Kloses Aufstellungs-Puzzle
Mit Robin Knoche, Caspar Jander, Janis Antiste und Stefanos Tzimas fielen beim 1. FC Nürnberg gleich vier Stammspieler für das Auswärtsspiel in Kaiserslautern aus. Die Frage war natürlich, wie FCN-Trainer Miroslav Klose sie ersetzen würde. Dass Fabio Gruber als zentraler Part der Abwehr auflaufen würde, war zu erwarten. Rafaels Lubachs Nominierung anstelle von Florian Flick konnte man sich auch erschließen. Etwas überraschender war die Doppelspitze aus Lukas Schleimer und Mahir Emreli, da sich beide in den Vorwochen in keiner guten Verfassung präsentierten.
FCN bleibt sich treu
Neben dem Personal durfte man auch gespannt sein, wie die Nürnberger strukturell auf die Ausfälle reagieren würden. Im Vorfeld wurde sogar spekuliert, ob eine Systemumstellung denkbar sei. Schnell sah man jedoch, dass sich an den Mustern im eigenen Spiel nicht viel änderte. Rafael Lubach übernahm Janders Rolle als alleiniger Sechser vor der Abwehr im 3-1-Aufbau. Gegen den Ball setzte man zunächst auf ein 5-2-3, was in den meisten Partien Anwendung findet.
Sinnbild des Spiels
Physis, Flanken, Standardsituationen – vor allem Eckbälle – gehören zu den großen Lauterer Stärken. Bereits in den ersten zehn Minuten musste der FCN drei gegnerische Ecken überstehen. Dass dann ausgerechnet ein eigener Eckball zur Gästeführung nach knapp einer halben Stunde führte, ist etwas kurios. Die Ausführung und das Tor waren kein Zufall – da steckte schon ein Plan dahinter.
Julian Justvan spielt kurz auf Lubach, der den Ball in Richtung kurzen Pfosten flankt, auf den Gruber geht. „Wir haben gestern im Training durchgesprochen, dass ich vor den ersten Mann kommen soll“, verriet der Torschütze im Nachhinein. Der Plan sei jedoch gewesen, den Ball zu verlängern – durchaus sinnbildlich für die gesamte Partie, in der das Glück auf Seiten der Franken war.
Sehr ordentlicher FCN
Der Klose-Elf waren die schmerzhaften Ausfälle durchaus anzumerken. Für die Umstände lieferte man in der ersten Halbzeit aber eine sehr ordentliche Leistung ab. Man war sehr fleißig im Verteidigen, auch die beiden Angreifer waren sich nicht zu schade, zur Not rund um die eigene Box mitzuverteidigen. Immer wieder schob der FCN gut auf die Ballseite, um Kaiserslautern nicht kontrolliert in Richtung letztes Drittel kommen zu lassen, sodass man lange Zeit keine wirkliche Druckphase über sich ergehen lassen musste. Erst als der halblinke Innenverteidiger Maximilian Bauer auf der Außenbahn mehr mit nach vorne schob, wurde der Club nach und nach tiefer in die eigene Hälfte gedrängt.
Kontrollierter Ballbesitz
Der Schlüssel lag hierfür aber nicht nur in der Arbeit gegen den Ball, sondern vor allem im eigenen Ballbesitz. Denn in diesem agierte man sehr variabel. Sowohl Ondrej Karafiat, Torschütze Gruber als auch Tim Drexler – alle besetzten situativ andere Räume, wodurch der FCK kaum Zugriff auf die erste Nürnberger Aufbaureihe bekam. Auch Lubach positionierte sich oftmals gut, sodass der FCN zu einigen Ballbesitzphasen kam – zwar oft nur in der eigenen Hälfte, aber dennoch sorgten sie dafür, dass die Heimmannschaft nicht die gewünschte Wucht entfalten konnte.
FCK stellt um
Nach einer mehr oder weniger ausgeglichenen ersten Halbzeit wechselte FCK-Trainer Markus Anfang und brachte Daisuke Yokota, der nach der Pause den rechten offensiven Halbraum besetzte. Mit seinen Positionierungen und Dribblings hatte der Club von nun an große Schwierigkeiten. Die Pfälzer erhöhten zudem die Intensität – und zeigten mit dem Wiederanpfiff, dass Spiele auf dem Betzenberg schon etwas Besonderes sein können. Und auch das Topspiel des 29. Spieltags war besonders.
Keine Kontrolle
Dem FCN ging nach und nach die Kontrolle der Partie abhanden. Kaiserslautern presste mittlerweile Mann-gegen-Mann. Lösungen dagegen? Unter anderem Positionsrochaden, Tiefenläufe und Ballsicherheit. Diese Elemente waren im Nürnberger Spiel nun aber rar gesät. Viele Ballverluste, kaum festgemachte Bälle und wenig Tiefe im eigenen Spiel – obwohl Räume durchaus dagewesen wären. Eigene Ballbesitzphasen wurden deshalb immer weniger, sodass sich relativ schnell andeutete, dass es ein „Überlebenskampf“ im zweiten Durchgang werden sollte.
Kuriose Momente
Daran änderte auch der Geistesblitz Mahir Emrelis beim 0:2 nichts. Vorausgegangen war ein Konter, den Castrop im Mittelfeld gut nach vorne trieb. Mit etwas Glück landete der Ball erneut bei Emreli, der mit einem schönen Übersteiger den Gegenspieler aussteigen ließ und dann gekonnt gegen Heimtorwart Krahl vollendete. „Wir spielen gnadenlos auf ein Tor und bekommen dann einen Sonntagsschuss“, war FCK-Trainer Anfang not amused. Nur wenige Minuten später war aber wieder Zittern angesagt. Denn nach Lubachs Handspiel im eigenen Strafraum verkürzte Marlon Ritter zum 1:2.
Welle um Welle
Was daraufhin folgte, war eine Lauterer Angriffswelle nach der anderen. Die Pfälzer gingen All-In, besetzten ihre Positionen maximal offensiv, brachten viel Personal in die Box, spielten mit unfassbar viel Intensität, fanden aber ihren Meister mehrmals in Jan Reichert. Der FCN hatte zwischenzeitlich keine idealen Zugriffswinkel, sondern große Schwierigkeiten, die Räume vor der Fünferkette zu schließen, weshalb das Nürnberger Trainerteam in der Schlussphase auf ein 5-3-2 umstellte und Justvan neben den eingewechselten Florian Flick und Castrop beorderte. Zugriff bekam man aber auch hier nur wenig, sondern hatte am Ende viel, viel Glück auf seiner Seite. Die 20 Abschlüsse Kaiserslauterns in der zweiten Halbzeit waren sogar Saisonrekord aller Zweitligisten.
Resthoffnung
Offensiv stimmte beim FCN vor allem in der zweiten Halbzeit wenig – die beiden Matchwinner heißen zweifelsfrei Jan Reichert und Fabio Gruber. Während der Torhüter nicht leugnet, dass man einen Blick auf die Tabelle hat, freute sich Gruber über einen „glücklichen Sieg“. Glücklich stimmt definitiv. Während man im ersten Durchgang angesichts der personellen Situation ein sehr vernünftiges Spiel zeigte, war man in der zweiten Halbzeit die klar unterlegene Mannschaft. Aber: Die Nürnberger Mannschaft verteidigte leidenschaftlich sowie geschlossen bis zum Schluss und erkämpfte sich dadurch den schmeichelhaften Dreier, der den Abstand auf Platz drei auf drei Punkte verkürzt. „So ein dreckiger Sieg ist mit am geilsten“, war auch Gruber bestens gelaunt.