Umstrukturierung
Das Scouting des 1. FC Nürnberg wurde in den vergangenen Monaten stark umgebaut. Nachdem man zuvor in der Entscheidungsfindung auf Daten nahezu gänzlich verzichtete, hat man sich diesen mittlerweile verschrieben. Die Interpretation dieser Daten ließ jedoch in der vergangenen Transferperiode noch viel Luft nach oben. Auch deshalb wird die Ausrichtung nun erneut angepasst. Christopher Schindler übernimmt die Rolle des Leiters der FCN-Scoutingabteilung. „Michi [Bischof] und ich haben uns viele Gedanken gemacht, wer in unser Team passt, wer weiterhelfen kann und wie wir mit den Datenthemen umgehen“, erklärt Joti Chatzialexiou den Ablauf hinter dieser Entscheidung.
Lehrer Chatzialexiou
Schindlers Spielerkarriere lässt sich durchaus sehen. Neben 74 Einsätzen in der Premier League lief er auch 62-mal für die Nürnberger auf. Der FCN-Sportvorstand kennt Schindler „noch als Jugendnationalspieler“, wie er im Podcast „Ka Depp“ verriet: „Er war damals schon Führungsspieler und hatte Personality. Das sind Dinge, die du nicht lernen kannst.“ Die Dinge, die Schindler noch lernen muss, will ihm offensichtlich der 49-Jährige selbst beibringen: „Ich stelle Menschen mit Softskills ein und sage, dass ich ihnen andere Dinge beibringen kann.“
Von 0 auf 100
Dass die Wahl für diese Stelle auf Schindler fiel, überrascht dennoch. Nach seiner Profikarriere war er Co-Trainer der Nürnberger U16 und bildete sich an der PFA Business School weiter, einer praxisorientierten Weiterbildung für Management im Fußball. Dennoch verfügt der gebürtige Münchner faktisch über keinerlei Erfahrung im Scouting und betritt dadurch berufliches Neuland. „Warum holen wir dann nicht jemanden, der smart ist und vielleicht nochmal einen Blickwinkel aus Profi-Sicht hat, der mir im Scouting gefehlt hat“, versucht der frühere DFB-Manager zu erklären.
Ein Argument, das man an sich zulassen kann. Doch ihn gleich an eine Position zu setzen, auf der er laut fcn.de „den komplexen Prozess des Scoutings innerhalb der Abteilung strukturieren und managen wird“, erscheint als sehr großer Schritt. Es ist zudem ein Schritt, der branchenunüblich ist – zumal man auch in den eigenen Reihen über Personal verfügen würde, das die entsprechende Vita und Erfahrung mitbringt.
Gegen die Prinzipien?
Chatzialexiou betont zwar, dass man ein heterogenes Team mit unterschiedlichen Menschen zusammenstellen wollte – so wirklich überzeugende Argumente, warum Schindler diese leitende Rolle nun innehat, die über die Sichtweise aus einem „anderen Blickwinkel“ als Ex-Profi hinausgehen, verrät er aber nicht. Die Entscheidung wirkt dadurch etwas konträr zu seinem sonstigen Handeln, da es den Anschein erweckt, als stünde der Name Schindlers mehr im Vordergrund als dessen Erfahrung im Scouting.
Unabhängig von dieser Personalie sieht der 49-Jährige den Prozess im Scouting als noch nicht abgeschlossen. „Wenn wir ein geiler Club werden wollen“, müsse man in der Zukunft noch mehr in diesen Bereich investieren – laut ihm unter anderem in die Datenaufbereitung, die weder den Aufgaben von Bischof noch von Schindler obliegt.