Folgt auf gute Ergebnisse eine gute Leistung?
Der 1. FC Nürnberg begann das Heimspiel gegen den FC Magdeburg mit einer Änderung. Caspar Jander startete für Rafael Lubach, ansonsten beließ es Miroslav Klose bei der Startelf aus dem Darmstadt-Spiel. Etwas überraschend fehlte Dustin Forkel im Kader – die Gründe dafür gibt es hier. Nachdem die ordentliche Punktausbeute den spielerisch stark ausbaufähigen Start in die Saison bis vor dem Spiel lange Zeit kaschieren konnte, sieht die Welt beim FCN nach der herben 0:4-Niederlage deutlich düsterer aus. Eine Niederlage, die vor der Länderspielpause viele Fragen aufwirft.
Wenig Torraumszenen zu Beginn
Schon in den ersten Minuten konnte man den Plan der Gäste erahnen. Geduldig gestaltete man den Spielaufbau und fand häufig den freien Mann gegen die in der ersten Linie eher abwartende Klose-Elf. Vom Mittelfeld aus versuchte Magdeburg, mit Pässen und Läufen in die Tiefe den Rücken der FCN-Abwehr zu attackieren. Der Club sorgte sich im Vorfeld der Partie unter anderem um das Magdeburger Tempo auf der rechten Seite. Zumindest nannte Miroslav Klose dies als Grund für den Seitenwechsel zwischen Jeltsch und Knoche. Nürnberg setzte wie schon im Spiel gegen Darmstadt auf eine Fünferkette gegen den Ball, die durch den zurückfallenden Flick komplettiert wurde. Dadurch konnten die beiden Halbverteidiger Jeltsch und Knoche die gegnerischen Spieler im Halbraum vor der Abwehr Mann-gegen-Mann mitverfolgen und am Aufdrehen vor der Kette hindern. So entwickelte sich eine bis zum 0:1 extrem zähe Partie, die quasi ohne Torraumszenen stattfand.
Magdeburg lockt Nürnberg
Der Nürnberger Rückstand war zudem kein Zufall, sondern fester Bestandteil des Magdeburger Matchplans. „Wir wussten, wenn du die Spieler rausziehst, dann geht die Tiefe auf“, beschreibt FCM-Trainer Titz den Plan der Gäste und führt weiter an: „Neben der Kontrolle brauchst du tiefe Läufe und Geduld.“ Der Club ließ in der 24. Minute den gegnerischen Innenverteidiger im Mittelkreis andribbeln, zeitgleich verteidigt Jeltsch auf Musonda nach vorne und wird dadurch rausgezogen. „Wir haben Mann-gegen-Mann gespielt. Wenn mein Gegenspieler sehr hochgeht, ich mitgehe und sie dann die Tiefe finden, dann müssen wir besser stehen. Da entstehen riesige Lücken“, ist sich auch Finn Jeltsch des schlecht verteidigten Gegentreffers bewusst. Der Club schaffte es in dieser Situation nicht, Balldruck zu erzeugen, die vertikale Passspur in die Tiefe zu schließen, während Knoche das Abseits aufhob, Gäste-Stürmer Kaars in Flicks Rücken davonlief und den Nürnberger Sechser im Zweikampf abkochte. Einen Querpass später steht es 0:1 für Magdeburg, obwohl Jan Reichert Amaechis ersten Abschluss noch gut parieren konnte.
Nürnbergs Offensive: eine einzige Baustelle
Bis zur 41. Minute dauerte es, ehe der 1. FC Nürnberg seinen ersten (und einzigen) Abschluss im 1. Durchgang abgab. Wie schon in Darmstadt war es Jens Castrop. Die Gäste pressten den Club aus einer ähnlichen Struktur wie die letzten Gegner – und mal wieder fand der FCN nicht die erhofften Lösungen dagegen. Flick wurde von Kaars zugestellt, Jeltsch und Knoche von Amaechi und Ceka. Dementsprechend oft gab es den langen Ball, das Nachschiebeverhalten der Achter war allerdings nicht ideal, weshalb viele zweite Bälle bei den Gästen landeten. Ein Satz, den man seit Wochen als „copy & paste“ verwenden kann.
