Ballsicherer FCN zu Beginn
Wie schon beim ersten Auswärtsspiel der Saison in Karlsruhe startete der 1. FC Nürnberg auch in Saarbrücken kontrolliert in die Partie. Zwar wusste der Drittligist über die Schwächen im Spielaufbau des FCN – schließlich versuchte man ebenfalls das Zentrum um Flick zuzustellen. Jedoch wirkte das Anlaufen der Saarländer mit drei zentralen Mittelfeldspielern und zwei Stürmern (5-3-2-Formation) einerseits zu zurückhaltend. Andererseits waren die Außenverteidiger des Clubs – anders als beispielsweise in Karlsruhe – tiefer positioniert. Mit einem der beiden immer wieder abkippenden Achter sowie Torhüter Mathenia konnte die Klose-11 somit phasenweise eine 7-gegen-5-Überzahl im Spielaufbau herstellen. Daraus ergab sich eine hohe Ballsicherheit im eignen Spiel, die in den ersten 30 Minuten mit einer Passpräzision von fast 92% quantifiziert wurde.
Verbesserte Flügelverteidigung
Auch wenn der FCN-Ballbesitz in der Anfangsphase fast ausschließlich in ungefährlichen Zonen stattfand, so konnte man einen Pokalfight des von Buchmachern favorisierten Pokalschrecks zunächst verhindern. Stattdessen deutete Sevcik an, welche Kreativität in ihm steckt und traf sehenswert aus 26 Meter zum 1:0. Schon vor der Halbzeit kippte das Pendel allerdings mehr in die Saarbrücker Richtung, die nun aggressiver gegen den Ball verteidigten und den Club zu mehr langen Pässen zwangen. Gleichzeitig verteidigte der FCN deutlich tiefer, aber immer noch sicher. Auf die vielen Flügelangriffe des Gegners wusste man kompakter zu reagieren als noch in Karlsruhe. Insbesondere Neuzugang Villadsen stach als Linksverteidiger mit seiner Zweikampfstärke heraus und gewann in den 15 Minuten vor der Pause all seine 5 Bodenduelle.
Ausrechenbarer Ballbesitz
Die drohende Passivität schien auch bei Miroslav Kloses Halbzeitansprache Thema gewesen zu sein. Denn seine Mannschaft kam wieder deutlich aktiver aus der Kabine. Zumindest, bis die Gastgeber nach einem verunglücktem Fernschuss eher zufällig zu ihrer ersten richtig guten Chance kamen, bei der Mathenia stark reagierte. Ab diesem Zeitpunkt wirkte das Spiel mit und gegen den Ball zerfahren, die Nürnberger Passivität ließ die Saarbrücker immer besser ins Spiel kommen. Sicherlich dürften dabei auch die vier getätigten Wechsel von Minute 61 bis 69 nicht für mehr Ordnung gesorgt haben. Doch der FCN-Ballbesitz wurde zudem einmal mehr zu ausrechenbar. Fast jeder Pass ab der 61. Minute, der für Raumgewinn sorgen sollte, ging Richtung Schleimer: ganze 18 von 24 progressiven Pässen, die meisten davon von Mathenia und Valentini. Dementsprechend einfach war es für den FCS, die Angriffe des Clubs zu antizipieren.
Defensive Passivität
Auf der anderen Seite war Nürnberg nicht mehr so aggressiv und präsent im Zweikampf, wie es nötig wäre, um dem Drittligisten möglichst wenig Zeit am Ball zu gewähren. So auch beim ebenfalls sehenswerten 1:1 von Brünker, bei dem Vorlagengeber Rizzuto ungestört in den Strafraum flanken konnte. Lange Zeit war der Auftritt des FCN mit einer Führung im Rücken in Saarbrücken durchaus verständlich, bei 7 Abschlüssen und einem xG-Wert von 0.24 nach 90 Minuten dann doch eher enttäuschend. Eine Antwort auf die eigne Ideenlosigkeit im Ballbesitz konnte in der Verlängerung ebenfalls nicht gefunden werden. Es wirkte so, als wären beiden Mannschaft einverstanden damit gewesen, den Sieger im Glücksspiel Elfmeterschießen zu ermitteln.
Trotz statistischer Unterlegenheit – eine Runde weiter
Trotzdem war es tendenziell der Drittligist, der den Weg in die Offensive suchte. Nicht nur in der Verlängerung, sondern über das gesamte Spiel hinweg. In sämtlichen Statistiken wie gespielten Ballbesitzangriffen, Abschlüssen, Expected Goals, Flanken oder Balleroberungen war der 1. FC Saarbrücken die überlegende Mannschaft. Trotzdem siegte der FCN, weil er all seine Elfmeter souverän verwandelte und sich auf Mathenia verlassen konnte. Letztendlich geht es im DFB-Pokal um nichts anderes als das Weiterkommen. Für dieses eine Spiel ist eine solch isolierte Betrachtungsweise völlig legitim und man darf sich zurecht über eine weitere Runde im Pokal freuen. Für das große Ganze war das jedoch ein zusätzlicher Auftritt, der bedenklich und skeptisch stimmt. Auch nach dem dritten Pflichtspiel muss man weiterhin auf den ersten überzeugenden Auftritt des 1. FC Nürnbergs warten. Angesichts der Qualität dieses Auftaktprogramms steht man hingegen ergebnistechnisch völlig im Soll.