Hauptsache 3 Punkte – 20 gute Minuten reichen dem FCN

Heimsieg! Der 1. FC Nürnberg holt wichtige 3 Punkte gegen Schalke. Warum der Club bis zur Halbzeit nicht stattfand und danach die richtigen Anpassungen vornahm, analysiert der CLUBFOKUS.

1. FC Nürnberg Analyse Schalke 04 Spielanalyse Taktik Bericht Spielbericht
Foto: fcn.de

Nürnberg findet mit Ball nicht statt

Die tolle Kulisse mochte in den ersten 45 Minuten nicht auf das Spiel des 1. FC Nürnberg überschwappen. Strukturell blieb es ähnlich wie in den vorherigen Spielen unter Miroslav Klose, die Umsetzung knüpfte aber nahtlos an weite Phasen des Spiels beim Karlsruher SC an. Die Schalker pressten hingegen sehr massiv mit vielen Mannorientierungen im Zentrum und versuchten, bereits den ersten Ball von Jan Reichert nicht flach in das Spiel kommen zu lassen. Dafür setzte man auf ein 3-4-1-2 und veränderte damit seine Struktur vom Spiel gegen Eintracht Braunschweig, in welchem man noch im 4-2-3-1 verteidigte. Der Club fand dagegen keine Lösung und kam dementsprechend nicht ansatzweise in seine gewünschten Abläufe. Mal wieder blieb häufig nur der lange Ball von Reichert in Richtung der offensiven Dreierreihe um Schleimer, Okunuki und Pick, was gegen die großen Schalker Innenverteidiger keine gute Idee war. Lediglich 5 der 22 langen Bälle Reicherts erreichten den Mitspieler. Okunuki wurde oft in Kopfballduelle gegen Kaminski geschickt – und gewann wenig überraschend keines davon. Später spielte man vermehrt Chipbälle in Richtung Pick, der diese aber häufig zu unsauber verarbeitete. Falls doch, war Schalke in den meisten Fällen das deutlich präsentere Team im Kampf um den zweiten Ball. Auch die sich bietenden Umschaltsituationen spielte der FCN im ersten Durchgang schwach aus. Dreimal – innerhalb kurzer Zeit – war Pick der Ballführende und Okunuki der Mitlaufende. Doch entweder verpasste man das Abspiel oder der Pass war deutlich zu unpräzise. So stand am Ende folgerichtig bei der Anzahl der Nürnberger Abschlüsse zur Pause die 0.

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Die Nürnberger Probleme im 1. Durchgang: gegen das Schalker Mann-gegen-Mann fand man nur den langen Ball als Ausweg. Entweder man verlor diesen direkt oder den zweiten Ball. Den großen Raum zwischen Mittelfeld und Angriff konnte man nicht nutzen.

Heekeren killt das Nürnberger Pressing

Der 1. FC Nürnberg offenbarte im ersten Durchgang aber auch Probleme im Spiel gegen den Ball. Murkin, in der Defensive der dritte Innenverteidiger, schob im Ballbesitz als Linksverteidiger an, sodass Königsblau das Spiel aus einer Viererkette heraus eröffnete. Miroslav Klose reagierte im Laufe der ersten Halbzeit insofern darauf, als dass er Okunuki sehr mannorientiert auf Murkin schickte, um die Unterzahl am Flügel auszugleichen. Dennoch bekam der Club keinen wirklichen Zugriff auf den gegnerischen Spielaufbau. Dies lag auch daran, dass Gästetorwart Heekeren permanent als Überzahlspieler fungierte, sich auch weit außerhalb seines Sechzehners anbot und zudem extrem ballsicher agierte. Schwierigkeiten hatte Nürnberg über die beiden Außenbahnen. Schalke kam durch verschiedene Muster in den Rücken dieser, vor allem auf Hofmanns Seite. Mal schnitt Mohr vom Halbraum in die Tiefe und wurde von Murkin bespielt. Mal machte Mohr den Platz für Karaman frei, der von beispielsweise Kaminski eingesetzt wurde. Die vielen Durchbrüche konnte man entweder im Strafraum noch klären oder hatte Glück, dass Schalke nicht traf. Dies änderte sich aber kurz vor dem Pausenpfiff, als Cissé nach Freistoßhereingabe aus dem Halbfeld unbedrängt einschieben durfte, nachdem Jeltsch zuvor das Abseits aufhob und den Torschützen dann passieren ließ. Da Schalke insgesamt 69% der Luftduelle für sich entschied, hatte man im 1. Durchgang nicht selten Probleme bei gegnerischen Standardsituationen.