Angesprochen auf den Spielaufbau erkannte Klose aber dennoch Fortschritte: „Die Sachen, die wir trainiert haben, haben zu 80% dementsprechend geklappt“. Er machte die Ursache in der fehlenden Bewegung nach der Balleroberung fest. Fakt ist, dass dem Nürnberger Spiel seit Wochen Breite und Tiefgang im Spiel nach vorne abgeht – aus mehreren Gründen: Läufe ohne Ball, eine entsprechende Struktur und die richtigen Spielerprofile – um ein paar davon zu nennen. Man könnte an der Stelle die verbesserte Cluberer Phase rund um den Pausenpfiff lobend erwähnen, die auch zum 1:1 nach einem Eckball hätte führen müssen. Man kann aber auch die über weite Phasen sehr ungenügende Boxbesetzung reden, wodurch die wenigen Nürnberger Durchbrüche fast schon zum Scheitern verurteilt waren.
Stecker gezogen
Besonders erschreckend dürfte für viele Zuschauer im Stadion die Nürnberger Darbietung nach dem 2:0 für die Gäste gewesen sein. Freilich war der Treffer von Burcu in der 65. Minute ein Nackenschlag für den Club. Doch angesichts des Spielstands und der verbleibenden Spielzeit noch lange kein Grund, aufzugeben. Was sich jedoch auf dem Rasen ereignete, kam einer Resignation gleich. Hierfür fand Kapitän Robin Knoche nach dem Spiel klare Worte: „Zweikampftechnisch darfst du dich so nicht verhalten. Wir haben zwar eine junge Truppe, aber trotzdem geht das natürlich nicht. Das werden wir intern aufarbeiten.“
Statt eine Aufholjagd im eigenen Stadion zu initiieren, wirkte es so, als hätte man sich frühzeitig mit der Niederlage abgefunden. Kaum Intensität, große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen sowie eine schlechte Positionierung für die zweite Bälle bei den vielen langen Bällen machten dem FCM die Schlussphase einfach. Aufgrund des Schussverhältnisses von 2:8 ab der 66. Minute hätte man glauben können, die Titz-11 müsste einen Zwei-Tore-Rückstand aufholen. Tatsächlich war es ein Schaulaufen der Gäste, die nun mehr als noch in der vorherigen Stunde den Ball laufen lassen und das Ergebnis auf ein klares 0:4 stellen konnten.
Wenn du siehst, wie wir die Zweikämpfe führen. Das hat mit Profifußball nichts zu tun.
Miroslav Klose
nach dem 0:4 gegen Magdeburg.
„Gar keine Intensität“
Auch Miroslav Kloses Wechsel nach der Pause konnten nichts an der mangelnden Intensität ändern. Ganz im Gegenteil: der 46-Jährige war alles andere als einverstanden mit der Leistung seiner Einwechselspieler: „Da war gar keine Intensität, Zweikampfhärte und Robustheit da. [..] Die Spieler, die schon 70 Minuten auf der Platte waren, sind mehr gelaufen. Das ärgert mich total.“ Gleichzeitig hatte man allerdings den Eindruck – phasenweise auch schon in der ersten Hälfte – die FCN-Spieler wüssten nicht, wie sie denn dem Magdeburger Ballbesitzfußball stören und hohe Balleroberungen erzwingen könnten.
Es gibt viele inhaltliche Dinge, die nach diesem Spiel zu denken geben sollten: von Spielaufbau, über Intensität, Gegenpressing und Kreativität. Viel beunruhigender ist aber die Kontinuität, in der diese Themen seit Saisonstart nicht funktionieren. Eine Entwicklung ist bislang nicht zu erkennen. Die Leistung gegen Magdeburg unterschied sich nicht eklatant von den vorherigen Auftritten. Lediglich die Konsequenz, mit der der Gegner seine Chancen verwertete, war eine andere. Zudem gelang es dem FCN diesmal nicht, den Gegner mit einem Wirkungstreffer im richtigen Moment aus der Balance zu bringen.
Leistungssteigerung notwendig
Bereits jetzt darf man durchaus behaupten, dass nach der Länderspielpause dringend Verbesserungen auf dem Platz zu sehen sein sollten. Dabei geht es in erste Linie nicht um das Ergebnis, das vor dieser Partie oftmals in Ordnung war. Vielmehr muss die Leistung auf dem Platz besser werden. Sollte dies auch nicht beim Aufsteiger Ulm glücken, so gewinnt das ohnehin schon mit Spannung erwartete Heimspiel gegen Cristian Fiéls Hertha am 6. Spieltag nochmals mehr an Brisanz. Denn aktuell ist man von der angekündigten „Dominanz“ und vielzitierten „Intensität“ sehr weit entfernt.