr aktive Duman-Goller-Seite.
Andersson und Uzun zur verdienten 2:0-Führung
Nachdem sich der Club für die dominante und kontrollierte erste Halbzeit nicht aus dem Ballbesitzspiel heraus belohnen konnte – entweder scheiterte man am letzten Pass oder am Abschluss – musste die neu gewonnene Stärke bei Standardsituationen herhalten. Wie schon gegen Fürth köpfte Sebastian Andersson nach Freistoßflanke von Erik Wekesser gekonnt ein – diesmal allerdings ohne Abseitsstellung. Kurz vor Pausenpfiff erhöhte Can Uzun durch Handelfmeter auf 2:0. Auch hier ging ein diesmal aber verunglückter Wekesser-Freistoß voraus, der in einem Nachschuss von Jannes Horn an Donkors Hand endete. Sowohl Wekessers linker Fuß als auch Anderssons präzises Kopfballspiel scheinen die Qualität des ruhenden Balles beim FCN enorm zu erhöhen. Auch deshalb resultierten 5 der 10 Rückrundentore des 1. FC Nürnbergs aus einer Standardsituation.
Schernings Umstellung bringt Braunschweig zurück
Auch wenn Löwen-Coach Scherning in der 1. Halbzeit für die kaum stattfindende Offensive vor allem die Spielfortsetzung kritisierte. „Wir sind nicht mutig gewesen, geschlossen gestanden und haben oft zurückgespielt“ resümierte er nach dem Spiel. Und dennoch war es auffällig, dass auch seine Systemumstellung vom 3-1-4-2 auf ein 3-4-2-1 den Club ins Wanken brachte. Fabio Kaufmann, der im 1. Durchgang noch als Achter agierte, schob eine Reihe weiter nach vorne und ordnete sich neben Joker Ujah und Philippe ein. Dadurch war der Club in der Defensive mehr gebunden. Auch Can Uzuns Positionierung gegen den Ball wurde problematischer. Paradebeispiel hierfür ist der Anschlusstreffer. „Der Pass in den Rücken und dann offener Fuß ist halt immer gefährlich“ meinte auch Cristian Fiél nach dem Spiel. Tatsächlich hätte Uzun diesen mit einem Schritt nach links schließen können. Danach war es schwierig zu verteidigen. Taylan Duman war sehr weit rechts positioniert, wodurch der Halbraum offen war. Flick kommt nicht mehr hinterher, Valentini schiebt raus und im Rücken wird Philippe frei. Helgasson findet ihn und schon war die Eintracht wieder im Spiel.
Fiéls (zu späte) Reaktion beruhigt das Spiel
Einige Minuten nach dem Braunschweiger Anschlusstreffer schien der Heimsieg stark auf der Kippe zu stehen. Doch eine – nach eigenen Aussagen zu späte – taktische Umstellung von Trainer Cristian Fiél konnte die Ängste stillen. Gegen den Ball ging man zurück auf ein 4-1-4-1-System, wodurch der Club durch klare Zuordnungen das Zentrum besser schließen konnte. Der so häufig gesehene Vertikalpass zwischen die Nürnberger Linien konnte in der Folge besser verteidigt werden. Letztendlich kamen die Gäste aus Braunschweig seit dem 1:2 in der 57. Minute lediglich noch 4-mal zum Abschluss mit einem xG-Wert von 0.14. Zumal der Club noch einige Konterangriffe schlampig ausspielte, kann von einem verdienten Heimsieg des 1. FC Nürnbergs über Eintracht Braunschweig sprechen.
Starke Restverteidigung: Kontrolleur Flick, Duo Jeltsch-Horn & Kapitän Valentini
Schlüssel für den so wichtigen Sieg war eine gute Defensiv-Leistung. Über weite Strecken des Spiels konnte man die gefürchteten Löwen-Konter mit einer 3-1-Restverteidigung eindämmen. Ohnehin waren alle vier Spieler dieser Absicherung in guter Tagesform. Florian Flick kontrollierte das Zentrum, war im Spiel mit Ball präsent und empfing in dieser Saison nur einmal mehr Pässe. Bei Finn Jeltsch ist es schwer zu glauben, dass der Abwehrspieler erst 17 Jahre alt ist und erst sein zweites Profi-Spiel von Beginn an absolvierte. Denn mit welcher Ruhe und Präsenz er verteidigt, ist beeindruckend. Insbesondere in der Schlussphase stand Jeltsch fast immer richtig. Seine 13 abgefangenen Pässe in dieser Partie waren nicht nur Top-Wert, sondern unterstreichen sein starkes Stellungsspiel. Zusammen mit Jannes Horn bildet Finn Jeltsch eine zukunftsfähige Innenverteidigung. Auch Kapitän Enrico Valentini fügte sich in seiner defensiveren Außenverteidigerrolle daneben gut ein und eroberte die meiste Bälle aller Spieler auf dem Platz.
Abstiegskampf ade – Blick auf Rang 4?
Schlussendlich konnte der 1. FC Nürnberg das für die Stimmungslage, aber auch Tabelle so wichtige Heimspiel gewinnen. Mit nun 9 Punkten Vorsprung auf Platz 16 sollten die letzten Abstiegsängste begraben worden sein, auch wenn es noch ein paar Punkte brauchen wird. Auch die leicht aufkommende Trainerkritik konnte Fiél mit seinen effektiven gegnerbezogenen Anpassungen im Nürnberger Spiel abebben lassen. Als Tabellenzehnter kann man nun entspannt auf die letzten 10 Spiele der 2. Bundesliga blicken und die Weiterentwicklung vorantreiben. Mit nur 5 Punkten Rückstand auf Rang 4 gibt es zudem attraktive Tabellenregionen, die rein punktetechnisch in Reichweite liegen. Allerdings stehen bis zur Länderspielpause schwere Aufgaben auf dem Programm. Bevor man in zwei Wochen den Tabellenführer FC St. Pauli im Max-Morlock-Stadion erwartet, geht es nächste Woche im Samstagabend-Topspiel nach Magdeburg. Angesichts dieses Programms war es umso wichtiger, im Vorhinein für Ruhe zu sorgen. Gleichzeitig gibt der stabile Heimauftritt gegen Braunschweig auch Grund zur Hoffnung, die kommenden Aufgaben positiv gestalten zu können.
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