Carl Klaus: häufig Ersatz-Torwart
Nachdem Carl Klaus offensichtlich im Probetraining überzeugen konnte, durfte er nun einen Vertrag bei Union Berlin unterschreiben. In der vergangenen Saison war Klaus noch für den 1. FC Nürnberg in der 2. Bundesliga aktiv. Als Nummer 2 in die Saison startend konnte Klaus seine Konkurrenten Christian Mathenia aus dem Tor verdrängen. Ab Spieltag 17 stand er ausnahmslos in jedem Spiel zwischen den Pfosten und avancierte zur neuen Nummer 1 der Nürnberger. Diese Stammposition gelang ihm zuvor in seiner Profi-Karriere nur in der Saison 2018/2019, als er für den spanischen Drittligisten Atlético Baleares 43-mal spielte. Seitdem war es Klaus gewohnt, bei seinen Stationen in Darmstadt und Nürnberg als Ersatztorhüter nur sehr sporadisch zum Einsatz zu kommen. Eine ähnliche Rolle erwartet ihn auch in Berlin, wo er das Torhüterteam um Frederik Rönnow, Alexander Schwolow und Nachwuchstorwart Yannic Stein komplettiert.
Klaus als spielstarker Torhüter
Einer der Gründe, warum Ex-FCN-Trainer und Ex-Union-Spieler Cristian Fiél sich für einen Torwartwechsel entschied, ist Klaus‘ Spielstärke. Dies beweist schon ein Blick auf seine Passquote. Mit 88% lag Klaus in der abgelaufenen Saison über dem Durchschnitt aller 2. Bundesliga-Torhüter mit mindestens 1.500 Einsatzminuten. Obwohl der gebürtige Stuttgarter über 60% seiner Pässe vertikal spielte (nur 2 Keeper vertikaler), konnte er eine Passquote von 88% vorweisen. Zudem war seine Vertikalpassquote von 83% die drittbeste unter den Torhütern. Dabei bevorzugt der Rechtsfuß stets die kurze und flache Lösung – nur 31% seiner Pässe waren lang, was unter dem Ligadurchschnitt (34%) lag. Entschied sich Klaus doch für einen langen Pass, so kam dieser immerhin in leicht unterdurchschnittlichen zwei Drittel der Fälle an. Zu seiner Spezialitäten im Passspiel zählte hierbei der Abwurf, den kein anderer Keeper in der 2. Bundesliga so häufig nutzte wie Klaus.
Klaus mit ordentlicher Strafraumbeherrschung
Was das Verlassen des eigenen Strafraums anging, war Klaus sehr zurückhaltend. Hauptsächlich war dies allerdings darauf zurückzuführen, dass der 1. FC Nürnberg in der Rückrunde tief verteidigte und sich somit wenig Raum zwischen dem Schlussmann und der Abwehrreihe ergab. Nur 0.44 Aktionen außerhalb des Strafraums pro 90 Minuten waren Ligatiefst. Eine Defensivaktionen Klaus‘ fand durchschnittlich nur 9.4 Meter vor der eignen Torlinie statt. Selbst Frederik Rönnow beim ebenfalls tief verteidigenden Union kam auf 11.8 Meter im Durchschnitt. Trotzdem versuchte Klaus innerhalb seines Strafraums, in dem oftmals viel Betrieb herrschte, proaktiv zu agieren. Nur drei Torhüter verließen häufiger pro 90 Minuten die eigene Linie, um hohe Bälle abzufangen. Folglich konnte Klaus immerhin 6,2% der gegnerischen Flanken pflücken – gesundes Zweitliga-Durchschnittsniveau. Dass der FCN dennoch die meisten Gegentore nach Flanken (6) in der Rückrunde kassierte, hatte nur bedingt mit Klaus zu tun. Übrigens: Rönnow war diesbezüglich der zweitbeste Keeper der abgelaufenen Bundesliga-Saison mit über 10% abgefangenen Flanken.
Klaus auch stabil auf der Linie
Ein weiteres Problem, das der 1. FCN mit dem Torhüterwechsel von Mathenia auf Klaus beseitigte, waren Schwächen auf der Linie. Während Mathenia rund 8 Tore mehr kassierte, als nach Qualität und Quantität der gegnerischen Abschlüsse zu erwarten gewesen wäre, hielt Klaus, was zu halten war. Zwar kassierte er in 19 Einsätzen 30 Tore Gegentore, was ein ganzheitliches FCN-Problem war. Jedoch ließ er nach Statistik nur 0.6 Tore zu viel zu, was ein ordentlicher Wert ist. Darüber hinaus waren in seinem Torwartspiel auf der Linie keine Auffälligkeiten zu erkennen. Seien es Freistöße, Ecken oder Fernschüsse: in sämtlichen Spielphasen agierte Klaus solide und ohne markante Schwächen. Beim Blick auf die Shot Map seiner Gegentore fällt lediglich auf, dass viele gegnerische Einschüsse links unten landeten. Doch betrachtet man diese Gegentore im Detail, so waren all diese Schüsse fast durchweg von hoher Qualität und nicht auf einen Torhüterfehler zurückzuführen.
Vereinzelt fehleranfällig
Apropos Fehler: trotz seiner überwiegend soliden Auftritte leistete sich Klaus mit Ball und auf der Linie vereinzelt Aussetzer, die aber auch im Zusammenhang mit einer insgesamt wackligen FCN-Defensive standen. Nichtsdestotrotz gibt es diesbezüglich noch Verbesserungsbedarf. Schließlich produzierten in der abgelaufenen 2. Bundesliga-Saison laut Statistik nur drei Spieler mehr Fehler, die im Anschluss zu einem gegnerischen Abschluss führten. Besonders im Gedächtnis blieb die 0:2-Heimniederlage gegen Paderborn, als Klaus bei Hereingaben zweimal zu zögerlich wirkte und jeweils hinter sich greifen musste.
Klaus als solider Back-Up für Union Berlin
Auch wenn Klaus‘ Spiel nicht fehlerlos war, so konnte er den 1. FC Nürnberg auf der Torhüterposition etwas stabilisieren. So zumindest sind seine Einzelstatistiken zu interpretieren. Trotzdem ist es aus Nürnberger Sicht verständlich, dass man den Vertrag auslaufen ließ und stattdessen auf den talentierten Jan Reichert als neue Nummer 1 baut. Klaus hingegen konnte sich in der Rückrunde für andere Vereine empfehlen. Gerade als Back-Up für Union Berlin sollte er bestens geeignet sein. Nicht umsonst hieß es in der offiziellen Club-Mitteilung zu seinem Abschied: „Wenn „Calle“ gebraucht wurde, konnte man sich auf ihn verlassen.“ Genau darauf setzt man zukünftig auch bei Union Berlin. Sollte ein Engpass auf Torhüterposition entstehen, so kann man davon ausgehen, dass Carl Klaus auch in der Bundesliga seine Aufgabe unaufgeregt erledigen wird.