FCN-Drama in Düsseldorf: Wie ein perfektes Spiel entglitt

Der FCN glänzt eine Stunde lang – und verliert dann fast alles. Die Analyse eines irren Spiels.

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Foto: DO IT NOW Media

Viel Brisanz

Beim Nürnberger Auswärtsspiel in Düsseldorf musste FCN-Trainer Miroslav Klose auf den gelbgesperrten Berkay Yilmaz verzichten. Für ihn rückte seit langer Zeit mal wieder Danilo Soares in die Startelf. Rückkehrer Janis Antiste durfte neben Mahir Emreli von Beginn an im Sturm auflaufen, und Kapitän Robin Knoche verdrängte Ondrej Karafiat auf die Bank. Etwas überraschend war, dass Fabio Gruber vom Abwehrzentrum auf die linke Halbposition rückte.

Die Voraussetzungen für ein spannendes Spiel in Düsseldorf waren gegeben, da auch die Fortuna personell wieder besser besetzt war als in den Vorwochen – und vor allem mit einem Sieg die große Gelegenheit hatte, auf Platz 3 zu springen. Davon war jedoch lange nichts zu sehen.

Verbesserter FCN

In den Vorwochen traf der 1. FC Nürnberg oft auf Gegner, die den Cluberer Spielaufbau mit einem sehr hohen und mannorientierten Pressing zu unterbinden versuchten. Dagegen fand man zu selten Antworten. Wohl deshalb wählte auch F95-Trainer Daniel Thioune einen ähnlichen und zumindest deutlich aktiveren Ansatz im Spiel gegen den Ball als in den letzten Wochen. Der große Unterschied war jedoch, dass die Klose-Elf diesmal sehr viele Antworten und Lösungen präsentierte, wenngleich man sie in der Anfangsphase oft noch etwas zu unsauber ausspielte.

Viel Bewegung

Beim FCN sah man von Beginn an sehr viel Bewegung im eigenen Ballbesitz, vor allem im Mittelfeld und in der Offensive rochierte man die Positionen permanent, wogegen Düsseldorf kaum Zugriff bekam. Tim Janisch kam häufig ins „Spielen und Gehen“, Soares positionierte sich sehr hoch, um den Gegner zu binden, Drexler kam häufig ins Vorderlaufen, und Antiste zeigte kluge Bogenläufe in den Rücken der gegnerischen Abwehr.

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Der FCN war sehr gut auf das Düsseldorfer Anlaufverhalten eingestellt und für den Gegner kaum zu greifen. Immer wieder zog man andere Freiräume auf, besetzte und belief diese klug, sodass man oft zwischen und hinter die gegnerischen Linien kam.

Umschalten als Key

Durch die Nürnberger Variabilität im eigenen Ballbesitz konnte man auch oft umschaltähnliche Situationen kreieren. Auch „Steil-Klatsch-Tief“-Muster fanden dabei oft Anwendung. Aus der Innenverteidigung heraus spielte man einen Vertikalpass in Richtung eines entgegenkommenden Offensivspielers, der den Ball auf einen Nachrücker klatschen ließ. In diesem Moment suchten entweder Antiste oder Emreli den Weg in die Tiefe.

Noch viel gefährlicher waren eigene Balleroberungen, nach denen man gut positioniert war und mit Julian Justvan, Antiste und Emreli drei sehr gut aufgelegte Offensivspieler in den eigenen Reihen hatte. Nach einem Ballverlust Kownackis steckte Emreli auf Justvan durch, dessen parierter Abschluss vor Torschütze Antiste in der 19. Minute landete.

