FCN in Ulm: Spiel auf Drittliga-Niveau
Zum ersten Mal in dieser Saison war der 1. FC Nürnberg seinem Gegner nicht nach Expected Goals unterlegen. Aus diesem Grund könnte man von einem kleinen Fortschritt sprechen. Doch auch die gezeigte Leistung beim SSV Ulm war trotz des 2:1-Last Minute-Siegs einmal mehr nicht das, was Klose von seiner Mannschaft sehen möchte, wie er selbst im Nachgang der Partie sagte. Vielmehr war es eine ausgeglichene Zweitligapartie auf Drittliga-Niveau, was mehr dem FCN als dem Aufsteiger zu denken geben sollte.
Neue Struktur, neue Probleme
Miroslav Klose setzte für die Partie in Ulm auf eine veränderte Struktur im Ballbesitz. Flick kippte zwischen die beiden Innenverteidiger Jeltsch, der wie schon gegen Magdeburg halblinks auflief, und Knoche ab. Die beiden Schienenspieler Soares und Castrop agierten aber nur bedingt als solche, sondern blieben auch eher konservativ und rückten nicht so hoch, wie sonst häufig bei einem 3er-Aufbau zu sehen. Im Zentrum positionierte sich Caspar Jander, der häufig auf weiter Flur alleine war. Grund dafür war, dass sich die beiden Flügelspieler Goller und Forkel sehr hoch und breit in der vordersten Linie neben Schleimer, um den herum sich Justvan bewegte, positionierten. Dadurch waren die Halbräume beim FCN kaum besetzt, wurden zudem nicht belaufen und dementsprechend auch kaum bespielt. In der Folge fand ein Großteil der Nürnberger Ballbesitzanteile über weite Phasen in ungefährlichen Räumen statt und man schaffte es deutlich zu selten, konstruktiv in das letzte Drittel zu gelangen. Vor allem, wenn Jander Mann-gegen-Mann zugestellt wurde, hakte die Verbindung zwischen Defensive und Offensive.
Zu ungenau nach Balleroberung
Im Spiel gegen den Ball setzte der 1. FC Nürnberg auf eine Art 4-1-2-3, in welchem Flick den alleinigen Part vor der Viererkette einnahm. Etwas überraschenderweise übernahm Goller halbrechts den defensiveren Part als Justvan, der in etwa auf der Höhe von Forkel und Schleimer anlief. Die 3 positionierten sich sehr eng im Zentrum und wollten offensichtlich dadurch den Ball auf die Ulmer Zentrumsspieler unterbinden. Jander und Goller hingegen positionierten sich auf den Halbpositionen, um von dort aus Zugriff auf die breiten Aufbauspieler Stoll (bis zur Verletzung) und Kolbe zu bekommen. Die Spatzen agierten relativ variabel im Spielaufbau, so kippten situativ auch Hyrläinen und Maier nach hinten ab. Der FCN fand aber zumindest phasenweise gute Pressingauslöser, lief vor allem gegnerische Rückpässe durch und kam zu einigen gefährlichen Balleroberungen. Denen vorausgegangen waren häufig sehr unpräzise Abspiele der Ulmer. Die Klose-Elf machte es selbst jedoch zu selten besser, um daraus Kapital schlagen zu können. Bei der Kritik mit Ball sei aber auch erwähnt, dass Ulm aus dem Ballbesitzspiel ebenfalls kaum gefährlich wurde, was sicherlich auch der Nürnberger Defensivarbeit geschuldet war.
Krattenmachers Hand hält Nürnberg im Spiel
Nachdem die erste Halbzeit nur ganz wenige Aufreger mit sich brachte, ging die 2. Halbzeit umso furioser los. Ein zweiter Ball landete im Mittelfeld bei Jander, der den links in dieser Szene leicht eingerückten Soares fand. Sein Abspiel landete bei Schleimer, dessen Ablage Justvan fand. Eine tolle Steil-Klatsch-Aktion, doch Justvan scheiterte mit seinem Heber am Pfosten. Kurze Zeit später klingelte es jedoch auf der anderen Seite. Nach einem Einwurf landete der Ball erneut bei Ulms Reichert, der den Ball in Richtung zweiten Pfosten flankte, wo Castrop im Duell gegen den Torschützen Telalovic deutlich den Kürzeren zog. Wenige Minuten später hätte die Partie bereits vorentschieden sein können. Knoche vertändelte den Ball gegen Chessa, dessen Flanke Krattenmacher über die Linie bugiserte. Da die Hand mit am Ball war, wurde das Tor jedoch aberkannt. Dennoch schien es zumindest für ein paar Minuten eine ähnliche Wirkung zu hinterlassen, denn vom FCN war nur wenig in der Offensive zu sehen. Eine Halbfeldflanke Castrops, eine schlechte Strafraumverteidigung Ulms, aber auch eine starke Aktion Tzimas‘ sorgten dennoch in der 64. Minute zum Ausgleich. Eine Situation, in der man erkennen konnte, wie wichtig ein Strafraumstürmer sein kann.
Kein Mut zum Risiko nach Ausgleich
Über weite Phasen ähnelte die Schlussphase nach dem Ausgleichstreffer der aus dem Auswärtsspiel bei Darmstadt 98. Es wirkte so, als wäre man zu erleichternd über das 1:1, um das Spiel noch komplett auf die eigene Seite ziehen zu können. In einer zähen Partie ab der 65. Minute mied der Club das Risiko im eignen Ballbesitzspiel und kam dementsprechend kaum in gefährliche Räumen, in denen man hätte Dynamik entwickeln können. Demzufolge blieb man zwischen Tzimas-Treffer und der 89. Minute gänzlich ohne Abschluss. Der fehlende Mut zum Risiko wurde in dieser Phase auch gegen den Ball sichtbar. Zu häufig durften die Spatzen ihr Spiel bis vor den Nürnberger Strafraum bringen und wurden selbst dort angekommen erst spät gestört. Im gleichen Zeitraum kam der Gastgeber folglich auf 5 Abschlüsse.
Trotz Sieg: konstant unzufriedenstellend
Als in der 89. Minute Knoche mit einem Kopfball am Torhüter scheiterte und auf der anderen Seite auch Strompf nur knapp vorbeiköpfte, hätte man der Meinung sein können, beide Mannschaften hätten ihre Chance zum Lucky Punch liegen lassen. Doch ein zweifelhafter Pfiff und eine Wiederholung des Strafstoßes ließen den FCN am Ende doch noch zu sehr glücklichen 3 Punkten kommen. Ungeachtet des Ergebnisses – und so sollte ein Spiel rückblickend betrachtet werden – darf man jedoch nicht mit diesem Auftritt zufrieden sein. Denn die Probleme sind auch nach 5 Spieltagen und einem Pokalspiel die gleichen.