Karafiats perfekter Auftritt
Mit Tim Drexler verpflichtete der 1. FC Nürnberg in der Winterpause ein Abwehrtalent von der TSG Hoffenheim, das sich wohl hauptsächlich aufgrund der Aussicht auf Einsatzzeiten leihweise bis Saisonende der Mannschaft von Trainer Miroslav Klose anschloss. Doch stellt sich die Frage, wer von der aktuellen Dreierkette, die seit dem 9. Spieltag unverändert geblieben ist, für den 19-jährigen Innenverteidiger weichen könnte. Der 2:1-Sieg zum Rückrundenauftakt gegen den KSC zeigte, dass Ondrej Karafiat derzeit am weitesten davon entfernt scheint, auf der Bank Platz nehmen zu müssen.
Schon in der Hinrunde überzeugte der Tscheche mit soliden Auftritten als halblinker Verteidiger und machte kaum Fehler. Diese Fehlerfreiheit hob er am 18. Spieltag nochmals auf ein neues Level. Denn gegen den Karlsruher SC gelang dem 30-Jährigen etwas, das ihm zuvor noch nie in seiner Karriere gelungen war, wenn er mehr als eine halbe Stunde auf dem Feld stand: Tatsächlich brachte Karafiat alle seine 80 Zuspiele zum Mitspieler – eine makellose Passquote von 100%. Und das, obwohl am vergangenen Spieltag der 2. Bundesliga nur zwei Spieler überhaupt mehr Pässe spielten.
Heimlicher FCN-Spielmacher
Umso beeindruckender ist diese Präzision, wenn man berücksichtigt, wie der Sommer-Neuzugang seine Rolle als Halbverteidiger interpretiert bzw. interpretieren soll. Von „offensiven Innenverteidigern“ sprach Caspar Jander diesbezüglich im Nachgang der Partie. So spielte Karafiat nicht nur die zweitmeisten raumgewinnenden Pässe aller Nürnberger, sondern war mit seinen Vorstößen auch ein wichtiger Teil des Matchplans. Offenbar wollte der FCN mit seinen beiden Halbverteidigern andribbeln, um die beiden Karlsruher Viererketten hinter der Doppelspitze aus ihrer Kompaktheit zu locken.
Vor allem in der ersten Hälfte setzte Karafiat diese Vorgabe hervorragend um. Er öffnete mit seinen Vorstößen, durch die er sogar einmal als zweite Spitze neben Tzimas im Strafraum auftauchte, Räume für seine Mitspieler. So war es kein Zufall, dass der Rechtsfuß in den ersten 30 Minuten die meisten Ballaktionen aller Spieler verzeichnete und über 80% der FCN-Angriffe über seine und Danilo Soares‘ linke Seite liefen.
Luxusproblem für Klose
Doch auch defensiv war Karafiat maßgeblich daran beteiligt, dass der FCN gegen Karlsruhe so wenige Schüsse wie seit über acht Jahren in einem Ligaspiel zuließ. Dass seine Seite meist dicht war, zeigt sich daran, dass der KSC über 70% seiner Angriffe über die andere Seite initiierte. Seine Defensiv-Zweikampfquote von lediglich 38% ändert daran kaum etwas. Denn wenn Karafiat nicht das direkte Duell für sich entscheiden konnte, stoppte er den Gegenspieler entweder mit einem Foul oder verlangsamte dessen Tempo, sodass in den meisten Fällen ein Mitspieler den Ball erobern konnte.
Auftritte wie dieser von Ondrej Karafiat gegen den KSC machen es dem Trainerteam deutlich schwerer, Tim Drexler Einsatzzeiten zu geben. Robin Knoche dürfte als Kapitän in der Abwehrzentrale gesetzt sein. Beim 18-jährigen Finn Jeltsch wird man allein schon aufgrund seiner Marktwertentwicklung darauf bedacht sein, ihn nicht auf die Bank zu setzen – zumal, wenn er sich, wie am vergangenen Wochenende, nach einer wackligen Anfangsphase schnell stabilisiert. So steht Miroslav Klose aktuell vor dem Luxusproblem, ein geliehenes Talent, dem mutmaßlich Einsatzzeiten zugesichert wurden, in die Mannschaft zu integrieren. Eine Art von Problem, die der 1. FC Nürnberg in der Vergangenheit wohl gerne öfter gehabt hätte.