Viel Tiefgang

Nach einer halben Stunde hätte Emreli bereits auf 0:2 erhöhen können. Nach einem tiefen Ballgewinn schaltete man mit viel Tempo und Tiefgang um, Emrelis Abschluss ging aber knapp am Tor vorbei. Besser machte es der Aserbaidschaner in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit, als ihn Jander mustergültig bediente und der Stürmer über den hochstehenden Torhüter Kastenmeier ins Tor chippte.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass Düsseldorf diese Situationen denkbar schlecht verteidigte. Sie hatten keine gute Staffelung zur Konterabsicherung, und es fehlte ihnen sichtbar an Tempo und Dynamik in der letzten Linie – was der FCN mit vielen Sprints zu nutzen wusste.

Perfekte Stunde

Da man bei den Franken zugleich auch die Wichtigkeit von Robin Knoche zu sehen bekam, stand man auch defensiv lange Zeit gut. Fortuna konnte den Ball des Öfteren in Richtung letztes Drittel schleppen, weiter aber nicht. Zum einen verteidigten alle elf Spieler sehr fleißig, zum anderen war man gut gestaffelt und sprang im richtigen Moment aus der Ordnung heraus, um Ballgewinne zu generieren. Einen davon nutzte am Ende Justvan zur 0:3-Führung. Die Leistung war bis dahin eine der besten Nürnberger Saisonleistungen überhaupt.

Viele Hereingaben

Zu drei Punkten reichte diese sehr starke Stunde jedoch nicht, denn beim 1. FC Nürnberg läuft längst nicht alles perfekt. Bei gegnerischen Flanken und Standards hat man Schwierigkeiten. Da Düsseldorf umstellte, die Flügel nun doppelt besetzte und ein Ball nach dem anderen in den Nürnberger Strafraum flog, wurde es wild. Da half es auch nicht, dass Drexler vor der Ecke zum 1:3 den Ball ins Aus ließ, aber keinen Abstoß bekam – sondern eine Ecke, die über viele Umwege und Pingpong die Fortuna ins Spiel zurückbrachte.

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Düsseldorf positionierte sich nun extrem offensiv und besetzte die Flügel doppelt. Da der FCN nicht mehr so konsequent nach vorne durchschob, lief man in der Schlussphase nur noch hinterher – und sah Flanke um Flanke in den Strafraum fliegen.

Einbruch

Danach fand der Club jedoch nicht mehr in das eigene Spiel zurück und musste stattdessen viel leiden. Erneut war es ein ruhender Ball Düsseldorfs, der dem 2:3 vorausging. Das machte die Fortuna in der Situation sicherlich sehr ordentlich: Der Ball ist gut getreten, die Spieler laufen gut ein, aber sie können auch unbedrängt abschließen. Spätestens nach 70 Minuten war dann wahrscheinlich jedem klar, dass das noch nicht das Ende sei. Klose versuchte, darauf Einfluss zu nehmen, und brachte erst Oliver Villadsen, ehe man mit dem Tausch Karafiats für Antiste endgültig auf „Defensive“ umschaltete.

Keine Entlastung

Doch nur wenige Sekunden nach der Einwechslung des Tschechen stand es 3:3. Vorausgegangen war ein Ballverlust Janders, der nach dem schnellen Abwurf Reicherts das Spielgerät zu einfach vor dem Strafraum verlor. Offensiv gefährlich wurde der FCN in den Schlussminuten nicht mehr – stattdessen blieb das zwischenzeitliche 0:3 der letzte Nürnberger Abschluss. Die Umschaltsituationen spielte man nicht mehr so gut und zielstrebig aus, vielmehr war nach den Wechseln im Angriff ein deutlicher Qualitätsunterschied spürbar.

Verlorene Punkte

Was man der jungen Mannschaft zugutehalten muss, ist, dass man am Ende noch mit einem Punkt nach Hause fährt. Dennoch fühlt es sich sicherlich nicht wie ein gewonnener Punkt an. Dafür war man eigentlich zu gut und überzeugte wie lange nicht mehr. Eigene Fehler, altbekannte Probleme und Schwierigkeiten bei gegnerischer Physis und Kopfballstärke kosten am Ende zwei Punkte – nicht zum ersten Mal.