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Nicht selten zu sehen und durchaus ähnlich auch schon in Karlsruhe. Die Schalker Offensivspieler liefen von innen nach außen in den Rücken der Cluberer Außenverteidiger

Starke Klose-Elf in Überzahl

Der heiß diskutierte Platzverweis von Schallenberg veränderte die Partie maßgeblich. Und dennoch muss man eine Überzahl erst einmal in kurzer Zeit so umbiegen, wie es der 1. FC Nürnberg tat. Klose reagierte personell und brachte Forkel sowie Valentini für den blassen Okunuki und den angeschlagenen Soares. Schalke hingegen änderte seine Herangehensweise in Unterzahl extrem. Anstatt Mann-gegen-Mann hoch zu pressen, verteidigte man von nun an vermehrt tief und im Raum im 4-3-2. Die dadurch freiwerdenden Räume am Flügel wusste der Club gut zu bespielen. Vor allem die Hereinnahme von Valentini, der sich weit mit nach vorne einschob, machte sich in Form seiner Hereingabe zum 1:1 auf Schleimer bereits wenige Augenblicke nach dem Wiederanpfiff bezahlt. Die Klose-Elf agierte zudem deutlich mutiger und kam besser in das gewünschte „Spielen und Gehen“, wodurch man den – zugegebenermaßen nicht gut verteidigenden – Gegner viel bewegte. Die Offensivspieler zogen mit klugen Bewegungen und Tiefenläufen die gegnerische Ketten auseinander. Zudem lockte man die Knappen im Zentrum gut an, ehe man dann den Ball auf den verwaisten Flügel brachte. Das 2:1 hingegen zeigt eine der Qualitäten von Finn Jeltsch. Der 1. FC Nürnberg verlagert das Spiel von halblinks auf den jungen Innenverteidiger. Dieser dribbelt an, Pick beläuft die Tiefe und am Ende trifft Caspar Jander zum 2:1. So wurde die Partie binnen weniger Minuten gedreht – angesichts der ersten Halbzeit sicherlich glücklich, aber die diesmal etwas lauter ausfallende Halbzeitansprache von Miroslav Klose sowie kleinere Umstellungen und ein ganz anderes Auftreten des Clubs machten sich bezahlt.

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Das 2:1 für den 1. FC Nürnberg. Finn Jeltsch dribbelt gut an, die Schalker Stürmer sind im Zentrum gebunden, Pick läuft der Schalker Abwehr im Rücken weg. Am Ende trifft Jander zum vielumjubelten 2:1.

Trotz Gleichzahl: FCN bleibt stabil

Nach der gelb-roten Karte für Caspar Jander kippte das Spiel sofort wieder in Richtung der Schalker. Das hohe Mann gegen Mann zog dem FCN-Spielaufbau, der wieder fast ausschließlich auf lange Pässe in die Spitze ausgelegt war, erneut den Zahn. Durchaus überraschend war, dass Klose nach Janders Platzverweis freiwillig seinen zweiten und letzten Achter Castrop auswechselte und Karafiat brachte. Diese Maßnahme korrigierte er kurz darauf, indem er den in beiden Spielrichtungen aktiven Lubach für Pick einwechselte, Karafiat zurück in die Innenverteidigung beorderte und von einem 4-2-3 auf ein 5-2-2 umstellte. Offensichtlich sollte die schmeichelhafte Führung über die Zeit gebracht werden. Umso erleichterter dürfte der FCN-Trainer gewesen sein, als Lubach nach starker Bewegung und Abschluss Schleimer den Nachschuss verwerteten konnte. Im Gegensatz zu Halbzeit 1, als Pick und Okunuki gleich dreimal schlampig waren, konnte man diesen Konterangriff zielstrebig zu Ende spielen. Obwohl S04 das Spiel in der Folge kontrollierte, schien man sich von diesem Wirkungstreffer nicht mehr erholen zu können. Letzte königsblaue Aufbäumungsversuche mit 5 Abschlüssen ab der 87. Minute überstand der FCN unbeschadet. Da man zwischen Minute 46 und 87 nur 3 Schüsse und keine Großchance seit der Pause zuließ, verdiente man sich die gegentorlose 2. Halbzeit.

Wichtige Grundlage für die nächsten Schritte

Die guten 20 Minuten in Überzahl, die letztlich für den ersten Nürnberger Saisonsieg sorgte, dürfen die restlichen 70 Minuten nicht vergessen machen. Denn sowohl bei 10 gegen 10 als auch bei 11 gegen 11 war der FC Schalke 04 eindeutig die Mannschaft, die ihr Spiel dem Gegner aufdrücken könnte. Insbesondere in Halbzeit 1 verpassten es die Knappen, mit einer höheren Führung in die Pause zu gehen. Bis zum Platzverweis von Schallenberg gab es wenig Anzeichen, die auf eine Comeback des FCN hindeuteten. Die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage bei Gleichzahl über die gesamte Spielzeit schien hoch. Doch auch unabhängig davon zeigte die Klose-11 eine starke Reaktion zu Beginn der 2. Halbzeit. Eine Überzahl derart konsequent und effektiv auszuspielen gebührt Respekt. Trotzdem muss man am Ende des Tages von einem glücklichen Sieg sprechen, was der xG-Wert von 2.1 zu 0.9 zu Gunsten der Gäste bekräftigt. Die FCN-Spieler müssen sich jedoch in keiner Weise für diesen Sieg entschuldigen und dürfen stattdessen stolz auf ihre 2. Halbzeit sein. Gleichzeitig müssen Miroslav Klose und sein Trainerteam sich fragen, warum 105 von 180 gespielten Minuten an den ersten beiden Spieltag nicht annähernd überzeugend waren. Diesbezüglich ist man 3 Punkten gut bedient. Nichtsdestotrotz kann dieser erste Sieg als stabile Grundlage für die offensichtlich zu bearbeitenden Baustellen dienen. In Zukunft wird man sich nicht immer auf eine Kombination aus glücklichem Spielverlauf und effizienter Chancenverwertung verlassen können.


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